Die Lockdowns, Schulschließungen und andere isolierende Zwangsmaßnahmen haben die Kinder verstört. In Großbritannien warnt man bereits vor der starken Zunahme von Essstörungen bei Kindern. Die Corona-Maßnahmen geraten zunehmend in die Kritik.
Die Zahl der Kinder, die mit einer Essstörung in Großbritannien ins Krankenhaus eingeliefert werden mussten, ist offiziellen Zahlen zufolge seit Beginn der „Pandemie“ um fast 70 % gestiegen. Psychiater warnen, dass sie mit der Zahl der Hilfesuchenden überfordert sind. Die Zeitung The Telegraph berichtet darüber.
Experten gaben an, dass wiederholte Lockdowns und Zeiten der Isolation „verheerende“ Auswirkungen auf die psychische Gesundheit der Kinder hatten und zu einem starken Anstieg von Magersucht und Bulimie geführt haben. Sie sagten, diese Unsicherheit aufgrund der Maßnahmen habe bei vielen Kindern das Gefühl hinterlassen, die Kontrolle über ihr Leben verloren zu haben – ein Faktor, der Essstörungen begünstigen kann. Die Wohlfahrtsverbände warnten, dass die ins Krankenhaus eingewiesenen Patienten nur die „Spitze des Eisbergs“ seien, da die überwiegende Mehrheit der Menschen mit Essstörungen nicht stationär behandelt werde. Die vorläufigen Daten des NHS zeigen, dass zwischen April und Oktober letzten Jahres 4.238 Kinder unter 17 Jahren ins Krankenhaus eingewiesen wurden. Das ist ein Anstieg um 69 Prozent im Vergleich zu den gleichen Monaten vor der Pandemie, als es nur 2.508 Einweisungen gab.
Neue Rekorde
Im Geschäftsjahr 2020/2021 gab es demnach mit 23.302 Einweisungen wegen Essstörungen in allen Altersgruppen ein Plus von 21 Prozent gegenüber dem Geschäftsjahr 2018/2019. Das Geschäftsjahr 2021/2022 könnte einen weiteren traurigen Rekord aufstellen: Dem Bericht zufolge gab es von April bis Oktober 2021 bereits 15.941 Aufnahmen in allen Altersgruppen im Vereinigten Königreich.
Dr. Agnes Ayton, Vorsitzende des Fachbereichs für Essstörungen am Royal College of Psychiatrists, sagte der Zeitung:
„Die verborgene Epidemie der Essstörungen hat während der Pandemie stark zugenommen, und viele kommunale Dienste sind jetzt überlastet und nicht in der Lage, die schiere Zahl der Menschen zu behandeln, die Hilfe brauchen. Wir sind an einem Punkt angelangt, an dem wir es uns nicht mehr leisten können, so weiterzumachen wie bisher.“
Studien belegen die negativen Lockdown-Folgen schon lange
Es ist schon seit längerer Zeit bekannt, dass die Corona-Zwangsmaßnahmen für Kinder und Jugendliche sehr belastend sind. So zeigte beispielsweise eine Studie des The Hospital for Sick Children (SickKids), dass eine große Mehrheit der Kinder und Jugendlichen während der sogenannten ersten Welle von Covid-19 eine Schädigung ihrer psychischen Gesundheit erfahren habe. Größerer Stress aufgrund sozialer Isolation, einschließlich der Absage wichtiger Veranstaltungen und des Verlusts persönlicher sozialer Kontakte, war stark mit einer Verschlechterung der psychischen Gesundheit verbunden. Die Studie, die am 26. Februar 2021 in der Fachzeitschrift European Child & Adolescent Psychiatry veröffentlicht wurde, bietet hierbei einen fundierten Einblick in die Auswirkungen der Covid-19-Maßnahmen auf die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Ontario, Kanada.
Das Forschungsteam befragte von April bis Juni 2020 mehr als 1.000 Eltern von Kindern und Jugendlichen im Alter von zwei bis 18 Jahren und fast 350 Jugendliche zwischen 10 und 18 Jahren. In sechs Bereichen der psychischen Gesundheit – Depression, Ängstlichkeit, Reizbarkeit, Aufmerksamkeitsspanne, Hyperaktivität und Zwänge – berichteten 70,2 Prozent der Kinder im Schulalter (sechs bis 18 Jahre) und 66,1 Prozent der Kinder im Vorschulalter (zwei bis fünf Jahre) über eine Verschlechterung in mindestens einem Bereich. Ein kleinerer Anteil, nämlich 19,5 Prozent der Kinder im Schulalter und 31,5 Prozent der Kinder im Vorschulalter, berichtete über eine Verbesserung in mindestens einem Bereich. „Wir haben festgestellt, dass es den Kindern im Vergleich zu ihrem Zustand vor der Pandemie insgesamt meist schlechter und gelegentlich besser ging“, sagt Dr. Daphne Korczak, Kinder- und Jugendpsychiaterin bei SickKids und Hauptautorin der Studie. „Wir haben auch festgestellt, dass die Auswirkungen der Pandemie auf die psychische Gesundheit bei Kindern im Schulalter während des ersten Lockdowns größer waren, was die Bedeutung des Lernens in der Klasse und außerschulischer Aktivitäten für Kinder unterstreicht.“