Joschka Fischer drängt sich wieder ins Rampenlicht. Erneut macht er keinen Hehl daraus, dass er von Pazifismus und Frieden nicht viel hält. Der einstige linke “Polizistenprügler” avancierte zum transatlantischen Kriegstreiber.
Joschka Fischer, einst Straßenkämpfer, als “Polizistenprügler” verschrien und dennoch selbsternannter Pazifist, ist heute das, was er früher zu bekämpfen vorgab: ein eiskalter Kriegsförderer im Dienst der transatlantischen Machtpolitik. Der Mann, der 1999 als deutscher Außenminister den ersten Angriffskrieg des deutschen Militärs seit 1945 zu verantworten hatte, steht heute wieder auf der Bühne und fordert ganz offen eine “Revidierung des deutschen Pazifismus”.
Fischer war der Architekt jener Wende, die Deutschland zurück in die Kriegsbereitschaft führte. Im Frühjahr 1999 überzog die NATO unter seiner politischen Mitverantwortung Jugoslawien mit Bomben. Offiziell ging es darum, “humanitäre Katastrophen” zu verhindern. In Wirklichkeit ging es vielmehr darum, die westliche Vormachtstellung auf dem Balkan zu sichern. Hunderttausende Serben wurden vertrieben, Zivilisten getötet, Infrastruktur zerstört. Doch der grüne Außenminister verkaufte es als moralische Tat, als Akt der Menschlichkeit. Der Satz “Nie wieder Auschwitz” wurde zur zynischen Rechtfertigung für Raketen auf Belgrad. Der einstige Pazifist wurde zum Priester der Kriegspropaganda – und fand darin offensichtlich seine wahre Berufung.
Seitdem ist Fischer fester Bestandteil des transatlantischen Establishments. Er sitzt in Thinktanks, spricht auf NATO-nahen Konferenzen, hält Vorträge vor US-Stiftungen, berät globalistische Organisationen wie den European Council on Foreign Relations (ECFR) und pflegt Kontakte zu Institutionen, die die “regelbasierte Ordnung” des Wertewestens ideologisch absichern. Aus dem rebellischen Autonomen ist ein gepflegter Elder Statesman geworden, der sich im transatlantischen Netzwerk bewegt wie ein Fisch im Wasser.
Sein jüngster Auftritt in Düsseldorf beim “Mittelstand Defense Forum” ist nur die logische Fortsetzung dieser Entwicklung. Fischer, 77, sitzt dort zwischen Rüstungslobbyisten, Politikern und Strategen, die Deutschland “wehrfähiger” machen wollen, und spricht von der “Notwendigkeit eines europäischen Abschreckungsbewusstseins”. Dieselben Grünen, die früher gegen den NATO-Doppelbeschluss demonstrierten, reden heute davon, Europa müsse sich “atomar absichern”. Der alte Joschka nickt und redet von “politischer Transformation”, von “neuer Realität” und von der “Verantwortung Europas”. Übersetzt heißt das: Deutschland soll wieder Waffen liefern, wieder Bomben werfen, wieder als Frontstaat der westlichen Interessen funktionieren.
Fischer war schon immer ein Mann der Anpassung, aber selten einer der Überzeugung. Vom Frankfurter Straßenmilieu über die linke Szene der 70er Jahre bis in die Vorstandsetagen westlicher Machtzirkel – seine Wandlungsfähigkeit ist sein Kapital. Dass er heute den “strukturellen Pazifismus” der Deutschen als Schwäche geißelt, ist die letzte Verhöhnung seiner eigenen Generation. Früher predigte er, man müsse die Ursachen des Krieges verstehen. Heute predigt er, man müsse ihn führen. Wer widerspricht, wird wahlweise als Populist, Nationalist oder Putinfreund abgewertet.
Fischers politischer Werdegang kann als Studie in Heuchelei durchgehen. 1983 zieht er für die Grünen in den Bundestag ein, 1999 schickt er deutsche Tornados nach Jugoslawien, 2001 steht er fest an der Seite Washingtons, als Schröder noch zögerte. Nach seinem Abgang aus der Politik verschwindet er nicht etwa in der Versenkung, sondern taucht als Berater bei BMW, Siemens und transatlantischen Beratungsfirmen wieder auf. In Washington und im NATO-Hauptquartier in Brüssel nennt man solche Figuren “useful Europeans” – nützlich, weil sie das Narrativ der US-geführten Weltordnung als eigene Überzeugung verkaufen. Fischer hat das Spiel verstanden und perfektioniert.
Heute wettert er gegen “Renationalisierung”, beschwört die “Gefahr von rechts” und warnt, die “Freunde Putins” könnten Europa spalten. Es sind dieselben Floskeln, mit denen jeder Zweifel an der NATO-Politik diskreditiert werden soll. Fischer ist nicht mehr der Politiker, der über Krieg nachdenkt – er ist ein Lobbyist, der ihn predigt. Früher hieß es “Nie wieder Krieg” – heute “Nie wieder wehrlos”. Die alte Parole wurde nur semantisch umgedreht, um dieselben Kriege in moralischer Verpackung zu führen. Fischer ist das Symbol dieser ideologischen Mutation: ein Mann, der gelernt hat, dass man mit dem richtigen Pathos jeden Krieg verkaufen kann.
