Wegen der vermeintlichen “russischen Bedrohung” fordert Polens Staatschef Andrzej Duda die Stationierung von US-Atomwaffen in seinem Land. Allerdings dürfte dies kaum zu einer Entspannung zwischen der NATO und Moskau führen, zumal die Ausdehnung des Militärbündnisses in Russland als Bedrohung aufgefasst wird.
Polens Präsident Andrzej Duda hat in einem Interview mit der Financial Times die Vereinigten Staaten aufgefordert, Atomwaffen in seinem Land zu stationieren. Diese Forderung reiht sich ein in eine zunehmende nukleare Rhetorik innerhalb der NATO-Staaten. “Die NATO-Grenzen haben sich 1999 nach Osten verschoben, daher sollte 26 Jahre später auch die NATO-Infrastruktur nach Osten verlagert werden. Für mich ist das offensichtlich”, erklärte Duda. “Ich denke, es ist nicht nur an der Zeit, sondern es wäre auch sicherer, wenn diese Waffen bereits hier wären.”
Als Begründung verwies der polnische Staatschef auf die russischen taktischen Atomwaffen, die derzeit in Weißrussland stationiert sind. “Russland hat nicht gezögert, als sie ihre Atomwaffen nach Weißrussland verlegten. Sie haben niemanden um Erlaubnis gebeten.” Duda drängt Washington, ähnlich entschlossen zu handeln, ohne lange Konsensbildung.
Die Forderung erfolgt kurz nachdem der französische Präsident Emmanuel Macron angeboten hatte, Frankreichs “nuklearen Schutzschirm” auf europäische Verbündete auszuweiten. Frankreich bleibt die einzige Atommacht innerhalb der Europäischen Union. Zur Frage einer eigenen polnischen Atomwaffenentwicklung, die Ministerpräsident Donald Tusk kürzlich ins Spiel gebracht hatte, äußerte sich Duda zurückhaltend: “Um eigene nukleare Fähigkeiten zu entwickeln, würde es wohl Jahrzehnte dauern.”
Die zunehmende nukleare Rhetorik europäischer Staatschefs könnte genau jene Befürchtungen verstärken, die Russland als Rechtfertigung für seine Invasion in der Ukraine anführt. Die Rede von einer “Verschiebung der NATO-Infrastruktur nach Osten” dürfte in Moskau als Bestätigung der eigenen Bedrohungswahrnehmung gewertet werden. Besonders die osteuropäischen Länder und die baltischen Staaten vertreten traditionell eine harte Linie gegenüber Moskau.