Der baldige Zusammenbruch von Evergrande, dem am höchsten verschuldeten Unternehmen der Welt, wird als die größte Unternehmensinsolvenz in der Geschichte Chinas eingehen und könnte Berichten zufolge schließlich zu einem „Great Reset“ oder einer katastrophalen Implosion des globalen Finanzsystems führen.
Eines der größten chinesischen Bauunternehmen, die China Evergrande Group, ist am Mittwoch zum zweiten Mal mit den Zinszahlungen an internationale Investoren in Verzug geraten. Dies teilte die Deutsche Marktscreening Agentur (DMSA), eine Investorengesellschaft, mit. „Die DMSA ist selbst in diese Anleihen investiert und hat bis zum heutigen Ende der tilgungsfreien Zeit keine Zinszahlungen erhalten“, teilte das Unternehmen in einer Pressemitteilung mit. „Nun bereitet die DMSA ein Insolvenzverfahren gegen Evergrande vor und ruft alle Anleiheinvestoren auf, sich dem anzuschließen.“
Der Investor wies darauf hin, dass die China Evergrande Group im September die Zinszahlungen für zwei Anleihen versäumte, wobei die 30-tägige Nachfrist im Oktober ablief. Kurz vor Ablauf der Nachfrist wurde die Öffentlichkeit jedoch durch Gerüchte über angebliche Zinszahlungen in die Irre geführt“. Nach Angaben der DMSA (Deutsche Marktscreening Agentur) erkannten sie Ende Oktober, dass ein Zahlungsausfall unvermeidlich war.
Naivität der Investoren
„Doch während der internationale Finanzmarkt den finanziellen Turbulenzen um den taumelnden Riesen Evergrande bisher mit einem bemerkenswerten Grundvertrauen – man kann auch sagen: mit bemerkenswerter Naivität – begegnet ist, hat die US-Notenbank Fed gestern unsere Einschätzung bestätigt“, wird Dr. Marco Metzler, Senior Analyst des Unternehmens, in der Pressemitteilung zitiert. „In ihrem jüngsten Stabilitätsbericht hat sie ausdrücklich auf die Gefahren hingewiesen, die ein Zusammenbruch von Evergrande für das globale Finanzsystem haben könnte.“
Der Pressemitteilung zufolge hat die DMSA in Evergrande-Anleihen investiert, um als Gläubiger gegen das Unternehmen einen Konkursantrag stellen zu können. Die tilgungsfreie Zeit für diese Anleihen ist jedoch am Mittwoch abgelaufen. Evergrande wäre verpflichtet gewesen, bis zum heutigen Stichtag 148,13 Millionen Dollar an Zinsen für drei Anleihen zu zahlen. „Bislang haben wir jedoch noch keine Zinsen für unsere Anleihen erhalten“, sagte Metzler. „Da die Banken in Hongkong heute geschlossen haben, ist es sicher, dass diese Anleihen ausgefallen sind.“
Evergrande hat insgesamt 23 ausstehende Anleihen, die nach Angaben der DMSA alle eine Cross-Default-Klausel haben. Metzler erklärte, wenn auch nur eine dieser Anleihen ausfalle, was heute geschehen sei, ändere sich der Status der übrigen 23 Anleihen automatisch in „Ausfall“. Allerdings müsse die Evergrande-Gruppe dadurch nicht sofort Konkurs anmelden, warnte der Investor. Zur Feststellung des Konkurses muss ein Insolvenzantrag bei Gericht eingereicht werden. „Dies kann entweder durch das Unternehmen selbst oder durch einen oder mehrere Gläubiger des Unternehmens geschehen. Und genau das ist jetzt geplant“, so die DMSA. Nach Angaben von Metzler bereitet das Unternehmen derzeit ein Insolvenzverfahren gegen den chinesischen Entwickler vor. „Wir führen diesbezüglich bereits Gespräche mit anderen Investoren. Wir würden uns freuen, wenn sich weitere Investoren unserem Aktionsbündnis anschließen würden“, so Metzler weiter.
Gefährlicher Kollaps
Evergrande hat mit Verbindlichkeiten in Höhe von mehr als 300 Milliarden US-Dollar zu kämpfen, von denen 19 Milliarden US-Dollar internationale Marktanleihen sind. Das heißt, wenn Evergrande kollabiert, wird eine gewaltige Schockwelle durch das chinesische Finanzsystem rasen. Und nicht nur das: auch das internationale Finanzsystem wäre davon betroffen. Die chinesische Führung würde dadurch zudem destabilisiert. Zig Millionen von chinesischen Anlegern wären davon betroffen und würden ihren Unmut auch lautstark kundtun. Da stellt sich die Frage, ob Peking die Massen beruhigen können wird.
Zwar konnte Evergrande den Konkurs laut Bloomberg in letzter Minute noch abwenden, doch lange wird das nicht mehr funktionieren. Der Konzern wird bald nicht mehr in der Lage sein, seinen finanziellen Verpflichtungen nachzukommen. Wenn es schon ein Kraftakt war, die ausstehenden rund 150 Millionen Dollar aufzubringen um die Insolvenz abzuwenden, wie soll das bei den nächsten Zahlungen dann klappen? Vor allem dann, wenn diese deutlich größer sind als diese Summe. Die chinesische Führung muss sich also warm anziehen. Aber auch Anleger auf den internationalen Finanzmärkten sollten das Risiko ernst nehmen.