Die aktuellen Entwicklungen in Syrien haben das Potenzial, den ohnehin stark brodelnden Konflikt in der Region zu einem gefährlichen Flächenbrand auszuweiten. Israelis und Amerikaner nehmen immer wieder diverse, mit dem Iran in Verbindung gebrachte Stellungen ins Visier.
Die israelische Luftwaffe hat am Donnerstag wieder einmal ihre Visitenkarte in den Vororten von Damaskus hinterlassen. Zwei Wohngebäude in Mazzeh und Qudsaya wurden zu Trümmerhaufen reduziert. Die Bilanz: 15 Tote, 16 Verletzte – zumindest wenn man den Angaben der syrischen Nachrichtenagentur SANA Glauben schenkt. Interessant ist die ungewöhnliche Offenheit, mit der das israelische Armeeradio diesmal die Angriffe kommentierte. Man habe Hauptquartiere des Islamischen Dschihad ins Visier genommen – jener Gruppierung, die seit dem 7. Oktober 2023 Seite an Seite mit der Hamas kämpft und israelische Geiseln in ihrer Gewalt hat.
Doch das ist nur die eine Seite der Medaille. Am anderen Ende des syrischen Schachbretts mischt auch Uncle Sam kräftig mit. Das US-Zentralkommando CENTCOM hat diese Woche gleich zweimal zugeschlagen. Ihr erklärtes Ziel: „iranisch ausgerichtete“ Milizen im Osten des Landes. Neun Ziele in zwei verschiedenen Gebieten wurden attackiert, mindestens neun Kämpfer pro-iranischer Gruppen fanden dabei den Tod. Die amerikanische Präsenz in Syrien – noch immer etwa 1.000 Soldaten stark – gleicht dabei einem Balanceakt auf dem Hochseil. Ursprünglich von Trump mit dem pragmatischen Motto „Sichert das Öl“ legitimiert, sitzen die US-Truppen wie auf einem Pulverfass. Regelmäßig werden ihre Stützpunkte von lokalen Milizen unter Beschuss genommen.
Was sich hier abspielt, ist nichts weniger als ein Stellvertreterkrieg zwischen der pro-iranischen „Achse des Widerstands“ und dem US-israelisch-Golf-arabischen Block. Die Amerikaner spielen dabei ein gefährliches Spiel: Je länger sie bleiben, desto größer wird das Risiko für ihre Soldaten – und das für einen strategischen Nutzen, der zunehmend fragwürdig erscheint. Die Kurden, bisher verlässliche Partner der USA, könnten schon bald ihren Frieden mit Damaskus machen. Auch die Türkei sieht die amerikanische Präsenz mit zunehmendem Unmut. Die Frage ist nicht, ob, sondern wann sich das Blatt wendet.
In der Zwischenzeit verwandelt sich Syrien immer mehr in einen Boxring, in dem verschiedene Mächte ihre geopolitischen Muskeln spielen lassen. Die Zivilbevölkerung bleibt dabei ein tragischer Kollateralschaden in diesem makabren Machtpoker. Während die Großmächte ihre strategischen Interessen verfolgen, zahlen die Menschen vor Ort den höchsten Preis. Ein altes afrikanisches Sprichwort bringt es auf den Punkt: „Wenn die Elefanten kämpfen, leidet das Gras.“ In Syrien wird diese Weisheit wieder einmal auf erschreckende Weise Realität.