Das Ende der Fahnenstange dürfte bei den explodierenden Energiepreisen noch lange nicht erreicht sein, die Lebenshaltungskosten steigen stetig, die Reallöhne sinken massiv. Zumindest den Stadtwerken in Deutschland ist klar, wohin das führen wird: Man rechnet mit einem extremen Anstieg der Zahlungsausfälle – mit kritischen Konsequenzen für die Versorger. Die Angst vor Insolvenzen wächst.
„Bisher lagen die Zahlungsausfälle unter einem Prozent“, erörterte der Hauptgeschäftsführer des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU), Ingbert Liebing, gegenüber den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Doch das ändert sich nun: „Jetzt preisen viele Stadtwerke schon bis zu acht Prozent an Verlusten ein. Es gibt aber auch Stadtwerke, die mit bis zu 15 Prozent Forderungsausfällen kalkulieren. Das wird dann bedrohlich.“
Liebing spricht von einer „kritischen Situation für eine kritische Infrastruktur“ und fordert ein Insolvenzmoratorium für Energieversorger. Für ihn steht außerdem fest: Es braucht endlich deutliche Entlastungen für die Verbraucher. Die gesenkte Mehrwertsteuer auf Gas reicht da nicht aus: Auch für Strom und Wärme fordert er Mehrwertsteuersenkungen auf sieben oder fünf Prozent; die Stromsteuer müsse zudem auf das zulässige Mindestmaß reduziert werden. Zusätzlich sollte der Empfängerkreis für Sozialleistungen erweitert werden.
Der VKU-Chef sieht die Gefahr nicht allein bei der Gaskrise: „Wir müssen aufpassen, dass Probleme, die wir im Gasbereich haben, nicht auf den Strombereich übertragen werden.“ Derzeit wird der Preis am Strommarkt durch das sogenannte Merit-Order-Prinzip bestimmt: Er richtet sich demnach nach dem jeweils am teuersten produzierenden Kraftwerk (sprich: Gaskraftwerken). Liebing sieht das kritisch: „Unter den gegenwärtigen Umständen ist es notwendig, über die Preisbildung auf den Märkten zu diskutieren.“
Hoffnung auf sinkende Preise gibt es nicht – im Gegenteil. Aktuell liegen die Preissteigerungen für Verbraucher meist noch zwischen 30 und 60 Prozent, einige Stadtwerke haben ihre Preise aber mehr als verdoppelt. Da die Stadtwerke langfristig Gas beschaffen, werden sich die Preiserhöhungen im kommenden Jahr fortsetzen. Derzeit werde laut Liebing noch Gas eingesetzt, das vor einem oder vor zwei Jahren zu günstigeren Konditionen eingekauft worden sei. „Und wenn wir auf die Börse schauen, dann kommen wir von unter 20 Euro pro Megawattstunde zu Beginn des vergangenen Jahres und liegen jetzt bei mehr als 300 Euro pro Megawattstunde.“