Weil sie nicht ein Drittel der Wähler politisch abschreiben wollte, musste die Innenministerin Brandenburgs, Katrin Lange, schlussendlich ihren Posten räumen. Der Druck der Antidemokraten wurde zu groß. Offensichtlich soll der Kampf gegen die AfD weiter mit allen Mitteln geführt werden.
In Brandenburg hat der sogenannte „Kampf gegen rechts“ ein prominentes Opfer gefordert: Katrin Lange, bis zum 16. Mai 2025 Innenministerin des Landes, trat zurück. Der Rücktritt der Sozialdemokratin ist mehr als ein persönlicher Rückzug – er markiert einen Tiefpunkt in der politischen Kultur und wirft Fragen hinsichtlich der zunehmenden Instrumentalisierung staatlicher Institutionen im Umgang mit der AfD auf. Langes Entscheidung, sich gegen eine pauschale Verdächtigung eines Drittels der Brandenburger Wähler zu stellen, machte sie zur Zielscheibe eines rot-grünen Medien- und Politikbetriebs, der Demokratie zunehmend als Hürde zu betrachten scheint.
Ein Rücktritt mit Ansage
Katrin Langes Rücktritt war die Konsequenz eines Konflikts, der weit über persönliche Differenzen hinausgeht. Sie hatte es gewagt, den Chef des Brandenburger Verfassungsschutzes, Jörg Müller, zu entlassen, nachdem dieser eigenmächtig die AfD als „gesichert rechtsextremistisch“ eingestuft hatte. Lange begründete die Entlassung mit einem Vertrauensverlust: Müller habe sie über wesentliche Sachverhalte „nicht ordnungsgemäß und viel zu spät“ informiert. Konkret ging es um ein Gutachten, das die Hochstufung der AfD begründen sollte, das Lange erst am 5. Mai 2025 vorgelegt bekam – obwohl Müller die Entscheidung bereits am 14. April getroffen hatte. Diese Geheimniskrämerei und Eigenmächtigkeit lösten einen Sturm der Entrüstung aus, doch nicht gegen Müller, sondern gegen Lange selbst.
Langes Position war klar: Sie wollte die politische Herausforderung durch die AfD nicht mit administrativen Maßnahmen wie Verfassungsschutzberichten beantworten, sondern durch inhaltliche Auseinandersetzung. „Ich bin nicht bereit, ein Drittel der Brandenburger Wähler politisch abzuschreiben“, betonte sie in ihrer Rücktrittserklärung. Ein solcher Kurs, warnte sie, würde die Spaltungen in der Gesellschaft vertiefen und ihrer Partei, der SPD, nachhaltig schaden. Doch ihre Mahnung stieß auf taube Ohren – stattdessen wurde sie von Medien wie dem Tagesspiegel und der Potsdamer Neuen Nachrichten (PNN) sowie von Teilen ihrer eigenen Partei attackiert.
Verfassungsschutz oder Gesinnungsschutz?
Die Affäre um Jörg Müller und sein Gutachten wirft ernste Fragen zur Arbeitsweise des Verfassungsschutzes auf. Müllers Entscheidung, die AfD-Hochstufung ohne Rücksprache mit seiner Ministerin durchzudrücken, zeugt von einer beunruhigenden Eigenständigkeit. Dass das Gutachten als geheim eingestuft wurde und der Öffentlichkeit vorenthalten bleibt, verstärkt den Verdacht, dass es weniger auf Fakten als auf politischen Vorgaben basiert. Die Qualität solcher Berichte ist ohnehin fraglich, wie das Bundesamt für Verfassungsschutz mit seinem peinlichen „Konvolut“ zur AfD bewiesen hat. Ein öffentliches Interesse an Transparenz besteht – das Innenministerium Brandenburg sollte das Gutachten veröffentlichen, um die Vorwürfe zu entkräften oder zu bestätigen.
Besonders interessant ist, dass Müller laut Berichten des Rundfunks Berlin-Brandenburg (rbb) die Hochstufung am 14. April beschloss, nachdem Lange in einer Besprechung deutlich gemacht hatte, dass sie die Entscheidung der Bundesebene abwarten wollte. Diese Bundesebene hatte zuvor mit einer eigenen Hochstufung der AfD für einen Skandal gesorgt, der das Vertrauen in die Behörde erheblich beschädigte. Langes Vorsicht war also begründet – doch Müller ignorierte ihre Weisung und handelte eigenmächtig. Dieser Vorgang zeigt, wie weit sich der Verfassungsschutz von seiner eigentlichen Aufgabe entfernt hat: Statt die Verfassung zu schützen, droht er zum Werkzeug politischer Interessen zu werden.
Rot-grüne Medien und politische Intrigen
Die Reaktionen auf Langes Entlassung Müllers waren bezeichnend. Medien wie der Tagesspiegel und die PNN, die eine klare rot-grüne Linie vertreten, starteten eine Kampagne gegen die Innenministerin. Sie wurde beschuldigt, die Hochstufung der AfD zu hintertreiben und Müller zu Unrecht entlassen zu haben. Dabei übersahen die Kritiker geflissentlich, dass Langes Kurs nicht auf Nachgiebigkeit gegenüber der AfD abzielte, sondern auf einen demokratischen Umgang mit einer Partei, die fast 30 Prozent der Brandenburger Wähler repräsentiert. Die Vorwürfe kulminierten in einer Diffamierung, die bis ins Persönliche reichte – ein Vorgehen, das Lange in ihrer Rücktrittserklärung scharf kritisierte.
Parallel dazu entbrannte ein Machtkampf innerhalb der Brandenburger SPD. Lange, die einen pragmatischen Kurs vertrat und Ministerpräsident Dietmar Woidke nahestand, geriet ins Visier des linken Parteiflügels, angeführt von Wissenschafts- und Kulturministerin Manja Schüle. Der Rücktritt schwächt Woidke, der maßgeblich für den Wahlerfolg der SPD 2024 verantwortlich war. Die SPD hatte mit dem Slogan „Wer Woidke will, muss SPD wählen“ gepunktet – doch die aktuellen Entwicklungen deuten darauf hin, dass die Partei von ihrem Kurs abkommt. Ein linker Nachfolger für Woidke könnte die SPD weiter nach links rücken und ihre Wählerbasis in Ostdeutschland gefährden.
Die Rolle der CDU und die Forderung nach Verboten
Auch die Brandenburger CDU unter Jan Redmann mischte in der Affäre mit. Redmann, dessen Partei bei den Landtagswahlen 2024 nur 12,1 Prozent erreichte, während die AfD auf 29,2 Prozent kam, warf Lange vor, zu zurückhaltend gegenüber der AfD gewesen zu sein. Seine Aussage, der AfD-Landesverband sei „durch und durch rechtsextremistisch“, wirkt vor dem Hintergrund der Wahlniederlage seiner Partei wie ein Ablenkungsmanöver. Die Forderung nach einem AfD-Verbotsverfahren, wie sie etwa von Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther erhoben wird, verstärkt den Eindruck, dass Teile der etablierten Parteien der unliebsamen Konkurrenz nicht auf politischer Ebene begegnen, sondern administrativ ausschalten wollen.
Die Unterstützung für Jörg Müller kommt indes aus erwartbarer Richtung: Die Linke und die Grünen, die beide in Brandenburg an Relevanz verloren haben, fordern seine Wiedereinsetzung. Die Linke sprach gar von einem „Schaden für die Demokratie“, sollte Müller nicht zurückkehren. Diese Vehemenz legt nahe, dass Müller für bestimmte politische Kreise ein verlässlicher Akteur war – doch ob seine Arbeit tatsächlich dem Schutz der Verfassung diente, bleibt zweifelhaft.
Ein Warnsignal für die Demokratie
Katrin Langes Rücktritt ist ein Alarmsignal. Sie warnte vor einem Kurs, der die freiheitliche Tradition der ostdeutschen Sozialdemokratie gefährdet, die in der friedlichen Revolution von 1989 wurzelt. „Ein Drittel der Wähler politisch abzuschreiben, ist ein kurzer Weg nach Sachsen und Thüringen“, sagte sie. Ihre Kritik an der Geheimniskrämerei des Verfassungsschutzes und ihre Forderung nach Transparenz sind ein Plädoyer für eine informierte Öffentlichkeit, die Regierungshandeln kritisch hinterfragen kann.
Die Affäre zeigt, wie weit der „Kampf gegen rechts“ von den Prinzipien des demokratischen Rechtsstaats entfernt ist. Wenn eine Innenministerin zurücktreten muss, weil sie auf politische Auseinandersetzung statt auf bürokratische Repression setzt, steht die Demokratie extrem unter Druck. Brandenburg steht am Scheideweg: Wird die Politik weiterhin versuchen, unliebsame Konkurrenz mit den Mitteln des Verfassungsschutzes zu bekämpfen?