Das Multipolar-Magazin hat die geheimen Sitzungsprotokolle des RKI-Krisenstabs freigeklagt. Obwohl bislang um die tausend Passagen nur geschwärzt vorliegen (der Rechtsstreit des Magazins mit dem RKI dauert daher an), entziehen die Dokumente der Corona-Politik schon jetzt vielfach ihre Grundlage. Während die Regierung für die Bevölkerung das Narrativ einer maximalen Bedrohungslage aufrechterhielt und die Impfung als ultimativen Schutz präsentierte, lesen sich die Protokolle überraschend anders.
Am 6. Mai wird die Klage von Multipolar gegen die zahlreichen Schwärzungen in den Protokollen verhandelt. Bis dahin müssen Interessierte mit dem arbeiten, was da ist: Die Dokumentensammlung ist hier zu finden.
Für Schlagzeilen sorgte bislang vor allem, dass die „Hochskalierung“ zur Erhöhung der Risikobewertung laut Protokoll auf politischen Zuruf geschah, nicht auf Grundlage spezifischer Daten oder fachlicher Einschätzungen. Der Name des verantwortlichen externen Akteurs ist geschwärzt. Die Verschärfung der Risikobewertung war die Grundlage für Lockdowns und Restriktionen, womit diese unbekannte Person schlussendlich verantwortlich für den Beginn des Maßnahmen-Regimes ist.
Die lesbaren Anteile der Protokolle enthalten vor allem erhobenes Zahlenmaterial aus Deutschland (Testpositive, sogenannte Corona-Tote, Daten aus dem DIVI-Intensivregister), Rückbezüge auf internationale Daten zu Ausbreitung und Varianten, Angaben zu Maßnahmen in anderen Ländern sowie Diskussionen zu Maßnahmen und Kommunikationsstrategien in Deutschland. Ab 2021 werden auch Daten zu den Impfungen erhoben und debattiert.
Kein Hinterfragen, nur ein Verwalten
Bei der ersten Sichtung der mehr als 200 Protokolle (eine Detail-Analyse war uns bislang aufgrund der Menge der Dokumente nicht möglich) fällt vor allem auf, wie vertrauensvoll man sich auf Annahmen und Daten aus dem Ausland stützte: Insbesondere bei den vielfach kritisierten Studien zur Impfwirksamkeit fraß man beim RKI scheinbar kritiklos alles, was einem vorgesetzt wurde – und wunderte sich später, dass trotz hoher Impfquote noch nicht weniger alte Menschen sterben würden. „Ist es zu früh? Sterben Geimpfte?“, fragte man dann wörtlich im Protokoll. Als Bürger hätte man hier erwartet, dass von vornherein hinterfragt wird, wie die Zahlen in Zulassungsstudien aus Israel und anderen Nationen zustande kommen und wie verlässlich und realistisch sie angesichts von qualitativen Mängeln bei Erhebung und Auswertung sind. In ähnlicher Weise jonglierte man unaufhörlich mit Zahlen positiver Testungen und „Corona-Patienten“ in Kliniken, ohne einzuordnen, dass hieraus keine Aussage über tatsächliche Covid-19-Erkrankungen und deren Schwere abzulesen war. Der Pandemie-Zirkus als solcher wurde nicht hinterfragt, sondern vielmehr in Anlehnung an das, was andere Länder taten, in Deutschland verwaltet.
„Verschwörungstheorien“ beim RKI?
Allerdings ging man bei diesen Sitzungen nicht so weit, die volle politische Erzählung mitzutragen. Während der Bevölkerung erklärt wurde, dass SARS-CoV-2 ein für jedermann potenziell tödliches Virus sei, vor dem man sich durch eine nebenwirkungsfreie und wirksame Impfung schützen müsse, sprach man intern mitunter sehr wohl im Duktus derer, die öffentlich als Verschwörungstheoretiker gebrandmarkt wurden. Dass in allererste Linie sehr alte Menschen (und nicht etwa die jungen und gesunden Normalbürger) gefährdet waren, wusste man. Man gab sogar zu Protokoll, dass in einer Influenzawelle mehr Menschen sterben würden. Außerdem wurde sehr wohl deutlich, dass natürlich keine Sicherheit hinsichtlich der exakten Wirkung, auch gegen verschiedene Varianten, und der Wirkdauer der Impfstoffe besteht. Obendrein hatte man Nebenwirkungen – selbst die Thrombosen, die kurz nach Beginn der AstraZeneca-Impfungen medial für Aufsehen sorgten – erwartet und gab sich in keiner Weise überrascht.
Wir publizieren an dieser Stelle einige Screenshots, damit Sie sich selbst ein Bild machen können. Die eigenständige Sichtung der Dokumente ist durchaus zu empfehlen!
Sind schon die lesbaren Anteile der Protokolle hinsichtlich einer Rechtfertigung der Corona-Politik in keiner Weise überzeugend, so muss man sich nun fragen, was man zu verbergen hat, das dieses massive Ausmaß an Schwärzungen notwendig macht. Fakt ist: Würde man sich auf „die Wissenschaft“ beziehen, müsste man nichts verschweigen.
Multipolar hat der Aufarbeitung mit dem Freiklagen dieser Dokumente einen wichtigen Dienst erwiesen, denn sie zeigen, dass das tiefe Vertrauen in Behörden und Institutionen, das viele Menschen an den Tag gelegt haben (und das viele bis heute haben), missbraucht wurde. Weder wagte man es dort, das vorgegebene Narrativ zu hinterfragen, noch sorgte man für eine umfassende Aufklärung der Bevölkerung mit bekannten Informationen. Abschließend bleibt zu hoffen, dass die Klage gegen die Schwärzungen Erfolg haben wird – auch wenn die zensierten Informationen die Bevölkerung mutmaßlich weiter verunsichern könnten.