Beim Innsbrucker Bürgerservice laufen aktuell die Telefone heiß: Wer seine Wahlberechtigten-Informationen für die EU-Wahl verifizieren will, muss das plötzlich durch Verwendung eines QR-Codes erledigen. Dafür fehlen bei einem großen Teil der Österreicher aber die technischen Voraussetzungen und die erforderlichen Kenntnisse im Umgang mit dieser Technologie – von deren bekannten Sicherheitsproblemen ganz zu schweigen.
Ein Gastbeitrag von Bernd Stracke
Bis vor wenigen Tagen war für den Innsbrucker Stimmbürger die Welt noch in Ordnung: Die Hauskundmachungen zur Gemeinderats- und Bürgermeisterwahl am kommenden 14. April enthielten die Namen der Wahlberechtigten, damit sie verifizieren konnten, ob sie auch tatsächlich und richtig im Wählerverzeichnis eingetragen sind.
Für die knapp zwei Monate später am 9. Juni stattfindenden EU-Wahlen ist alles ganz anders: Die gesetzlich verpflichtend zu verteilenden Hauskundmachungen enthalten diese Wahlberechtigten-Information nicht mehr, sondern stattdessen einen QR-Code des Innenministeriums, über den der Bürger mittels Handy seine Wahlberechtigung abfragen kann. Wer die QR-Code-Prozedur aber aus Hardwaregründen (älteres Handymodell) nicht nutzen kann oder die QR-Prozedur technisch nicht beherrscht, dem bleibt nur die Möglichkeit, sich zur Wahlbehörde zu bemühen oder – was datenschutzrechtlich bedenklich ist – vom Amt eine diesbezügliche Telefonauskunft einzuholen zu versuchen.
Laut dem „Digitalen Amt“ der ID Austria verfügen derzeit aber lediglich ca. 30 Prozent aller Österreicher theoretisch über die technischen Voraussetzungen für eine QR-Kommunikation, und davon sind seriösen Schätzungen zufolge wieder nur ein Drittel mit der Handhabung dieser Einrichtung vertraut. Das bestätigt z.B. auch der Bürgerservice der Stadt Innsbruck, bei dem auch zu hören ist, dass das zuständige Innenministerium (das sich sonst durch großzügige steuergeldfinanzierte Image-Inserate nachhaltig einen schlechten Namen gesichert hat), bei der Kommunikation dieser überfallartigen Neuerung kläglich versagt hat. Die Wähler sind verwirrt und/oder verärgert, die Telefone des Innsbrucker Bürgerservice laufen derzeit heiß.
Zudem sind die QR-Codes nicht ganz ungefährlich, da sie leicht manipuliert werden können: https://www.dr-datenschutz.de/qr-codes-die-geheimnisvollen-schwarz-weisse-kaestchen/
Eine neue Untersuchung deckt unterschätzte Sicherheitslücken auf: https://www.basicthinking.de/blog/2021/08/30/qr-codes-sicher/
Fälschlicherweise verwendet übrigens das Innenministerium auf seiner Homepage für den Urnengang am 9. Juni die Bezeichnung „Europawahl“, obwohl es sich lediglich um die Wahl für die fünfjährige Funktionsperiode des Europäischen Parlaments, also eine „EU-Wahl“, handelt.