In der beschaulichen Gemeinde Halbe, wo die Geschichte scheinbar noch immer schwerer wiegt als anderswo, hat sich kurz vor dem Jahreswechsel ein bemerkenswerter Vorfall ereignet, der exemplarisch für den deutschen Umgang mit der Vergangenheit steht. Was als pietätvolle Gedenkgeste begann, endete unter Polizeiaufsicht in einem Container.
Stellen Sie sich vor: Tausende LED-Grablichter, sorgsam auf den 24.000 Gräbern des Waldfriedhofs platziert, werden von der Polizei wie Unrat entsorgt. Die Initiatoren, eine Gruppe von Geschichtsbewussten, die sich der Erinnerungskultur verschrieben haben, stehen vor den Scherben ihrer gut gemeinten Initiative.
“Wir wollten lediglich unserer Vorfahren gedenken”, erklärt einer der Organisatoren in einer Stellungnahme. Kein politisches Statement, keine rechte Propaganda – nur Kerzen als stille Mahnung gegen das Vergessen. Eine Tradition, die sie sich, wie sie selbst sagen, von anderen Ländern abgeschaut haben.
Doch in Deutschland ist nichts unpolitisch, was mit Kriegsgräbern zu tun hat. Besonders nicht in Halbe, wo die blutige Kesselschlacht der letzten Kriegstage 1945 noch immer wie ein Schatten über der Region liegt. Die Behörden, offenbar nervös geworden durch die nicht angemeldete Massenbestückung mit Grablichtern, reagierten mit deutscher Gründlichkeit: Friedhofsordnung ist Friedhofsordnung.
Die Ironie der Geschichte: Die LED-Kerzen, finanziert durch Spenden, sollten ohnehin zum Jahresende wieder eingesammelt werden. Nun landeten sie früher als geplant im Müll – unter den wachsamen Augen der Ordnungshüter.
Was bleibt, ist ein fahler Nachgeschmack. Während in anderen Ländern das Gedenken an gefallene Soldaten eine Selbstverständlichkeit ist, tun wir uns damit noch immer schwer. Dabei liegt unter der brandenburgischen Erde von Halbe ein Querschnitt durch die Schrecken des Krieges: Deutsche Soldaten neben sowjetischen Zwangsarbeitern, Zivilisten neben Opfern des Internierungslagers Ketschendorf.
Die Botschaft dieser Episode ist eindeutig: Auch 79 Jahre nach Kriegsende bewegen wir uns beim Thema Gedenken auf dünnem Eis. Die Angst vor dem falschen Zeichen, vor der falschen Deutung, vor dem falschen Moment scheint größer als der Respekt vor den Toten.