Diese Woche habe ich leider keinen Videokommentar für Sie. Weil ich – pünktlich zur Osterferienzeit – intensiv mit Hustensaft, Taschentüchern und Tee auf der Couch beschäftigt war. So ganz auslassen will ich meinen Wochenkommentar aber dann doch nicht. Schon gar nicht, wenn wir wieder einmal alle mit der großen Eiersuche beschäftigt sind. Die einen mit der Suche nach den gefärbten Hühnereiern und die anderen mit dem Finden ihrer eigenen …
Ein Kommentar von Edith Brötzner
Ach. Vielleicht lassen wir dieses leidige Thema einfach ausfallen heuer. Was denken Sie? Wenn wir uns nicht damit beschäftigen, ist das Problem auch nicht da. Einfache Rechnung. Oder? Zumindest scheint das der Trend zu sein, dem ein beachtlicher Teil der Österreicher nun seit mehr als drei Jahren in nahezu olympischer Manier nachjagt. Frei nach dem Motto „Ich seh nicht hin, wenn du was siehst.“ Gewinner verorte ich bei diesem Gesellschaftsspiel allerdings keine. Am Ende des Tages werden wir alle die Rechnung für unsere fehlenden Eier und unser „ein Hoch auf die Bequemlichkeit“ zu zahlen haben.
Während die Schmerzgrenze für ORF-Zwangsabgaben, steigende Energie- und Lebenserhaltungskosten und verkaufte Seelen stets vom Inhalt des Geldbeutels und der Leidensfähigkeit des Einzelnen abhängig ist, gibt es einen Wert, der weder verkäuflich noch in Gold aufzuwiegen ist. Ich spreche vom Wert unserer Neutralität und vom Wert des Friedens. Das sind hart erkämpfte Werte, die wir weder verlieren noch verkaufen oder gar vergessen dürfen. Niemals und unter keinen Umständen und auf gar keinen Fall aus einer Blauäugigkeit oder scheinheiliger Gutmenschlichkeit heraus.
Unabhängig davon, ob nun der Russe oder der Ukrainer Recht oder Unrecht hat. Wer von den beiden dem anderen gerade fester auf den Zehen herumtrampelt oder wer von den Medien gerade als besonders gut oder ausnehmend böse propagiert wird … Am Ende des Tages haben wir uns als neutrales Österreich aus diesem Streit herauszuhalten. Es steht uns schlicht und ergreifend nicht zu, für irgendeine Seite der Kriegstreibenden Partei zu ergreifen.
Der schleichende Abgang der Neutralität
Ebenso wenig, wie es uns zusteht, Waffen zu liefern oder diese mitzufinanzieren – weder durch die Vorder- noch durch die Hintertür. Nach drei Jahren, in denen man uns den Begriff des „angebrachten Abstandes“ so nachhaltig mit dem Vorschlaghammer in die Köpfe gehämmert hat, sollten wir von diesem nun auch Gebrauch machen. Und nein, ich spreche nicht von Babyelefanten. Ich rede von einem definitiven und angemessenen, mehr als deutlichen Abstand zu Kriegstreiberei, Kriegshetzerei und der (so gar nicht neutralen) Beteiligung an diversen Wirtschaftssanktionen.
Dass die Politik keine Politik für das Volk ist, sollten wir inzwischen wohl breitflächig begriffen haben. Auch wenn bei manchen der Wecker offenkundig bis heute nicht geklingelt hat: Die Menge derer, die den Ernst der Lage zumindest ansatzweise verstanden hat, sollte ausreichen, um die Obrigkeit zum Umdenken zu zwingen. Auch, wenn wir lieber wegsehen als hinsehen und unsere Eier bevorzugt verstecken, anstatt sie zu finden… Das Endergebnis für die schrittweise Aufgabe unserer Neutralität sollte uns allen bewusst sein. Auch wenn es für manch einen nett zu sein scheint, sein Facebookprofil mit blau-gelben Flaggen zu schmücken, oder es für passend befunden wird, den Linzer Hauptplatz mit blau-gelben Blumenbeeten zu dekorieren…
Wenn man es vielleicht als passend erachtet, dass man nach erfolgreicher Zu-Tode-Sparerei unseres Bundesheeres nun doch wieder Geld zur Aufrüstung dieses halbtoten Gauls nachschaufelt. Oder Politiker in der Regierung duldet, die das Wort Neutralität für einen lästigen Trend halten und Geschichte verschlafen haben. Wir sollten jetzt dringend den schmerzhaften und unbequemen Weg des genau Hinsehens wählen.
Stellen Sie sich vor, was passiert, wenn wir die Ausfahrt übersehen. Wenn wir den rechtzeitigen Absprung aus dem Kriegshetzer-Sog verpassen. Wenn die Notbremse am Ende klemmt. Jetzt sind es Russen und Ukrainer, die Tag für Tag für Tag sinnlos am Schlachtfeld unnötigerweise geopfert und dahin gemetzelt werden. Was, wenn es eines Tages heißt: Einrücken bitte! Schicken Sie dann Ihre Söhne und Töchter frohen Mutes zur Schlachtbank an die Front? Würde Opa noch leben, was würde er dazu sagen? „Juhu, endlich wieder auf in den Kampf?“
Oder könnte es sein, dass er schockiert die Hände über dem Kopf zusammenschlägt und nachfragt, ob wir denn von allen guten Geistern verlassen sind? Ihre Antwort auf diese Frage überlasse ich Ihrer Fantasie und der Lebenserfahrung, die Ihnen Ihre Ahnen mit auf den Weg gegeben haben. Ich für meinen Teil weiß sehr genau, welchen Wert Frieden und Neutralität für mich haben. Und ich weiß, dass ich mir und meiner Tochter in Österreich keine hausgebackenen Kriegszustände wünsche.
Vielleicht sollten wir Ostern nutzen, um uns den Wert des Friedens in Österreich wieder bewusst zu machen und zu erkennen, dass Rückgrat und eine aufrechte Haltung unentbehrlich sind. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen und Ihrer Familie ein frohes Osterfest und eine erfolgreiche Eiersuche.