Schon wieder gab es eine Hausdurchsuchung aufgrund einer Strafanzeige wegen Politiker-Beleidigung. Die CSU-Bundestagsabgeordnete Dorothee Bär hatte einen X-User angezeigt, weil er sie einen „hirnlosen Krapfen“ genannt hatte. Die Hausdurchsuchung bei dem Mann fand Ende November statt, Anfang Dezember behauptete Bär, sie würde Beleidigungen nur anzeigen, wenn sie „hochdramatisch problematisch“ wären.
In der ARD-Talkshow „Hart aber fair“ wurde am 2. Dezember zum Thema: „Hass und Gewalt gegen Frauen: Ist Empörung genug?“ diskutiert. Auf die Frage, ob sie sich bei Anfeindungen juristisch zur Wehr setzen würde, hatte die CSU-Politikerin geantwortet: „Ja, allerdings tatsächlich nur, wenn es wirklich nur ganz hochdramatisch problematisch ist, dass es bis hin zu Morddrohungen geht, also bei so Beleidigungen nicht.“
Offenbar ist es für Bär schon „hochdramatisch problematisch“ oder gar eine Morddrohung, wenn sie als „hirnloser Krapfen“ bezeichnet wird. Wie das Online-Medium NIUS berichtet, vertritt der Strafverteidiger Konstantin Grubwinkler einen Mandanten, der von Bär angezeigt wurde. Stein des Anstoßes war ein Kommentar des Mannes auf der Plattform X. „Wie kann so ein hirnloser Krapfen nur stellvertretende Vorsitzende von irgendwas sein?“, hatte er geschrieben.
Grubwinkler betont, dass es nicht mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vereinbar sei, dass sein Mandant wegen eines solchen Kommentars eine Hausdurchsuchung erdulden musste. Das Gericht habe wiederholt klargestellt: „Eine Durchsuchung der Wohnung stellt einen gravierenden Eingriff in das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung dar und muss in einem angemessenen Verhältnis zur Schwere der Tat stehen.“
Für den Strafverteidiger ist die Maßnahme nicht verhältnismäßig. Laut Nius prangerte er an: „Wo ist da die Verhältnismäßigkeit? Wenn das verhältnismäßig sein soll, dann können wir uns die Sache mit der Verhältnismäßigkeit gleich sparen. Wenn das so abläuft, können wir uns den Richter-Vorbehalt auch sparen. Dass Richter so etwas unterschreiben, da fühle ich mich in Deutschland nicht zu 100 Prozent sicher. Weil du immer irgendwie die Angst haben musst, dass die Tür von der Polizei eingetreten wird, weil irgendjemand etwas angezeigt hat, was ihm nicht passt, und ein Richter das durchwinkt. Da fühle ich mich vom Rechtsstaat im Stich gelassen, in einem Land, in dem sowas möglich ist. Ermittlungsrichter sind nicht dafür da, Gehilfen der Polizei zu sein bei der Durchsuchung, sondern dafür, das Handeln der Polizei auf Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Das ist eines der Kerngebiete des Rechtsstaates.“
Eine Hausdurchsuchung wegen eines Postings kann man nur als absurd bezeichnen. Aufgrund einer Gesetzesverschärfung aus dem Jahr 2021 müssen Bürger mit einem Besuch der Polizei rechnen, wenn sich Politiker beleidigt fühlen. Paragraf 188 StGB, auch Majestätsbeleidigungsparagraf genannt, wird von Politikern und der Justiz offensichtlich dazu genutzt, die Bürger einzuschüchtern – so wird die Meinungsfreiheit sukzessive ausgehöhlt und beschnitten.