Groß war gestern die Erleichterung ob des Freispruchs des sanften Professors Sucharit Bhakdi in Deutschland – doch schon heute folgt der nächste skandalöse Prozess. Um 10:15 Uhr beginnt das Strafverfahren gegen Report24-Chefredakteur Florian Machl in Linz. Edith Brötzner ist vor Ort und wir berichten für Sie im Liveticker!
Ein kurzer Livestream vorm Prozess von Florian Machl und Edith Brötzner:
Liveticker
Edith Brötzner berichtet:
9:50 Uhr: Einige Unterstützer sind bereits vor Ort – darunter auch die MFG-Abgeordneten Manuel Krautgartner, Joachim Aigner und Justine Tiefnig.
9:55 Uhr: Sicherheitsbeauftragte lässt MFG-Abgeordnete nicht ins Gericht. Der Saal ist angeblich bereits voll. Es gibt keinen Einlass mehr.
10:05 Uhr: Warten vor dem Saal. Der Sender RTV ist vor Ort – Florian Machl gibt hier ein erstes Statement ab.
10:07 Uhr: Auch Servus TV ist vor Ort.
10:08 Uhr: Ein Schwurgerichtssaal im Haus, in dem genug Platz wäre für alle Menschen, die Florian Machl bei seinem Prozess begleiten und unterstützen wollen, ist leer. Absicht oder Zufall, dass für seinen Prozess ein Gerichtssaal mit sehr begrenzten Plätzen ausgewählt wurde?
10:15 Uhr: Es geht los.
10:16 Uhr: Viel zu wenig Plätze! Alle, die keinen Sitzplatz haben, werden aus dem Saal geschickt.
Beginn der Verhandlung
10:19 Uhr: Der Staatsanwalt startet mit dem Eingangsplädoyer. Vorwurf: Üble Nachrede gegenüber Van der Bellen. Der Report24-Beitrag zum VDB-Besuch im Wirtshaus Lehner wurde zitiert. Richter und Staatsanwalt mahnen Saalbesucher mehrmals scharf ab. „Wer lacht, wird aus dem Saal verwiesen!“
10:20 Uhr: Plädoyer Verteidigung: RA plädiert auf nicht schuldig. Zeitliche Dokumentation ist lückenhaft. Nichts ist bei der Staatsanwaltschaft dokumentiert. Ein Vormangel, der nicht sanierbar ist. Antwortschreiben beinhaltet keine persönliche Ermächtigung durch den Bundespräsidenten. Kann nicht durch dritte Person als Vollmachtsträgerin überbracht werden. Kardinalfehler liegt vor. RA plädiert auf Einstellung des Verfahrens und Freispruch.
10:30 Uhr: Dem Vorwurf, dass der „Bundespräsident die Verfassung mit Füßen tritt“, liegen lt. RA Tatsachen zugrunde. Er hat nachrecherchiert: Tatsachensubstrat liegt vor. Laut Verfassungsgerichtshof waren etwa 50 Verordnungen verfassungswidrig.
Die Redewendung „etwas mit Füßen treten“ ist zudem gängig in der Politik. RA legt Sammlung von Zitaten von sämtlichen Parteien vor: Auch VDB hat diese Formulierung bei der Ortstafelfrage in Kärnten selbst verwendet. Haider und Westenthaler hätten die Verfassung lt. VDB damals mit Füßen getreten.
Der Bundespräsident hat sämtliche verfassungswidrige Gesetze unterschrieben.
10:35 Uhr: Es werden weitere Punkte erörtert. Zum Vorwurf, man würde Krieg offen unterstützen, gebe es laut Verteidigung Beweise, dass durch Österreich Kriegsmaterial in die Ukraine geliefert wird. Wer sich auf eine Seite schlägt, unterstützt eine Kriegspartei. Zum Vorwurf, dass VDB mit seinem Gehalt „gönnerhaft“ von Foto lache, wird festgestellt, dass der Vorwurf angebracht ist, wenn der Bundespräsident sagt, dass jemand, der sich das Leben nicht mehr leisten kann, die Zähne zusammenbeißen soll. Generelle Einordnung: Der Wert des Artikel 10 (Meinungsfreiheit) ist hoch einzuschätzen. Ein Politiker hat sich verletzende Äußerungen gefallen zu lassen.
10:40 Uhr: Florian Machl plädiert im Rahmen eines ihm zustehenden Kommentars auf „nicht schuldig“. Es folgt eine Zusammenfassung durch den Richter.
Richter wirkt nicht objektiv
10:44 Uhr: Der Richter fragt Florian Machl, womit VDB die Verfassung mit Füßen getreten habe. Florian schließt sich dem Plädoyer seines Anwalts an.
10:46 Uhr: Der Richter hinterfragt die politische Orientierung der Leser. Er wirkt sehr subjektiv und meinungslastig.
10:50 Uhr: Florian Machl erläutert, wodurch der Bundespräsident die Spaltung gefördert hat. Der Richter versucht ihn mit provokanten Fragen aus der Reserve zu locken und zerpflückt jeden Satz des offenen Briefes. Florian bleibt ruhig und gelassen.
10:55 Uhr: Die Verteidigung übergibt dem Richter die Auflistungen von aufgehobenen Verordnungen und Verwendungen des Satzes „die Verfassung mit Füßen getreten“ durch unterschiedliche Parteien.
10:57 Uhr: Keine weiteren Anträge. Es folgt eine Zusammenfassung durch den Richter.
Staatsanwalt: Keine Meinungsfreiheit, wenn es um den Bundespräsidenten geht?
11:00 Uhr: Staatsanwalt: keine weiteren Beweisanträge. Es handele sich um eine hochjuristische Frage: Liegt tatsächlich eine üble Nachrede vor? Ob die Frist eingehalten wurde, sei eine formelle Frage. Er sieht in der Erteilung der Ermächtigung kein Problem: Der BP müsse die Ermächtigung aus seiner Sicht nicht persönlich erteilen. Der Staatsanwalt weist den Vorwurf eines Vorgehens gegen Presse- und Meinungsfreiheit zurück. Das Thema sei der Kontext, in dem die Äußerungen veröffentlicht werden. Der BP sei der „oberste Hüter der Verfassung“: „Wenn man den BP öffentlich diffamiert, dann ist der Tatbestand erfüllt und überschreitet die Meinungsfreiheit.“ Nur weil der VFGH in „hochjuristischer“ Arbeit Gesetze kippe, könne man nicht sagen, dass VDB die Verfassung mit Füßen tritt. Man kann VDB auch nicht vorwerfen, dass er für System steht, das den Ukrainekrieg unterstützt. Dass Kriegsmittel durch Österreich transportierrt werden, könne sein, muss aber nicht.
11:08 Uhr: Ermahnung durch den Richter, weil jemand im Publikum „das wird ein Freispruch“ sagt.
„Gönnerhaft von Foto lachen“ ist für den Staatsanwalt eine Diffamierung
11:09 Uhr: Auch Florian Machls Aussage, dass der BP „gönnerhaft von Fotos lacht“, sei nach Ansicht des Staatsanwalts eine Diffamierung. Er beantragt die Verurteilung.
11:10 Uhr: Die Verteidigung fragt, ob wirklich eine Ermächtigung vorliege. Er verortet hier Formfehler.
11:15 Uhr: Verteidiger fragt: Warum solle die Ehre eines BP eine andere sein als jene anderer Politiker? (Der Staatsanwalt hat hier zwischen dem BP und „normalen“ Politikern unterschieden.) Entscheidungen, die in Grundrechte eingreifen, dürfen hinterfragt und kritisiert werden. Er sieht auch den Vorwurf der offenen Unterstützung einer Kriegspartei als gegeben. Er sieht zudem die Beschreibung als „gönnerhaft“ als angebracht und verweist auf das Zitat, die Menschen sollten die Zähne zusammenbeißen.
11:18 Uhr: Verteidigung beantragt Freispruch.
11:19 Uhr: Florian Machl hält ein Schlussplädoyer: Aus seiner Sicht fänden sich keine gängigen Beschimpfungen in seinem offenen Brief. Nicht nur er, sondern auch die Meinungsfreiheit stehen hier vor Gericht. VDB ist Oberbefehlshaber des Bundesheeres. Es gibt tägliche Überflüge, Soldaten werden geschickt. Er hat sich bei der Ukraine entschuldigt, dass er nicht mehr für sie tun kann. Florian Machl sieht die immerwährende Neutralität im Verfassungsrang. Dass die Aussage „gönnerhaft lächeln“ in Österreich vor Gericht kommt, macht ihn fassungslos. Das liege im Ermessen des Betrachters. Er ersucht um Freispruch und plädiert für Meinungsfreiheit.
Freispruch!
11:25 Uhr: Das Urteil lautet: FREISPRUCH!
11:30 Uhr: Der Richter schätzt die fraglichen Äußerungen als von der Meinungsfreiheit gedeckt ein, weist darauf hin, dass Politiker sich auch Kritik gefallen lassen müssen und konstatiert: Man hat das Recht, mit der Art der Amtsführung des Bundespräsidenten nicht einverstanden zu sein. Die Meinungsfreiheit hat also auch in Österreich noch einen Wert.
11:50 Uhr: Ausgelassene Stimmung vorm Gerichtsgebäude!
Ein Statement von Florian Machl nach dem Prozess: