Grüne Abgeordnete bedanken sich aktuell bei Robert Habeck für weitere Preissteigerungen. Der Grund: Sie verstehen die Inflationsrate nicht. Weil die Preise aktuell weniger stark steigen, geht man kurzerhand von Preissenkungen und somit einem großen Erfolg der grünen Wirtschaftspolitik aus. Und das, während die Deindustrialisierung im Land voranschreitet und die Energiesicherheit zunehmend abgebaut wird.
Ein Kommentar von Vanessa Renner
Grund für die kuriosen Jubelmeldungen ist die Veröffentlichung der voraussichtlichen Inflationsrate im März 2024:
Die Inflationsrate in Deutschland wird im März 2024 voraussichtlich +2,2 % betragen. Das ist der niedrigste Wert seit April 2021 (+2,0 %), im Mai 2021 lag der Wert ebenfalls bei +2,2 %. Gemessen wird die Inflationsrate als Veränderung des Verbraucherpreisindex (VPI) zum Vorjahresmonat. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) nach bisher vorliegenden Ergebnissen weiter mitteilt, steigen die Verbraucherpreise gegenüber Februar 2024 voraussichtlich um 0,4 %. Die Inflationsrate ohne Nahrungsmittel und Energie, oftmals auch als Kerninflation bezeichnet, beträgt voraussichtlich +3,3 %.
Der Grüne EU-Abgeordnete Michael Bloss las daraus ein Sinken der Preise und bedankte sich bei Robert Habeck. Stunden später korrigierte er seinen Tweet und gab an, er habe gemeint, dass der „Preisanstieg“ sinke. „Wobei manche Preise wirklich sinken“, fügte er auf X hinzu.
Von mitunter gar „massiv“ sinkenden Preisen twitterte auch der Fraktions-Vize der Grünen im Bundestag Andreas Audretsch. Dass bei einer Inflationsrate von 2,2 Prozent die Preise natürlich weiter steigen, ignoriert er oder ist ihm nicht bewusst. Putins Gas sei ja so teuer gewesen, behauptet er, und dankt seinerseits Robert Habeck.
Mehr Geld im Portemonnaie? Von wegen!
Tatsächlich publizierte Destatis, dass die Energiepreise im März 2024 angeblich um 2,7 Prozent niedriger lagen als im Vorjahresmonat. Das ist angesichts der Energiepreisentwicklung in Deutschland ohnehin schon kein Grund für Jubelmeldungen. In den vergangenen Jahren hat sich die Energie in Deutschland im Zuge der Energiewende und durch steigende Steuern und Abgaben derartig verteuert, dass immer mehr Betriebe abwandern, ihre Produktion ins Ausland verlegen oder ganz aufgeben. Die ruckartige Abkehr von fossilen Energieträgern nach Ausbruch des Ukraine-Kriegs hat das massiv befeuert, die Verteuerung von Energie begann jedoch schon lange vorher.
Von den behaupteten Preissenkungen im Energiesektor bekommen derweil auch Privathaushalte größtenteils gar nichts mit, denn dafür müssten sie nun gesammelt neue Energieverträge abschließen: Energieanbieter ändern die Preise für Bestandskunden nämlich gewöhnlich nicht und schröpfen diese weiter. Die sonst so regulierungswütige Politik sieht hier offensichtlich kein Problem, denn dagegen geht man nicht vor. Kein Wunder, spülen hohe Preise doch auch mehr Steuereinnahmen in die Kasse.
Noch fragwürdiger erscheint die gefeierte Preissenkung bei Lebensmitteln: Die Preise sollen im März sage und schreibe -0,7 Prozent unterhalb der Preise des Vorjahresmonats gelegen haben. Das Problem: Die Lebensmittelpreise entwickeln sich je nach Produkt sehr unterschiedlich. Während etwa der Preis für Sonnenblumenöl gesunken ist, ist der für Olivenöl rasant gestiegen. Produkte wie Reis, Kartoffeln, Schokolade und andere Süßwaren sowie Fruchtsäfte sind deutlich teurer geworden. Ob man im Supermarkt mehr oder weniger zahlen muss, hängt stark von den Konsumgewohnheiten ab. Menschen, die sich im März an der Kasse über einen günstigen Einkauf gewundert haben, wird man in Deutschland wohl nicht finden. Auch bei etlichen anderen Produkten wie Drogerieartikeln sucht man Preissenkungen vergeblich.
Wirft man einen Blick auf die Preisentwicklung in verschiedenen Gütergruppen bis Februar 2024 im Vergleich zum Jahresdurchschnitt 2020, so kommt schnell Ernüchterung auf: Die festgestellten Preissenkungen von einzelnen Lebensmitteln und Energie (die die allermeisten Kunden nicht wahrnehmen) fallen hier kaum ins Gewicht. Man möchte sich solche Grafiken, die die heutigen Preise mit jenen von vor zehn Jahren vergleichen, kaum vorstellen…
Klimawahn der EZB kann Inflation neuen Schub geben
Dass die EZB sich lieber ums Klimanarrativ sorgt, statt konsequent für Geldwertstabilität zu sorgen, ist für die Inflation insgesamt freilich deutlich folgenschwerer als der persönliche Einfluss von Robert Habeck. Dass man bei den Grünen von dessen Fehlleistungen ablenken und krampfhaft positive Meldungen in die Welt hinausschicken möchte, ist wenig überraschend, immerhin erlebt Deutschland bereits sein „grünes“ Wirtschaftswunder in Form der Deindustrialisierung. „Made in Germany“ ist schlichtweg nicht mehr profitabel. Und am Ende ist es auch die grüne Ideologie, die den nächsten massiven Inflationsschub in der EU auslösen könnte – so erörterte ein Ökonom gegenüber Nius:
„Solange die EZB weiterhin fokussiert an ihrem Ziel der Geldwertstabilität festhält und dem steigenden politischen Druck, die Zinsen wieder rasch zu senken, nicht nachgibt, kann die Inflation stabil gehalten werden. Wenn sie sich aber politisch instrumentalisieren ließe, um etwa Investitionen in Klimavorhaben oder Infrastruktur mit billigem Geld zu ermöglichen, wird die Geldentwertung wieder zunehmen. Es liegt alles daran, ob sich die EZB glaubwürdig an ihr Mandat zur Preisstabilität hält.“
Echte finanzielle Entlastungen für Verbraucher sind noch lange nicht in Sicht.