Die Grundsicherung für Arbeitsuchende (Hartz IV) soll durch das sogenannte Bürgergeld abgelöst werden. Mittlerweile liegt der Gesetzentwurf von Bundesarbeitsminister Heil (SPD) vor – und erinnert bereits verdächtig an ein bedingungsloses Grundeinkommen, wie es etwa das WEF mit Begeisterung fordert. Kritik kommt vom Koalitionspartner FDP, aber auch von der Union: Gibt es überhaupt noch Anreize für Arbeitslose, wieder eine Arbeit aufzunehmen? Oder ist das Bürgergeld die ultimative Einladung in die „soziale Hängematte“?
Die Einführung des Bürgergeldes – nach dem Willen von Minister Heil zum 1. Januar 2023 – als Nachfolger von Hartz IV ist im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung fest vereinbart.
Am Mittwoch stellte Heil nun die Eckpunkte seines Gesetzentwurfs vor. Im Gegensatz zur Grundsicherung sollen die Auflagen weniger streng ausfallen und Leistungsbezieher sollen für ein halbes Jahr keine Leistungskürzungen fürchten müssen, selbst wenn sie z.B. Termine im Jobcenter nicht einhalten. Auch sollen die Regelsätze zum 1. Januar „angemessen steigen“. Was das genau bedeutet, bleibt offen. Sozialverbände und -politiker überbieten sich jedenfalls schon in Forderungen nach höheren Sozialtransfers. Laut einem FAZ-Artikel fordert beispielsweise der Paritätische Wohlfahrtsverband eine Erhöhung des Regelsatzes um 229 Euro (oder 51 Prozent) auf 678 Euro monatlich. Solche ausufernden Forderungen könnten Mehrausgaben von bis zu 50 Milliarden Euro nach sich ziehen.
Die FDP besteht allerdings auf die Beibehaltung von Sanktionen. „Das Bürgergeld soll eine Aktivierung sein und kein bedingungsloses Grundeinkommen“, sagte FDP-Chef Lindner der Funke Mediengruppe einem Vorabbericht zufolge.
Auch neue Berechnungsweisen zur Erhöhung der Regelsätze sieht er kritisch: „Es gibt ein bewährtes Verfahren, nach dem die Regelsätze an Preis- und Gehaltsentwicklung angepasst werden. Daran sollten wir festhalten“, sagte er. Dies werde bereits zu einer Erhöhung führen. Anstatt einer Anhebung der Leistungen schlägt Lindner bessere Zuverdienstmöglichkeiten für Leistungsbezieher vor: „Eine reine Erhöhung von passiven Leistungen wäre aber nicht fair gegenüber denjenigen, die mit geringem Lohn voll arbeiten und vom Staat keine Leistungen erhalten.“
Viele Menschen hätten kein Verständnis dafür, so Lindner, „dass sie mit ihren Steuern nicht nur Bedürftige unterstützen sollen, sondern auch jene, die vorsätzlich Termine nicht wahrnehmen oder angebotene Bildung und Arbeit ablehnen“. (Heils Vorschlag beinhaltet auch mehr Möglichkeiten und Anreize für Weiterbildung.) Solidarität müsse immer auch die Gegenleistung einbeziehen, die Hilfe der Gesellschaft nur so weit wie nötig in Anspruch zu nehmen. Parteikollege Jens Teutrine vertritt die gleiche Ansicht. Solidarität sei keine Einbahnstraße, sagte der in der FDP-Bundestagsfraktion für das Bürgergeld zuständige Abgeordnete der Nachrichtenagentur dpa. „Als Ultima Ratio sind Sanktionen daher angemessen und nötig.“
Auch die Union äußerte sich skeptisch zu den Bürgergeldplänen. CDU-Chef Friedrich Merz sagte am Donnerstag, er sei „sehr gespannt, ob es überhaupt noch irgendwelche Anreize gibt, in den Arbeitsmarkt zurückzukehren“. Auch Carsten Linnemann, der stellvertretende CDU-Vorsitzende, kritisierte in der „Bild-Zeitung“: „Mit dieser Reform hängen wir die Agenda 2010 endgültig an den Nagel. Es kann doch nicht sein, dass knapp zwei Millionen Stellen in Deutschland unbesetzt sind und die Ampel das Arbeiten durch die Abschaffung des Prinzips „Fördern und Fordern“ noch unattraktiver macht.“
Die Argumente von FDP und CDU gegen die Pläne Heils scheinen durchaus berechtigt. Es bleibt zu hoffen, dass die Liberalen nicht wieder „umfallen“ und doch noch alles abnicken, denn leider hat sich die FDP inzwischen einen Namen als „Umfaller-Partei“ gemacht. Es ist an Ungerechtigkeit und Zynismus kaum zu überbieten, dass Leistungsbezieher – insbesondere mit zusätzlichem Kindergeld durch zahlreiche Kinder – sich auf Kosten der Steuerzahler „einen lauen Lenz machen“ und ein vergleichbares, wenn nicht sogar besseres, auf jeden Fall aber sorgenfreieres Leben führen können als Teile der arbeitenden Bevölkerung, die für derartige Vorhaben mit ihren Steuergeldern aufkommen müssen. Heils Motto: „Mehr Geld, weniger Sanktionen“ kann daher nicht der gerechte Weg sein. Oder geht es mal wieder um Umverteilung von oben nach unten?