Ob Klaus Schwab diese Rede erwartet hatte, als er Argentiniens neuen Präsidenten Javier Milei freudig als Redner beim WEF in Davos ankündigte, ist fraglich: Der „Anarcho-Kapitalist“ stellte sich vor die versammelte Mannschaft und erörterte den Anwesenden, warum ihre Träume einer neuen sozialistischen Weltordnung die Welt in den Abgrund stürzen werden. Zuletzt ging ein Satireclip viral, in dem Klaus Schwab und seinen Anhängern ein herzliches „F*ck you“ entgegengeschleudert wurde. Mileis Auftritt am gestrigen Tag war real – und hatte im Kern dieselbe Aussage.
Javier Milei ersetzte im Dezember 2023 seinen linken Vorgänger Alberto Angel Fernandez als Präsident Argentiniens – und sorgte damit in westlichen Ländern für Bluthochdruck bei Politikern und Mainstreamjournalisten. Der libertäre Unternehmer wird medial als der spanischsprachige Donald Trump und als „Klimalügner“ betitelt. Libertäre Strömungen werden vom WEF als größte Gefahr für die eigene Agenda betrachtet; dennoch ließ man Milei beim diesjährigen Treffen in Davos auf die Bühne treten. Pikant: Im Gegensatz zu den Globalisten, die angeblich die Welt vor dem „tödlichen“ CO2 retten wollen, reiste er per Linienflug der Lufthansa an.
Die westliche Welt ist in Gefahr
Dass Javier Milei den Öko-Sozialismus, den die selbsternannte Elite des World Economic Forums (wenn auch unter anderen Bezeichnungen) so gern predigt, nicht loben würde, war zu erwarten. Er hielt sich in seiner Rede nicht zurück und entlarvte die Lügen vom „bösen“ und ach so ungerechten Kapitalismus. Stattdessen nahm er den Sozialismus aufs Korn, der als neues Allheilmittel gepriesen wird. Er startete mit den Worten: „Ich bin hier, um Ihnen zu sagen, dass die westliche Welt in Gefahr ist und gefährdet ist, weil diejenigen, die die Werte des Westens verteidigen sollen, von einer Weltvision vereinnahmt werden, die untrennbar zum Sozialismus und damit zu Armut führt.“
In seiner Rede prangert Milei an, wie einige wenige sich als privilegiert empfindende Individuen echte Freiheit durch Kollektivismus ersetzen wollen. Kollektivismus sei aber nie eine Lösung für die Probleme, die uns beschäftigen, sondern eher die Wurzel allen Übels. Im Hinblick auf die Geschichte nicht nur Argentiniens, sondern der Welt insgesamt, erörtert er, dass ein freier Kapitalismus das einzige System sei, das Armut weltweit auf moralisch vertretbare Weise besiegen kann. Der Kapitalismus habe im 19. Jahrhundert zu einem explosionsartigen Anstieg des Wohlstands geführt. Das weltweite BIP habe sich nach der industriellen Revolution mehr als verfünfzehnfacht, 90 Prozent der Weltbevölkerung seien aus der Armut befreit worden.
Milei geht anschließend auf Behauptungen ein, der Kapitalismus mit Fokus aufs Individuum sei ungerecht und der Sozialismus gut, weil er am Kollektiv ausgerichtet sei. Doch soziale Gerechtigkeit sei erwiesenermaßen eine Traumvorstellung, die auf hohen Steuern basiere, die durch Zwang erhoben werden: „Je höher die Steuerbelastung, desto höher der Zwang, desto niedriger die individuelle Freiheit.“ Milei, selbst erfolgreicher Unternehmer (und nicht etwa Kinderbuchautor wie Deutschlands Wirtschaftsminister), weist darauf hin, dass Sozialismus die Entwicklungsprozesse und Innovationen behindert, die der Kapitalismus fördert, und somit der Gesellschaft insgesamt schadet.
„Wir wissen, dass wir heute freier sind, wohlhabender und in friedlicheren Zeiten leben als je zuvor“, mahnte er. All das sei möglich durch wirtschaftliche Freiheit. Der Kapitalismus sei in Wahrheit das einzige sozial gerechte System. „Ein freier Zugang zum Markt, gerechte Arbeitsteilung und Zusammenarbeit führt zum Erfolg, führt zu besseren Gütern, besseren Dienstleistungen für alle.“ Milei betrachtet erfolgreiche Unternehmer entsprechend als Helden.
Eingreifen des Staats ist Wurzel allen Übels
Der Westen öffne dem Sozialismus, der zwangsweise zu Armut führt, nun wieder Tür und Tor. Er verweist auf 100 Millionen Opfer des Sozialismus, auf das konsequente Scheitern dieses Systems in jedweder Hinsicht. Sobald sozialistische Modelle nicht erfolgreich sind, werde den Märkten die Schuld zugewiesen. Dabei führe Sozialismus zu Markt- und Preisverzerrungen und verhindere Investitionen und Wachstum. Märkte können nicht scheitern, sie spiegeln laut Milei die soziale und wirtschaftliche Zusammenarbeit wider. Hier werde Eigentum gehandelt. „Wenn Transaktionen auf freiwilliger Basis durchgeführt werden, dann kann es nur zu einer Fehlfunktion der Märkte kommen, wenn es Zwänge gibt. Und die einzigen Zwänge, die heute durchgesetzt werden, werden durch den Staat durchgesetzt. Wenn es Probleme auf den Märkten gibt, sollte man sich deshalb immer ansehen, ob der Staat hier eingegriffen hat.“
Staatliches Eingreifen führe immer zu negativen Konsequenzen. Milei schildert eine Abwärtsspirale: Der Staat muss immer stärker eingreifen, um die schon entstandenen Probleme zu mildern – und macht sie schlimmer. Die Folge sei, dass die Armut zunehme und wir kollektiv ärmer werden.
Mittel zum Zweck: Geschlechterkampf und Klimawahn
Sozialisten hätten ihre Rhetorik mittlerweile angesichts stetiger Misserfolge ihres Systems angepasst und neue soziale Konflikte gefunden, die ins Zentrum der Aufmerksam gerückt werden. Als Beispiel nennt Milei den „lächerlichen Kampf der Geschlechter“: „Wir wissen, wir alle haben dieselben Rechte, die uns zustehen. Und wir wissen, dass diese radikale Agenda der Feministinnen Hürden aufbaut für wirtschaftliche Entwicklung und außerdem von Akteuren kommt, die absolut keinen Beitrag zu einer positiven Entwicklung geleistet haben.“ Nachfolgend geht er auch auf das Narrativ ein, der Mensch würde den Planeten zerstören und wir müssten ihn um jeden Preis retten. Selbst mitunter blutige Vorstellungen von Bevölkerungskontrolle konnten sich Milei zufolge durchsetzen, weil Neomarxisten die Medien, die Universitäten und internationale Organisationen auf ihre Seite gezogen haben. Diese Institutionen beeinflussten wirtschaftliche und politische Entscheidungsträger stark.
Dass der Westen sich nun dem Sozialismus zuwendet, bezeichnet er als lächerliche Entwicklung. Heutzutage müsse der Staat dabei nicht mehr direkt über die Produktionsmittel verfügen, er entscheide dennoch über das Leben der Bürger – etwa über die Kontrolle von Zinssätzen, das Lenken von Geldströmen, durch Eingriffe in den Markt. Im Westen werde heute nur dieses eine Modell vorangetrieben, das dem Staat eine klare Mitbestimmung über seine Bürger einräumt. Ob die Verfechter sich nun Sozialdemokraten, Sozialisten, Neonazis oder fortschrittliche Globalisten nennen würden, sei dabei egal. In jedem Falle wende man sich von eben dem System ab, das den Wohlstand ermöglichte, den wir heute genießen.
„Geben Sie nicht nach!“
Er fordert die Zuhörer dazu auf, dem entgegenzuwirken. Argentinien habe die Konsequenzen einer Hinwendung zum Sozialismus am eigenen Leib erfahren. „Deswegen stehe ich heute vor Ihnen und möchte Sie warnen. Ich möchte Sie warnen davor, was Ihnen bevorstehen könnte, wenn Sie sich im Westen dazu entscheiden, ebenfalls diesen Weg einzuschlagen.“ Alle Unternehmer im Raum und jene, die zugeschaltet sind, dürften sich nicht einschüchtern lassen von der politischen Klasse, „von den Parasiten, die heute vom Staat profitieren“. Er schließt mit den Worten:
Geben Sie nicht nach, denn diese politische Klasse möchte heute ihre Macht halten. Sie sind die Helden von heute und von morgen. Sie sind dafür zuständig, dass wir dieses Zeitalter des Wohlstands noch fortführen können. Und das ist absolut moralisch. Wenn Sie heute diese Rolle haben, dann weil Sie ein gutes Produkt anbieten, weil Sie eine gute Dienstleistung anbieten, bieten Sie den staatlichen Entwicklungen die Stirn. Der Staat ist nie die Lösung. Der Staat ist immer das Problem. Sie sind die eigentlichen Protagonisten dieser Geschichte. Und lassen Sie sich gesagt haben, dass Argentinien von heute an an Ihrer Seite steht. Vielen Dank und es lebe die Freiheit, verdammt noch mal!
Ein vollständiges Transkript von Mileis Rede in deutscher Sprache lesen Sie bei der Weltwoche.
In den sozialen Netzen wird seine Rede nun gefeiert. Beim Mainstream zeigt man sich weniger erfreut. Bei der Wirtschaftswoche behauptete man etwa, er inszeniere sich als „Anti-Habeck“ – ganz so als würde ein erfolgreicher Unternehmer sich selbst mit einem Kinderbuchautor vergleichen, der gerade mit seiner grünen Politik eine Industrienation zugrunde richtet. Tatsächlich sind Habeck und seine schon jetzt katastrophale Bilanz für Deutschland lediglich der wandelnde Beweis für all das, was Milei in seiner Rede beschrieben und angeprangert hat, denn die Ampel torpediert den freien Markt auf ganzer Linie, subventioniert grüne Technologien, die auf einem freien Markt nicht konkurrenzfähig wären, verhindert Innovationen und Fortschritt und lässt die Bürger unter einer massiven Steuerlast immer mehr verarmen. QED, könnte man sagen: Was zu beweisen war.