Viele Japaner sind über die andauernde gewaltige US-Militärpräsenz im Land, vor allem auf Okinawa, nicht glücklich. Sie sehen sich als nach wie vor besetztes Land. Ein Aktivist ging nun in den Hungerstreik.
Während in Okinawa die Vorbereitungen für den 50. Jahrestag der Rückgabe der Präfektur an Japan am Sonntag getroffen werden, gibt es viele Inselbewohner, die sagen, dass sie keinen Grund zum Feiern haben. Sie sind der Meinung, dass die offiziellen Veranstaltungen anlässlich der Übergabe der südlichsten Präfektur Japans an das US-Militär im Jahr 1972 ein Anlass sein sollten, über den Schaden nachzudenken, der ihrer Kultur in den letzten fünf Jahrzehnten zugefügt wurde, über den Verlust ihrer Sprache und ihres Erbes, über die Umweltzerstörung ihres Landes und über das, was sie als anhaltende koloniale Besetzung der Inseln empfinden.
Ein Großteil des schwelenden Unmuts lässt sich auf die große US-Militärpräsenz auf Okinawa zurückführen, das nur 0,6 Prozent der gesamten Landmasse Japans ausmacht, aber 70,3 Prozent der US-Militäreinrichtungen im ganzen Land beherbergt. Insgesamt mehr als 47.000 US-Soldaten befinden sich derzeit noch im Land. Die Lokalität mag ein geografischer Zufall sein, da die Alliierten in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs auf den Inseln einmarschierten und sich nach dem Ende des Konflikts dafür entschieden, als Bollwerk gegen die von den Rivalen des Kalten Krieges im asiatisch-pazifischen Raum wahrgenommene Bedrohung zu bleiben, aber fast 80 Jahre nach Kriegsende sind viele Einheimische der Meinung, dass es für die Amerikaner an der Zeit ist, zu gehen.
Der 30-jährige Jinshiro Motoyama ist einer von ihnen. „Die japanische Regierung möchte, dass es eine Feierstimmung gibt, aber das ist nicht möglich, wenn man bedenkt, dass die Situation um die US-Stützpunkte immer noch ungelöst ist“, sagte der Doktorand am Freitag, dem fünften Tag seines Hungerstreiks, zu Reportern, wie „The Guardian“ berichtet. Er räumte dabei ein, dass die 1,4 Millionen Einwohner Okinawas im Laufe des letzten halben Jahrhunderts wohlhabender geworden seien – obwohl die Inselgruppe immer noch die ärmste der 47 japanischen Präfekturen ist -, sagte aber, dass die Insel immer noch wie ein quasi kolonialer Außenposten behandelt werde. „Das größte Problem seit der Rückgabe an Japan und seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs ist die Präsenz von US-Militärbasen, die in unverhältnismäßigem Umfang auf Okinawa errichtet wurden.“ Weiter sagte er: „Meine Hauptforderung ist die sofortige Beendigung der Arbeiten am neuen Stützpunkt in Henoko und eine Reduzierung der Gesamtzahl der US-Stützpunkte in Okinawa.“
Ein besonderes Ärgernis für die Einwohner von Okinawa sind die vielen Fälle von Vergewaltigungen durch US-Soldaten an den lokalen Mädchen. Selbst vor einem neun Monate alten Säugling und einer Grundschülerin machten US-Soldaten offenbar nicht Halt, wie eine Publikation einer Frauenrechtsgruppe auf der Insel verdeutlicht, über die die „Japan Times“ berichtet. Rund 350 Fälle von Vergewaltigungen und sexuellen Übergriffe durch US-Soldaten in den vergangenen Jahrzehnten wurden darin dokumentiert. Die Dunkelziffer soll jedoch deutlich höher liegen. Dies ist auch mit ein Grund, warum es immer wieder zu Protesten gegen die US-Militärbasen auf der Insel kommt.
Angesichts dessen, dass sich die pro-amerikanische Zentralregierung in Tokio stets zur Sicherheitsallianz mit den Vereinigten Staaten bekannt hat, ist es jedoch unwahrscheinlich, dass Jinshiro Motoyamas Hungerstreik irgendetwas bewirken wird. Diese Aktion wird sich – wie die vielen Massenproteste mit zehntausenden Menschen – in die eher erfolglosen Aktionen der Vergangenheit einreihen, so lange die Japaner weiterhin für jene Parteien stimmen, die den Status Quo beibehalten wollen, anstatt sich für eine wirkliche nationale Souveränität einzusetzen. Eine ähnliche Situation also wie in der Bundesrepublik Deutschland.