Ein Gastbeitrag von Bernd Stracke
Auf ein „Jubiläum der Schande“ steuern Österreichs schwarz-grüne Politiker zu, von Bundespräsident Alexander Van der Bellen über Bundeskanzler Karl Nehammer, Vizekanzler Werner Kogler bis herunter zu den Nord- und Südtiroler (Ex-)Landeshauptmännern Günther Platter, Anton Mattle und Arno Kompatscher: Wenn die Südtirolerin Hermine Orian in Kürze ihren 105. Geburtstag begeht, wird die ehemalige Katakomben-Lehrerin das weiterhin ohne österreichischen Pass, den sie sich seit vielen Jahren so sehnlich wünscht, tun müssen.
Rückblick: Am 23. April 1919, einem Mittwoch, wird in Kurtatsch, Südtirol, Provinz Bozen, Bezirk Überetsch, die Österreicherin Hermine Mayr im Sternzeichen des Stieres geboren. Südtirol gehört zur Zeit der Geburt von Frau Orian staatsrechtlich noch zu (Deutsch-)Österreich, und es sitzen damals noch drei Abgeordnete aus Südtirol im österreichischen Parlament: Dr. Eduard Reut-Nicolussi, Dr. Aemilian Schöpfer und Dr. Leopold Molinari. Wie alle Südtiroler werden die Angehörigen der Familie Orian gegen ihren erklärten Willen dem Königreich Italien einverleibt, das über das „zugewonnene“ Südtirol frohlockt.
Schon mit 13 Jahren im unermüdlichen Dienst für die Gemeinschaft
Ein Jahr nach dem Ende des Ersten Weltkrieges, in den damalige politische „Schlafwandler“ (so der australische Historiker Christopher Clark) hineingetorkelt waren, liegt Europa in Trümmern. Die Südtiroler stöhnen unter einem Joch, das ihnen ein himmelschreiend ungerechter Frieden aufgezwungen hatte, und von dem viele meinen, dass es bis heute noch nicht abgeschüttelt werden konnte.
Im Alter von 13 Jahren beginnt Hermine Orian trotz staatlichem Verbot und unter ständiger Lebensgefahr im Geheimen die Kinder ihres Dorfes in ihrer deutschen Muttersprache zu unterrichten. Südtirol verdankt der Patriotin – neben vielen anderen mutigen Frauen, Männern und Priestern – den Erhalt von Identität, Sprache und Kultur. Durch Heirat wird Frau Mayr zur Frau Orian und später Mutter von zwei Kindern. Heute lebt sie mit einem von ihnen in Schenna, oberhalb von Meran. Seit etwa zehn Jahren verfolgt die Urgroßmutter ihren Traum, wieder Österreicherin zu werden. Große Unterstützung bekam sie dabei vom Andreas-Hofer-Bund sowie von der FPÖ Tirol.
Viele Gründe für die Staatsbürgerschaft
Bei Hermine Orian liegen sehr berechtigte Gründe für eine rasche und unbürokratische (Wieder-)Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft vor. Dagegen spricht gar nichts: Weder hat die hochbetagte Frau jemals in ihrem Leben eine schwere Straftat verübt, ein Finanzverbrechen begangen, terroristische Aktivitäten an den Tag gelegt noch versucht, die österreichische Demokratie zu gefährden oder zu schädigen. Im Gegenteil: Diese tapfere Frau, die durch ihre opfervolle Tätigkeit in den Katakomben-Schulen sehr viele Kinder vor der von den Faschisten geplanten kulturellen Auslöschung bewahrt hat, erhielt sie in den 1960er-Jahren einen Verdienstorden des Landes Tirol und zahlreiche andere Ehrungen.
Auf absolut schäbige Art haben hohe und höchste österreichische Politiker der betagten Frau nicht nur ihr eigentliches Staatsbürgerrecht versagt, sondern ihr nicht einmal durch Ausstellung eines ersehnten rot-weiß-roten Passes einen altersbedingten Humanitäts- und Gnadenakt angedeihen lassen. Jahrelange schriftliche und mündliche Interventionen – unter anderem vom Team rund um Mag. Alois Wechselberger, den rührigen Obmann des parteiunabhängigen Andreas-Hofer-Bundes, aber auch von freiheitlicher Seite (hier sind die Nationalratsabgeordneten Werner Neubauer und Peter Wurm, beide FP, sowie der Südtirol-Unterausschuss-Vorsitzende Hermann Gahr, VP, besonders hervorzuheben) – wurden entweder unter fadenscheinigen Vorwänden von Kanzlei zu Kanzlei „weitergeleitet“, schubladisiert oder überhaupt abgeblockt.
Van der Bellen, Nehammer, Schallenberg und Karner bewegen sich keinen Millimeter
Als besondere Bremsklötze „hervorgetan“ haben sich in dieser Causa Bundespräsident Alexander Van der Bellen, Bundeskanzler Karl Nehammer, Außenminister Alexander Schallenberg und Innenminister Gerhard Karner. Der „Fall Orian“ erregte zeitweise hohes mediales Interesse im In- und Ausland – unter anderem demonstrierten im Jahr 2022 die Tiroler Schützen vor dem Bundeskanzleramt in Wien zugunsten von Hermine Orian – doch die Betroffenen an den bürokratischen Schalthebeln zeigten und zeigen sich nach wie vor taub.
Selbst das lange Zeit hinter vorgehaltener Hand kolportierte Argument, Österreich dürfe doch „Italien nicht verärgern“, zog zuletzt nicht mehr: Die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni sieht den Fall Orian längst als eine „rein innerösterreichische Frage an, die auch menschlich längst gelöst werden könnte.“ Und auch Bozen hat inzwischen seinen unerklärlichen Widerstand aufgegeben.