Obwohl sich Berlin gegen ein Ölembargo gegen Russland sträubt, will Washington dies weiterhin umsetzen. Dies könnte, so Warnungen aus Moskau, die Preise auf über 300 Dollar pro Fass treiben. Wer kann sich Benzinpreise von mehr als fünf Euro pro Liter leisten?
Die Vereinigten Staaten wollen Berichten zufolge bereits am heutigen Dienstag über einen Gesetzesvorschlag zum Abbruch der Handelsbeziehungen mit Russland und Weißrussland abstimmen. Das heißt, auch die Öllieferungen sollen mit einem Embargo belegt werden. Wie üblich nimmt Washington bei solchen Strafmaßnahmen keine Rücksicht auf deren Alliierten, so dass die Einwände Berlins, dass ein Kollaps der Versorgung den „sozialen Zusammenhalt“ bedrohe, bei den Überlegungen der Amerikaner keine Rolle spielen. Immerhin haben sie eine eigene starke Ölversorgung und könnten die Inlandsproduktion Preiskontrollen unterwerfen, was die finanziellen Auswirkungen eines Ölpreisschocks deutlich abschwächen würde. Die Europäer haben das nicht. Zudem gerät der Euro gegenüber dem US-Dollar unter Druck, was die Preise noch weiter erhöht, da Erdöl auf Dollar-Basis gehandelt wird.
Der stellvertretende russische Ministerpräsident, Aleander Nowak, warnte laut der Nachrichtenagentur Interfax jedoch davor, dass ein Verbot von russischem Öl katastrophale Folgen für den Weltmarkt hätte. Er warnte ebenso davor, dass Europa Russland zu einem Embargo der Gaslieferungen durch Nord Stream 1 drängt, die derzeit bis zur maximalen Kapazität gefüllt ist. Moskau habe eine entsprechende Entscheidung noch nicht getroffen. „Europa verbraucht heute rund 500 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr, und 40 % davon kommen aus Russland. Russland ist seit Jahrzehnten ein zuverlässiger Partner, egal was passiert. Und auch jetzt kommt Gazprom seinen vertraglichen Verpflichtungen zur Lieferung von Gas nach Europa in vollem Umfang nach“, so Novak. Novak warnte, dass „niemand von einem Embargo für die Gaslieferungen über Nord Stream 1 profitieren würde“ und sagte, dass es länger als ein Jahr dauern würde, die russischen Öllieferungen nach Europa zu ersetzen. Er warnte auch davor, dass ein weltweites Embargo gegen russisches Öl die Preise auf über 300 Dollar pro Barrel treiben könnte, obwohl er sagte, dass Russland wisse, wohin es das Öl umleiten würde, wenn Europa und die USA es ablehnen.
Zwar versuchen die Amerikaner und die Europäer andere ölproduzierende Länder zu einer Erhöhung ihrer Produktionskapazitäten zu bewegen, doch deren Möglichkeiten sind limitiert. Denn in den letzten Jahren wurde kaum in neue Förderanlagen investiert, weil die ganze Welt auf einer „grünen Welle“ unterwegs war und auch die Nachfrage während der Lockdowns massiv sank. Im Jahr 2020 fielen die Investitionen demnach mit nur mehr 350 Milliarden Dollar auf ein 15-Jahres-Tief. Im Jahr 2019 waren es noch rund 600 Milliarden Dollar. Einfach so die Produktion hochfahren geht nicht. Zudem werden auch die Ölproduzenten Venezuela und Iran sanktioniert, was Lieferungen von dort erschwert.
Doch das ist noch nicht alles. Gerade in Deutschland und Österreich haben Steuern und Abgaben zu einer massiven Verteuerung von Energie geführt. Rund die Hälfte des Tankstellenpreises in Deutschland sind Abgaben wie die MWSt, Ökosteuer, Energiesteuer, EBV, und EEG-Umlage. Das heißt, zumindest partiell könnten die Regierungen mit der Aussetzung diverser Steuern noch entgegensteuern. Denn die Mindereinnahmen durch solche temporären Steuersenkungen wären geringer als jene infolge der Zerstörung der Industrie und des Gewerbes durch zu hohe Energiepreise. Dennoch verkündete Deutschlands Finanzminister Christian Lindner (FDP) bereits, er schließe Steuersenkungen für Treibstoff aus.