Der Kampf gegen konservative Werte und die bestehende Welt- und Gesellschaftsordnung ist nicht neu: Das „woke“ Lebensmodell, das der Welt heute mehr und mehr aufgezwungen werden soll, wurde in seinen Grundfesten erstmals in den 1880er-Jahren erdacht und wird seitdem von bestimmten Gruppierungen vorangetrieben. Wer sich mit der sogenannten „Fabian Society“ auseinandersetzt, dürfte vieles wiedererkennen – bis hin zur Art und Weise, wie sie ihre „Neue Weltordnung“ errichten wollten.
Ein Gastkommentar von Tom Stahl
„Wurzel in der Zeit“
Einer der erfolgreichsten Feldherren Roms war der General Quintus Fabius Maximus Verrucosus (ca. 280 – 203 v. Chr.), auch der Cunctator genannt.
Sein Beiname Cunctator, der üblicherweise mit „der Verzögerer“ übersetzt wird, bezieht sich auf die Strategie, die er während des Zweiten Punischen Krieges gegen Hannibals Truppen anwandte. Gegenüber einem zahlenmäßig überlegenen Feldherrn verfolgte er die damals neuartige Strategie, die Nachschublinien des Gegners ins Visier zu nehmen und nur kleinere Gefechte auf günstigem Terrain zu akzeptieren, anstatt sein gesamtes Heer einer direkten Konfrontation mit Hannibal selbst auszusetzen. Infolgedessen gilt er als Begründer vieler Taktiken, die im Guerillakrieg verwendet werden. Es war der lange Weg im Schatten, im Verborgenen, der zum Erfolg führen sollte.
Als Charles Darwin seine Lehre der Evolutionstheorie vorstellte, war dies nicht nur ein gewaltiger „Sprung“ in der Wissenschaft, sondern auch der Urknall für etwas, das wir heute die „woke Weltanschauung“ nennen. Eine Veränderung der Gesellschaft war nicht möglich, solange die Kirche die Deutungshoheit über das Leben und seine Entstehung hatte. Wer sonntags brav in die Kirche ging und daran glaubte, dass Gott die Welt in sieben Tagen erschaffen hat und dass er nach einem gottgefälligen Leben und der Buße für seine Sünden in den Himmel kommt, der war für „abstraktes Gedankengut“ im Sinne von sozialistischen Ideen, wie die Welt umgestaltet werden könnte, eher nicht zu haben. Dazu war der Glaube in der Gesellschaft zu dieser Zeit noch zu tief verwurzelt.
Es war also notwendig, den Menschen zu zeigen, dass ihr Gott sich geirrt haben muss und dass die Schöpfung, so wie sie seit Jahrtausenden gelehrt wurde, nicht stimmte, um damit die Saat des Zweifels zu säen. Dass die Kirche davon nicht begeistert war, dürfte verständlich sein und es gab hier fundamentale, zum Teil öffentliche Diskussionen zu diesem Thema. Darwin stand aber nicht alleine an der Front, er hatte viele, teils sehr prominente Unterstützer, einer seiner größten Befürworter war der Biologe Thomas Henry Huxley, der ihn selbst in einer Debatte mit Bischof Samuel Wilberforce in Oxford im Jahre 1860 heftig verteidigte. Dies brachte ihm den Spitznamen „Darwins Bulldogge“ ein. Aber auch für den weiteren Verlauf der Geschichte war die Familie Huxley von großer Bedeutung.
So wurde Darwins Evolutionstheorie als unvereinbar mit der kirchlichen Lehre abgelehnt. Es dauerte fast ein Jahrhundert, bis die katholische Kirche die Evolutionstheorie erstmals nicht mehr ablehnte, sondern als mögliche Hypothese akzeptierte.
Natürlich hatte Darwin mit seinen Beobachtungen und den Theorien daraus nicht ganz Unrecht: Dass sich eine „Art“ im Laufe der Zeit verändert und an die Gegebenheiten und die Umwelt anpasst, ist wissenschaftlicher Konsens und nachweisbar. Aber dass aus einer Art eine völlig andere Art wird, wenn nur genügend „Zeit“ vergeht, da habe ich (wie schon in meinem Beitrag „Wie immer seit Anbeginn der Zeit“ erwähnt), aber auch viele andere, Bedenken.
Das woke Lebensmodell wurde schon in den 1880er-Jahren erdacht
Nachdem Darwin zu dieser Zeit immer mehr Anhänger gewonnen hatte, bereitete sich auch eine gewisse Freiheit im Denken aus, revolutionäre Ideen kamen in Mode und wir kommen zu den Wurzeln von „woke“ und dem grün-roten Lebensmodell. Wir schreiben das Jahr 1882, als ein gewisser Thomas Davidson die „Fellowship of the New Life“ gründete. Diese Gesellschaft hatte sich zum Ziel gesetzt, „das menschliche Leben neu zu organisieren“ – der Name „New Life“ ist eine Hommage an Dantes Text „La Vita Nuova“.
Ziel des Programms war die „Kultivierung eines vollkommenen Charakters in jedem Einzelnen“ mit dem Prinzip der „Unterordnung der materiellen Dinge unter die geistigen“. Der Begriff des persönlichen Eigentums existierte nicht. Auf Titel, soziale Unterschiede und Familienprestige sollte verzichtet werden. Jeder hatte sich einfach, aber geschmackvoll zu kleiden. Zwischen den Geschlechtern gab es keine Unterschiede. Man gab sich pazifistisch und lebte vegetarisch. In dieser Gesellschaft hing die Autorität von Prinzipien ab, nicht von Personen. Aber es gab noch einen Glauben, einen Glauben an die Liebe und an das Gute, es wurde meditiert und die Ehe war noch monogam und sollte nur aus reiner Liebe geschlossen werden.
Wie nicht anders zu erwarten, zog ein solches Programm mit diesen für die damalige Zeit revolutionären Inhalten Menschen mit den damals gerade aufkommenden Ideen des Sozialismus an, und so kam es, dass einige Mitglieder der Gemeinschaft mit sozialistischen Ideen, Davidson widersprachen, mit der Behauptung, dieses auf individueller Freiwilligkeit beruhende Lebensziel sei zu utopisch und es würde sehr lange dauern, es in der Welt zu verankern. Die von ihnen angestrebte neue Gesellschaftsform müsse durch wissenschaftliche Methoden beschleunigt werden, die von oben nach unten diktiert werden müssten. Davidson lehnte diesen Weg jedoch ab. Besagte Mitglieder trennten sich daraufhin von den „Fellowships of the New Life“ und gründeten am 4. Januar 1884, ein Jahr nach dem Tod von Karl Marx, ihre eigene Gesellschaft, die „Fabian Society“.
Der Wolf im Schafspelz
Das Ziel der Fabianer war von Anfang an die Errichtung einer neuen Weltordnung, aber diese sollte langsam kommen, es sollte keine Revolution sein, nicht der Weg eines Karl Marx. Ihr Ziel war auch nicht nur die Arbeiterklasse, sie wollten diese auch den „Kapitalisten“ aufzwingen. Anfangs versuchte man dies durch Beratung von „Regierungen“, heute nennen wir das Lobbyismus. Da aber auch dieser Weg zu langsam erschien, wurde eine eigene Partei gegründet: die „Labour Party“. Und die Geschichte nahm ihren Lauf…
Eines der berühmtesten Mitglieder der „Fabian Society“ war der Schriftsteller H. G. Wells, der in seinen utopischen Romanen vieles der kommenden Zukunft vorweggenommen hat. Wer genau hinschaut, kann in seinen Meisterwerken wie „Krieg der Welten“ oder „Die Zeitmaschine“ bereits die Spuren dieser ersten Jahre der Idee des Sozialismus erkennen. Sein Buch „The Shape of Things to Come“ gilt vielen als Blaupause für die Gegenwart. Ein weiteres bekanntes und wichtiges Mitglied, das den Weg der Fabianer prägte, war George Bernard Shaw. Shaw glaubte an Nietzsches Ideal, „das Menschliche durch das Übermenschliche zu ersetzen“.
Die Fabianer waren natürlich große Anhänger der Evolutionstheorie von Charles Darwin, und genau diese ebnete ihnen ja den Weg „an der Kirche und dem konservativen Weltbild vorbei“, den Marsch durch die Institutionen zu beginnen. Unter dem Einfluss von Charles Darwins Evolutionstheorie und Nietzsches Philosophie glaubten die Fabianer, dass sich die Menschen der Zukunft zu Übermenschen mit außergewöhnlichen Fähigkeiten entwickeln würden. Die Grundlage des Transhumanismus war geboren. Dass man sich bewusst war, was das eigene Gedankengut anrichten konnte, zeigt ein weiterer Roman eines bekannten „Fabianers“: “Brave New World” von Aldous Huxley, dem Enkel von „Darwins Bulldoge“ Thomas Henry Huxley.
Auch der Mann, dessen Werk heute als Inbegriff einer totalitären Dystopie gilt, George Orwell, stand über seine Mutter, eine bekennende Sozialistin, der Fabian Society nahe. Wobei seine Vorträge teilweise kritisch gesehen wurden.
Die woke Welt, die wir heute sehen, in der Familie, Heimat, traditionelle Kultur und konservative Werte immer mehr zum Auslaufmodell geworden sind, die von Rot-Grün auch bei uns gerade endgültig umgebaut werden soll, diese Welt war offensichtlich lange geplant und lange in Vorbereitung.
1910 gaben die Fabianer ein Glasfenster für das Hauptquartier der Fabian Society in Auftrag. Es zeigt, wie ihre Mitglieder die Welt zerschlagen, im Hintergrund ist ihr „Logo“, ein Wolf im Schafspelz, zu sehen. Darüber steht: „Remould it nearer to the heart’s desire.“ Diese Phrase bezieht sich auf den iranischen Dichter Omar Khayyam, der wie Hassan-i Sabbah, der Gründer des Assassinenordens, als Ismaili gilt, und bezieht sich auf die Zerschlagung und anschließende Neugestaltung der Welt.
Die Fabianer behaupten, ihre Gilde sei nach dem römischen Feldherrn Quintus Fabius Maximus benannt, der den karthagischen Feldherrn Hannibal geduldig abwartete, ihn auf diese Weise erschöpfte und schließlich besiegte. Wie der römische Feldherr entschieden sie sich, abzuwarten und die neue Welt mit einem Schlag zu errichten, wenn die Zeit reif war. Wir hatten vor Kurzem etwas Weltweites, das als ein solcher „Schlag“ angesehen werden kann, oder?