Eigentlich lebt der deutsche Fußball vielfach von seiner politischen Korrektheit: Durch Kniefälle, Regenbogenarmbinden und Co. hält man die Werbemaschinerie am Laufen und biedert sich brav ans System an. Wenn’s allerdings an die eigene Existenz geht, ist es ganz schnell vorbei mit der Schwänzelei: Nachdem gerade ein Fußballspiel abgesagt wurde, weil das Einschalten der Flutlichter mit den Energiesparmaßnahmen kollidieren würde, richtet der DFB-Vizepräsident Winkler plötzlich sehr scharfe Worte an die Bundesregierung.
Eigentlich hätte am Freitagabend das Eröffnungsspiel der Oberliga Süd des Nordostdeutschen Fußball-Verbandes (NOVF) zwischen dem FC Eilenburg und Wacker Nordhausen stattfinden sollen. Doch die Stadt Eilenburg sagte das Spiel ab: Man müsse schließlich Energie sparen – damit ist ein Flutlichtspiel nicht vereinbar.
In Anbetracht der Tatsache, dass nach geltendem Narrativ allein Wladimir Putin an der deutschen Energiekrise schuld sein soll und der DFB sich mit Solidaritäts-Bekundungen fast überschlägt, hätte man meinen können, dass diese Entscheidung ohne Murren hingenommen wird. Doch weit gefehlt: DFB-Vizepräsident Herrmann Winkler, der zugleich ehemaliger CDU-Politiker und seit 2021 Präsident des NOVF ist, zeigt sich empört. Er wittert bereits den nächsten „Stillstand“ des Sports – und fordert die Bundesregierung auf, endlich Lösungen für das selbstverschuldete Energieproblem zu finden.
Der Vereinssport wäre wieder einmal Leidtragender der Versäumnisse der Politik. Nach dem Corona-Lockdown und dem faktischen Sportverbot darf es im Herbst keinen Energie-Lockdown geben“, mahnte Winkler. Er sei es leid, ständig zu hören, dass der Krieg an allem schuld sei: „Nein, daran ist die Bundesregierung zumindest mitschuldig.“ Abgestelltes Warmwasser, kalte Turnhallen und Flutlichtverbote können in seinen Augen nicht die innovativen Lösungsansätze der Politik sein, um diese selbstverschuldete Energie-Krise in den Griff zu bekommen.
Er erwarte Rückendeckung von allen politischen Verantwortungsträgern, wenn es um das Sporttreiben gehe: von Kindern und Jugendlichen, aber auch hinsichtlich des Spielbetriebs in Regional- und Oberliga. „Sport dient der Gesunderhaltung des Körpers sowie dem gesellschaftlichen Zusammenhalt gerade in dieser Zeit. Damit ist er Daseinsvorsorge und Pflichtaufgabe für den Staat“, stellte Winkler fest.
Es wird sich zeigen, ob er sich mit seinen deutlichen Worten nicht doch auf dünnes Eis begibt: Statt mit herausragender Leistung glänzen weite Teile des deutschen Sports vor allem mit ganz viel Gesinnung – das kommt zwar bei einer großen Zahl der Fans keinesfalls gut an, scheint aber gerade im Fußball längst Gesetz zu sein.