Im Schatten des Ukraine-Kriegs: Holt sich China nun Taiwan?

Bild: freepik / diloka107

Peking beobachtet die Reaktion der Vereinigten Staaten und der NATO in Bezug auf die Ukraine genau. In Taiwan fürchtet man, dass die Volksrepublik im Schatten des Ukraine-Krieges eine Invasion auf die Insel durchführen könnte.

Noch ist die Lage in der Ukraine volatil. Putins chirurgischer Schlag gegen die Streitkräfte des Nachbarlandes, welches seit dem von den USA unterstützten Maidan-Putsches gegen Präsident Janukowitsch von pro-westlich orientierten Nationalisten geführt wird, wird jedoch von Peking genauestens beobachtet. Vor allem versucht die chinesische Führung die Reaktionen Washingtons und der westlichen Verbündeten zu analysieren. Immerhin könnte die Volksbefreiungsarmee im Windschatten der Ereignisse in Europa eine Invasion auf Taiwan starten. Und je stärker die Amerikaner sich militärisch in Europa engagieren, umso schwächer wäre auch eine mögliche militärische Antwort der Amerikaner.

In den letzten Monaten hat das chinesische Militär immer wieder Verbände von Kampfjets und Bombern in die Luftidentifikationszone Taiwans eindringen lassen, um so die Reaktion des Militärs der Insel zu testen, deren Regierung international im Rahmen der „Ein-China-Politik“ offiziell kaum anerkannt wird. Peking betrachtet Taiwan, das alte Formosa, als „abtrünnige Provinz“, die wieder in den Schoß des Vaterlandes zurückkehren soll. Im Idealfall soll dies – wie mit Hongkong und Macau – friedlich erfolgen, zur Not jedoch auch mit Gewalt. Dies hat Staatschef Xi Jinping bereits mehrfach deutlich gemacht.

Könnte Peking nun also die Gunst der Stunde nutzen und eine Invasion in Taiwan durchführen? Nun, das ist zwar möglich, aber eher weniger wahrscheinlich. Im Gegensatz zu Russland verfügt China nämlich über kaum kampferprobte Soldaten. Zudem hat Taiwan in den letzten Jahrzehnten eine massive Verteidigung der Insel aufgebaut, welche die Kosten einer militärischen Eroberung enorm in die Höhe treiben würden. Die Ukraine hingegen verfügt über relativ schwache Verteidigungslinien (die sich zudem noch weit in dem großen Land verteilen) und eine völlig demoralisierte Armee. Die wenigen ultranationalistischen Verbände, die mittlerweile in die Nationalgarde der Ukraine inkludiert wurden, sind für einen effektiven Widerstand zu schwach. Taiwans Verteidigungskräfte hingegen sind hoch motiviert und würden erbitterten Widerstand leisten.

US-Streitkräfte könnten kaum reagieren

Allerdings könnte die kommunistische Führung in Peking auch in Erwägung ziehen, dass die US-Streitkräfte eben wegen der Ukraine kaum in der Lage sein werden, rasch und effektiv zu reagieren, sollte eine Invasion Taiwans gestartet werden. Einen solchen Zwei-Fronten-Krieg könnten sich die amerikanischen Streitkräfte gar nicht leisten. Dieser Aspekt muss natürlich ebenfalls berücksichtigt werden.

Via Fox News versuchen einige Experten, das Weiße Haus nun eben wegen Taiwan von einer starken militärischen Antwort auf die Sonderoperation der russischen Truppen in der Ukraine abzuhalten. Die Argumentation von Isaac Stone Fish, dem CEO einer auf China fokussierten „Risikofirma“ lautet: „Sie [die Chinesen, Anm.] würden berechnen, dass die Vereinigten Staaten wahrscheinlich nicht gleichzeitig mit Russland wegen der Ukraine und mit China wegen Taiwan in den Krieg ziehen werden. Je stärker sich die Vereinigten Staaten militärisch in die Ukraine-Krise einmischen, desto größer ist der Anreiz für China, jetzt zu handeln.“ Andere Analysten argumentieren dort jedoch damit, dass Washington auch militärisch auf den russischen Einmarsch in die Ukraine antworten solle, um Peking damit ein Zeichen zu setzen, dass man auch in Sachen Taiwan nicht einfach wegsieht.

Insofern bleibt es abzuwarten, wie sich die gesamte Lage in den kommenden Tagen entwickelt. Auch wird man die konkreten Schritte Pekings und der chinesischen Volksbefreiungsarmee genau beobachten müssen.

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