In Europa beginnt ein Umdenken: Die Nachkriegszeit ging am Morgen des 24. Februar 2022 zu Ende – die Staaten ordnen nun ihre Prioritäten neu und investieren wieder verstärkt in ihre Verteidigung. Nur die österreichische Politik, so mahnt Josef Puntigam, gibt sich nach wie vor mit Banalitäten und Plattitüden zufrieden und versteckt sich hinter einem Blatt Papier. Während die Regierung den Umschwung verschläft, lernen die Bürger eine neue Art von Angst kennen…
Kommentar, mit freundlicher Genehmigung von Brigadier a.D. Josef Paul Puntigam
In Wien und Graz, in Klagenfurt und Innsbruck, überall in Österreich geht das Alltagsleben weiter: Der Bäcker backt. Der Maurer mauert. Der Lehrer lehrt. Der Wachposten geht vor dem Schilderhaus hin und her und der Polizist steht mit der Radarpistole hinter dem Gebüsch. Alles sieht aus wie immer. Doch in unserem Inneren tobt ein Sturm.
Die Geschichte hat sich mit kohlrabenschwarzem Pinsel in unser Leben eingemischt. Ein böses Wort ist auf die Titelseiten der Zeitungen gerückt: KRIEG steht da jetzt, als sei es das Natürlichste der Welt.
Die Talkshows werden neuerdings bevölkert von Sicherheitsexperten. Die Rüstungsfirmen fahren Sonderschichten. Die Augen des russischen Präsidenten haben sich zu Schießscharten verengt. Auch die Politik in der EU trägt ernste Miene. Nur die österreichische Politik gibt sich nach wie vor mit Banalitäten und Plattitüden zufrieden. Später im Geschichtsbuch wird es heißen: Die Nachkriegszeit ging am Morgen des 24. Februar 2022 um 4:30 zu Ende. Nur, wird der Chronist anmerken, in Österreich, wie das Land damals hieß, bemerkte man den Umschwung nicht.
Zwei Fragen bewegen die zivilisierte Welt:
- Wie lange wird der Ukraine-Krieg noch andauern?
- Kann es zu einem großen europäischen Krieg – oder gar Weltkrieg kommen?
Welche Parameter sind weltweit bereits erkennbar (nicht in Österreich)?
Die Firmen mit dem größten Investitionsetat in Deutschland sind nicht mehr Mercedes oder Siemens, sondern die Bundeswehr. Die Verteidigungsministerin darf nunmehr 150 Milliarden Euro ausgeben, derweil die Bildungsministerin sich mit 20,3 Milliarden Euro, und damit mit 500 Millionen Euro weniger als in 2021, begnügen muss. Der Staat hat seine Prioritäten neu sortiert. So ist es in anderen westeuropäischen Staaten der EU nicht anders. Auch die Schweiz legt im Etat für die Verteidigung ihrer Neutralität zu. Und in Österreich ist es noch immer seitenverkehrt, dort boomen das Kulturbudget und natürlich auch das Sozialbudget für Neo-Österreicher. Das nennt man nicht Vorsorge, sondern Klientelbetreuung! Ja, so geht der österreichische Weg.
Sicherheit? Wehrhaftigkeit? Wehrfähigkeit? Noch nie in der österreichischen Bildungspolitik gehört – was ist das? Diese Frage bewegt die österreichische Politik nicht. Wir leben auf der Insel der Seligen, denn uns schützt ein Blatt Papier – Neutralitätsgesetz genannt. Das haben wir uns selber bestätigt, auch wenn das alle anderen so nicht sehen.
Daher wehe-wehe, wenn ich auf das Ende sehe! Denn in unserem Inneren tobt doch ein Sturm – der Sturm der Angst und Ungewissheit. Und wie die ängstlichen Buben, wenn sie durch den finsteren Wald gehen und pfeifen, singen wir: „Im Prater blühen wieder die Bäume!“ Aber stimmig ist der Gesang schon lange nicht mehr, denn die Politik hat uns ja in anderen Fragen gelehrt, Angst zu haben. Jetzt erlernen die Bürgerinnen und Bürger im Selbststudium die andere Angst – ohne Beifall der Politik.