In Österreich musste man sie zumindest aussetzen, doch in Deutschland laufen die Pläne für die allgemeine Impfpflicht unbeirrt weiter: Anfang April soll die Abstimmung im Bundestag stattfinden. Mehrere Entwürfe stehen zur Debatte: Eine Impfpflicht ab 18 Jahren, eine Impfpflicht ab 50 und ein Impfmechanismus nach einem Stufenmodell. Zudem existieren Anträge gegen eine Impfpflicht.
Gesundheitsminister und Pharma-Lobbyist Karl Lauterbach sowie Bundeskanzler Olaf Scholz sind für den gesetzlichen Impfzwang ab 18 Jahren. Dieser Gesetzesentwurf sieht vor, dass Volljährige ab dem 1. Oktober dreifach geimpft sein müssen. Kontrolleure der Impfpflicht sollen die Krankenkassen sein.
Krankenkassen wollen nicht mitspielen
Jedoch: Die laufen gegen diesen Entwurf Sturm. Schon als bekannt wurde, dass die Impfpflicht-Befürworter in der Regierung sich die Kassen als Handlanger ausgeguckt hatten, zeigte man sich dort empört: Die Durchsetzung und Kontrolle einer Impfpflicht ist laut Krankenkassen-Sprechern nämlich die Aufgabe des Staates. Dennoch sieht der aktuelle Entwurf für die Impfpflicht ab 18 weiterhin vor, dass die Krankenkassen alle ihre Mitglieder bis Mitte Mai anschreiben und über die Impfpflicht informieren. Ab Oktober sollen Impfnachweise dann auf Anforderung den Krankenkassen vorgelegt werden.
Kassenvertreter äußerten sich gegenüber Focus Online entsetzt über den Entwurf und halten ihn für nicht umsetzbar. Weder das Verfassen von Millionen Schreiben an die Versicherten bis Mitte Mai noch die kurzfristige Schaffung einer zentralen Plattform für die Impfdaten betrachtet man bei den Kassen als realistisch. Außerdem lehnt man die Rolle als Kontrolleur des Impfstatus der Bürger nach wie vor ab. Weder habe man die personellen noch die fachlichen Kapazitäten dafür – und ganz nebenbei könne man mit dem derzeit verfügbaren Personal eventuelle Fragen der Patienten zu den Impfstoffen nicht beantworten. Die Abgeordneten wissen darüber laut Focus-Informationen durchaus Bescheid, halten an ihrem Entwurf aber trotzdem fest.
Lauterbach bangt um Mehrheit für Impfpflicht ab 18
Und das ist nicht der einzige Faktor, der die Impfpflicht ins Wanken bringt: Im Bundestag herrscht im Hinblick auf die verschiedenen Entwürfe und Anträge Uneinigkeit. Karl Lauterbach bereitet das sichtlich Sorgen – so wandte er sich bereits mit einem Kooperationsangebot an die Befürworter anderer Impfpflicht-Modelle als der allgemeinen Impfpflicht ab 18. Er hat Angst um das Erreichen der Mehrheit für den Impfzwang und mahnt, es sei nicht sinnvoll, sich als Impfpflichtbefürworter gegenseitig die Stimmen wegzunehmen. Man solle einen gemeinsamen Antrag erstellen, dem dann die Mehrheit sicher wäre. Vor allem die Union hatte er dabei im Blick: Deren Mitglieder haben nämlich fast einstimmig den Entwurf eines Impfmechanismus nach einem Stufenmodell angenommen – 197 Stimmen wären diesem Entwurf damit bei der Abstimmung bereits sicher. Lauterbachs favorisierter Entwurf für die Impfpflicht ab 18 soll 233 Unterstützer haben – für eine absolute Mehrheit wären jedoch 368 Stimmen nötig.
Lauterbach beißt mit seinem „Angebot“ jedoch auf Granit. Der gesundheitspolitische Sprecher der Union, Tino Sorge, sagte am Montag: „Wenn Minister Lauterbach nun über die Zusammenführung von Anträgen spekuliert, ist das Chaos perfekt. Damit gesteht er ein, dass die von ihm geforderte Impfpflicht ab 18 keine Chance hat.“ Für ihn steht fest, dass Olaf Scholz und Karl Lauterbach „vor einer politischen Niederlage“ stehen: „Sie werden sich von der allgemeinen Impfpflicht verabschieden müssen.“
Sorge hält wenig von den Plänen einer allgemeinen Impfpflicht: „Weder hätte sie eine Mehrheit im Parlament, noch wäre sie wissenschaftlich oder verfassungsrechtlich wasserdicht.“ Der Plan von CDU und CSU wird als „Impfvorsorgegesetz“ tituliert – ein gesetzlicher Impfzwang könnte demnach „nach einem eingehenden Blick auf die Schwere der grassierenden Virusvariante, deren Übertragbarkeit, die Wirksamkeit der Impfstoffe und die Immunität in der Bevölkerung“ in Kraft treten. Das ist freilich alles Definitionssache, sodass auch dieser Entwurf für Impfpflicht-Kritiker strikt abzulehnen ist – doch immerhin könnte genau dieser Entwurf die Mehrheit für die Impfpflicht ab 18 blockieren; die anderen Anträge haben nämlich deutlich weniger Unterstützer. Nach aktuellem Stand kann keiner der Anträge eine Mehrheit erzielen.
Das macht zwar durchaus Hoffnung – jedoch wird das die Bundesregierung nicht davon abhalten, den Impfzwang weiterhin indirekt aufrecht zu erhalten. Das Volk darf im Widerstand entsprechend nicht nachlassen.