Freiheitsfeindlich und schlecht informiert: Baden-Württembergs grüner Ministerpräsident Winfried Kretschmann ließ im taz-Interview vom 27. Dezember 2021 ein bedenkliches Demokratieverständnis durchblicken.
Ein Kommentar von Daniel Matissek
Auf die Eingangsfrage, wie er als „liberaler grüner Politiker“ (schon das ist ein Widerspruch in sich!) die Tatsache einschätze, dass die Impfquote in seinem Bundesland nur 70 Prozent betrage, kommt Kretschmann, ohne jeden inhaltlichen Zusammenhang, zunächst auf Donald Trump (seines Zeichens Impfbefürworter) zu sprechen: „Die erste Verstörung in dieser Richtung war für uns das Aufkommen des Rechtspopulismus, mit Donald Trump an der Spitze eines Landes, das eine der Wiegen der Demokratie darstellt. Das war der bisherige Höhepunkt. Jetzt in der Pandemie ist es verstörend, dass sich eine starke Minderheit weigert, sich auf der Grundlage von Tatsachen impfen zu lassen.“
Ignorant oder ahnungslos?
Dass gerade die Tatsachengrundlage zumindest erhebliche Zweifel an der Wirksamkeit und begründete Befürchtungen bezüglich der Nebenwirkungen der Covid-Impfungen nahelegt, scheint Kretschmann dabei unbekannt oder gleichgültig zu sein. Mittlerweile mussten immerhin bereits neun Rote-Hand-Briefe wegen Nebenwirkungen der Vakzine veröffentlicht werden – und aus einem Dokument von Pfizer geht hervor, dass bereits 90 Tage nach der Notfallzulassung des mRNA-Vakzins in den USA eine unfassbare Menge von Meldungen über wahrscheinliche Nebenwirkungen des Präparats vorlag. Dem gegenüber steht die Wirksamkeit der Vakzine, die so „überzeugend“ ist, dass alle paar Monate nachgeimpft werden soll – und trotzdem übertragen Geimpfte das Virus und erkranken an Covid-19.
Wie auch immer: Man sehe sich nun „mit starken Kohorten konfrontiert, die sich rationalen Argumenten verschließen. Das führt den freiheitlichen Staat an seine Grenzen und verändert auch ein Stück weit die Demokratie“, sagte Kretschmann weiter im Interview.
Dass nicht die Impfskeptiker, sondern gerade die ohne Sinn und Verstand agierende Covidpolitik in Bund und Ländern den freiheitlichen Staat an seine Grenzen führt und die Demokratie (zum Schlechten) verändert, scheint Kretschmann ebenfalls nicht ansatzweise bewusst zu sein.
Impfpflicht und härtester Lockdown aller Zeiten
Ironischerweise meint er: „Wir sind nie am Ende der Erkenntnisse.“ Dies hält ihn jedoch nicht davon ab, eine Impfpflicht zu fordern, aber im gleichen Atemzug festzustellen: „Wenn unsere Impfstoffe gegen die Omikron-Variante womöglich nicht mehr wirken, dann müssen wir vielleicht den härtesten Lockdown der ganzen Pandemie durchsetzen.“
Im Klartext: Impfstoffe, die gegen die zunehmend europaweit dominante (siehe hier, hier, hier und hier) und überwiegend mild verlaufende Omikron-Variante völlig wirkungslos sind und deren Wirkung zuvor schon zweifelhaft war, sollen nun allen Bürgern verpflichtend alle paar Monate oder gar Wochen verabreicht werden, ungeachtet der teils lebensgefährlichen Nebenwirkungen.
Dass die Lockdowns zur Eindämmung des Virus wirkungslos, mindestens aber grotesk unverhältnismäßig waren, scheint Kretschmann ebenfalls unbekannt zu sein.
Nicht einmal die Anwendung von Polizeigewalt bei der Durchsetzung einer Impfpflicht will er völlig ausschließen! „Mittelfristig“ werde die Impfpflicht seiner Ansicht nach die Gesellschaft sogar befrieden, weil der Staat damit „den Konflikt aus der Gesellschaft“ herausziehe, „und die Bürger müssen sich nicht gegenseitig moralisch beharken.“
„Eigensinn in Schranken weisen“
Auch die schweren verfassungspolitischen Einwände gegen eine Impfpflicht spielen in Kretschmanns Denken keine Rolle. Stattdessen fordert er Einschränkungen beim Datenschutz, denn: „ein kleines mutierendes Virus kann die Freiheit erst einmal runtermoderieren.“ Dies gelte aber „natürlich nicht“ dauerhaft. Dennoch müsse der Staat „den Eigensinn in Schranken weisen.“
Wiederum von bitterer Ironie ist dann Kretschmanns Feststellung: „Der aufgeklärte Bürger denkt selber und informiert sich selber. Aber hauptsächlich informiert er sich über die Quellen, die zu ihm passen. Der Mensch denkt halt gern in die eigene Richtung oder in die, die ihm genehm ist. Dadurch entsteht ein Einfühlungsdefizit.“ Dass genau diese Aussage angesichts dieses Interviews mit voller Wucht auf ihn selbst zurückfällt, entgeht ihm offenbar völlig!
Die Lektüre von Kretschmanns Aussagen lässt den Leser fassungslos zurück. Offenbar wird die Covid-Pandemie zum größten Freiheitstest in der Geschichte der Bundesrepublik. Die Naivität, mit der Kretschmann anscheinend wirklich glaubt, einmal abgegebene Freiheiten würden einfach wieder zurückerstattet, ist erschütternd, zumal zu befürchten ist, dass Covid nur die Generalprobe für weitere Einschränkungen durch die „Klimakrise“ sein wird, für deren Bekämpfung dann natürlich erst recht alle Mittel erlaubt sein müssen. (DM)