Im Kongress läuft die Debatte, US-Präsident Joe Biden mit dem Recht auszustatten, im Falle einer Invasion Taiwans durch China einen Krieg mit der Volksrepublik zu starten. Eine solche Auseinandersetzung könnte auch einen Atomkrieg auslösen.
Innerhalb der Demokratischen Partei wird gerade eine Debatte darüber geführt, ob US-Präsident Joe Biden mit mehr Macht ausgestattet werden soll. Konkret geht es dabei um eine militärische Reaktion auf eine potentielle Invasion Taiwans durch die chinesische Volksbefreiungsarmee. Demnach sind die Zentristen unter den Demokraten stark für die Erweiterung der Kriegsbefugnisse des Präsidenten. Die „Progressiven“ (also Linken) sträuben sich. Noch.
Eine Demokratin im Repräsentantenhaus, die stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten, Elaine Luria (Demokraten, Virginia), plädierte in einem Gastbeitrag für die Washington Post dafür, Biden die Kriegsbefugnisse zu übertragen.
Luria befürchtet, dass es zu lange dauern würde, die Genehmigung des Kongresses einzuholen, wenn China Taiwan einnehmen will. „Wenn man also nicht schnell genug handeln kann, nimmt China Taiwan mit Leichtigkeit ein“, sagte sie gegenüber Foreign Policy.
Luria bezeichnet die Notwendigkeit einer Ermächtigung zum Kampf gegen China als notwendig, um die Situation trotz der offensichtlichen Risiken zu „deeskalieren“. „Ohne die Möglichkeit für den Präsidenten, sofort zu reagieren, würde jede Verzögerung die Vereinigten Staaten daran hindern, auf einer niedrigeren Konfliktstufe zu reagieren, um eine Invasion abzuwehren und die Situation zu deeskalieren“, schrieb sie in der Post.
Unterstützung durch die Republikaner
Republikanische Falken haben bereits einen Gesetzesentwurf ausgearbeitet. Dieser würde Biden die Befugnis verleihen, gegen China wegen Taiwan in den Krieg zu ziehen. „Meine republikanischen Kollegen haben im Februar den Taiwan Invasion Prevention Act eingebracht, um dem Präsidenten die Befugnis zu erteilen, gegen eine Invasion Taiwans vorzugehen und vollendete Tatsachen zu verhindern. Dieses Gesetz ist ein guter Ansatzpunkt, um ein rechtliches Dilemma zu lösen“, sagte Luria in der Post.
Gerade die Republikaner sind es, die in den letzten Jahren (insbesondere während der Präsidentschaft Donald Trumps) die Eindämmung Chinas massivst vorangetrieben hatten. Derzeit sieht es so aus, als ob die Biden-Administration dem Beispiel folgt.
Wie wären die Chancen der USA?
Allerdings zeigten mehrere Simulationen des US-Militärs, dass die US-Streitkräfte in solch einem Szenario den Chinesen gnadenlos unterlegen wären:
Im vergangenen Herbst simulierte die US-Luftwaffe einen Konflikt, der mehr als ein Jahrzehnt in der Zukunft liegt. Er begann mit einem chinesischen Angriff mit biologischen Waffen, der US-Basen und Kriegsschiffe im indopazifischen Raum traf. Dann wurde eine große chinesische Militärübung als Deckung für den Einsatz einer massiven Invasionstruppe genutzt. Die Simulation gipfelte in chinesischen Raketenangriffen auf US-Stützpunkte und Kriegsschiffe in der Region sowie in einem Blitzangriff aus der Luft und einem amphibischen Angriff auf die Insel Taiwan.
Das Ergebnis war ernüchternd. Was viele Amerikaner nämlich nicht wissen, ist, dass die jahrelangen geheimen Kriegsspiele des Pentagons stark darauf hindeuten, dass das US-Militär diesen Krieg verlieren würde. Und das auch mit jedem Jahr immer rascher.
Air Force Lt. Gen. S. Clinton Hinote, stellvertretender Stabschef für Strategie, Integration und Anforderungen, erklärte in einem Exklusivinterview mit Yahoo News:
Vor mehr als einem Jahrzehnt deuteten unsere Kriegsspiele darauf hin, dass die Chinesen gute Arbeit leisteten, indem sie in militärische Fähigkeiten investierten, die unser bevorzugtes Modell der Expeditionskriegsführung, bei dem wir unsere Truppen vorantreiben und von relativ sicheren Basen und Zufluchtsorten aus operieren, zunehmend schwieriger machen würden. Zu diesem Zeitpunkt war der Trend in unseren Kriegsspielen nicht nur, dass wir verloren, sondern dass wir auch schneller verloren. Nach dem Kriegsspiel 2018 erinnere ich mich deutlich daran, wie einer unserer Gurus für Kriegsspiele vor dem Verteidigungsminister und dem Stabschef der Air Force stand und ihnen sagte, dass wir dieses Kriegsspielszenario [eines chinesischen Angriffs auf Taiwan] nie wieder spielen sollten, weil wir wissen, was passieren wird. Die definitive Antwort, wenn das US-Militär seinen Kurs nicht ändert, ist, dass wir schnell verlieren werden. In diesem Fall würde ein amerikanischer Präsident wahrscheinlich fast vor vollendete Tatsachen gestellt werden.
Was wollen die Falken erreichen?
Trotz dieses Wissens wollen nun also die zentristischen Demokraten und die Republikaner den senilen US-Präsidenten mit der Ermächtigung ausstatten, China im Falle einer Invasion Taiwans militärisch anzugreifen? Wollen diese Politiker tatsächlich einen Atomkrieg vom Zaun brechen?
Und nicht nur das: die komplette Pazifikflotte könnte vernichtet werden. Sämtliche US-Basen mit zehntausenden Soldaten wären nur noch Schutt und Asche. In Japan, in Südkorea, in Guam … alles binnen weniger Stunden zerstört. All das wegen Taiwan? Sollten die USA damit innerhalb weniger Tage einen wichtigen Teil ihrer Marine und Luftwaffe riskieren oder gar verlieren? Ein Atomkrieg wäre dann wohl unausweichlich. Doch diesen würden die USA trotz der nuklearen Übermacht nicht gewinnen. Niemand kann einen Atomkrieg gewinnen. Wozu also das Ganze?