Seit der äußerst knappen Wahlniederlage gegen Lula war Brasiliens Ex-Präsident Bolsonaro relativ leise. Er hat dem Sozialisten weder gratuliert noch Untersuchungen für einen möglichen Wahlbetrug angekündigt. Nun hat sich das offensichtlich geändert.
Jair Bolsonaro gilt nicht unbedingt als Hitzkopf, so dass der konservative brasilianische Politiker nach der sehr knappen Niederlage bei der Stichwahl um das Präsidentenamt gegen seinen sozialistischen Herausforderer Luiz Inácio Lula da Silva relativ ruhig blieb. Und das, obwohl er im Vorfeld der Wahl vor möglichen Manipulationen bei den Wahlautomaten warnte. Seine Anhänger protestieren deshalb zu Millionen bereits seit Wochen gegen das Wahlergebnis. Lkw-Fahrer und Landwirte blockieren dabei auch schon mal die großen Autobahnen, die als wirtschaftliche Lebensadern des Landes gelten.
Doch die Zeit der Stille ist nun offensichtlich vorbei. Wie die brasilianische Zeitung „Gazeta Do Povo“ nun vermeldet, beanstandet Bolsonaro mittlerweile rund 250.000 Wahlautomaten. Er hat die Annullierung dieser Stimmen in einer Klage vor Gericht eingefordert, weil diese von „fehlerhaft funktionierenden“ Wahlmaschinen stammen würden. In der Klageschrift heißt es, eine auf Antrag der Liberalen Partei, also der Partei Bolsonaros, durchgeführte Prüfung habe ergeben, dass die alten Wahlurnen aufgrund der identischen Identifikationsnummern „nicht berücksichtigt werden können“.
Der Klage zufolge wiesen die Wahlmaschinen der Modelle 2009, 2010, 2011, 2013 und 2015 „unüberwindbare Betriebsprobleme auf, wobei der Schwerpunkt auf dem sehr schwerwiegenden Versagen bei der Individualisierung jeder URNA-LOG-Datei und seinen Auswirkungen in späteren Phasen, wie der digitalen Aufzeichnung der Abstimmung (RDV) und der Ausgabe der Wahlurne (BU), und folglich auf dem Fehlen von Gewissheit über die Echtheit des Wahlergebnisses lag“, heißt es in der Übersetzung aus dem Dokument.
Sollten diese Stimmen tatsächlich für ungültig erklärt werden, würde dies allerdings das Wahlergebnis massivst beeinflussen. Lula erhielt offiziell rund zwei Millionen mehr Stimmen als sein konservativer Herausforderer. Nun liegt es an den Gerichten und den Wahlbehörden, dem nachzugehen.
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