Dass es mit der Pressefreiheit in Deutschland nicht mehr weit her ist, ist nicht neu. Dass selbst Mainstreammedien wie der „Nordkurier“ sich nun öffentlich rechtfertigen müssen, wenn sie es wagen, kritischer zu berichten, gibt jedoch zu denken. Das Medium informierte seine Leser über die Vorgänge im Corona-Untersuchungsausschuss in Potsdam (bislang dem einzigen seiner Art), was beim Landtag scheinbar für maximale Empörung sorgt: Dessen Pressestelle beschwerte sich nämlich prompt. Der Chefredakteur des Nordkuriers legte die Korrespondenz offen.
Der Corona-U-Ausschuss in Brandenburg ist in Deutschland bislang einzigartig und interessiert naturgemäß vor allem jene Menschen, die mit der drakonischen Corona-Politik der Bundesregierung nicht konform gingen. Das ist wohl auch der Grund dafür, dass der deutsche Mainstream kaum über den Ausschuss berichtet. Eine vorbildliche Ausnahme bildet der „Nordkurier“: Ein Reporter des Mediums, Philippe Debionne, besucht die Sitzungen und informiert kritisch über die Vorgänge und Auffälligkeiten bei den Befragungen.
Im Zuge dessen wies er auch darauf hin, dass wichtige Fragen immer wieder vom Ausschussvorsitzenden abgelehnt werden – am 18.10. widmete er dieser Tatsache einen Artikel und sprach in diesem Kontext von „Frage-Verboten“. Es handelt sich dabei keineswegs um eine subjektive Einschätzung eines einzelnen Reporters: Auch andere Anwesende kritisierten die ständige Ablehnung von für die Aufarbeitung relevanten Fragen scharf. Die Epoch Times beispielsweise berichtete am 14. Oktober über die Befragung einer PEI-Vertreterin:
Doch selbst da, wo Keller-Stanislawski Aussagen tätigen wollte, stoppte sie der Ausschussvorsitzende. „Sie müssen dazu keine Aussage machen“, klärte er sie vielfach auf. Manchmal musste sie, die angab, vor der Befragung „eingewiesen“ worden zu sein (ohne zu nennen, durch wen), sich regelrecht gegen Eichelbaum durchsetzen, um antworten zu können.
Epoch Times
Der „Nordkurier“ nahm im Hinblick auf das generelle Vorgehen des Ausschussvorsitzenden auch die Rolle von dessen Referentin unter die Lupe: „Bei vielen Fragen, die als unzulässig eingestuft wurden, erhielt der Ausschussvorsitzende kurz zuvor und für den Rest des Ausschusses nicht hörbare Hinweise“ von ebendieser Dame, berichtet Debionne. Nachfolgend erörtert er kurz ihren akademischen Hintergrund und weist in diesem Kontext unter anderem darauf hin, dass sie in den sozialen Netzen Mitteilungen des Unternehmens BioNTech mit Likes würdigte und offenkundig über Verbindungen zu einem gefragten Corona-„Experten“, dem Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie zur Arbeitsgruppe von Christian Drosten verfügt. Zur Einschätzung ihres Beitrags zum U-Ausschuss dürften das zweifelsfrei relevante Informationen sein.
Beschwerde vom Landtag
Dem brandenburgischen Landtag geht all das aber offenkundig zu weit: Dessen Pressestelle sandte eine Beschwerde an die Nordkurier-Redaktion. Darin impliziert man, Debionne sei in Wahrheit bei den Sitzungen gar nicht anwesend gewesen, weil er nicht angemeldet gewesen sei. Über die Bezeichnung „Frage-Verbote“ empört man sich enorm:
Das Brandenburger Untersuchungsausschussgesetz, das von den Vorsitzenden aller Untersuchungsausschüsse im Landtag anzuwenden ist und angewendet wird, sieht klare Regen für die Befragung von Zeuginnen und Zeugen vor. Von einem angeblichen „Frage-Verbot“ kann keine Rede sein. Der Landtag verwahrt sich gegen diese Darstellung und fordert Ihre Redaktion zur Richtigstellung im Sinne des Pressekodex (Ziffer 3) auf.
Quelle: Nordkurier
Ebenso empfindet man es als höchst unangebracht, dass der Hintergrund der fraglichen Referentin erörtert wurde und man behauptete, die namentliche Berichterstattung sei nicht nur ohne journalistischen Mehrwert, sondern auch „unverantwortlich“. Obendrein prangert man das Zitieren aus Unterlagen an, die nicht zur Veröffentlichung bestimmt waren.
Nordkurier-Chefredakteur kontert öffentlich und weist Landtag zurecht
Der Chefredakteur des „Nordkuriers“, Gabriel Kords, konterte diesen Brief heute öffentlich und widmete ihm einen Artikel mit dem Titel „Untersuchungsausschuss – Landtag empört über Nordkurier-Berichte„. Darin wird sowohl der Beschwerdebrief als auch das Antwortschreiben von Kords publiziert – „aus Gründen maximaler Transparenz“, wie man hervorhebt. Kords beginnt sein Schreiben mit der Feststellung, er sei über Form und Inhalt der Beschwerde „gleichermaßen befremdet“: „Mir stellen sich seit der Lektüre fundamentale Fragen zu Ihrem Amtsverständnis und Ihrem Verständnis von Pressefreiheit„, merkt er an.
Nachfolgend stellt er fest, dass Reporter Debionne sehr wohl bei den Sitzungen vor Ort war, denn diese waren öffentlich und konnten von jedermann besucht werden. Eine Richtigstellung zum „Frage-Verbot“ lehnt er klar ab:
Dass sich die von Ihnen skizzierten Regelungen und Abläufe durchaus unter der Formulierung „Frage-Verbot “subsumieren lassen, steht für mich außer Zweifel. Dass Ihnen diese Subsumtion offenbar missfällt, bedeutet nicht, dass wir sie in dieser Form nicht vornehmen dürften.
Quelle: Nordkurier
Auch bei der namentlichen Nennung der Referentin sieht Kords kein Problem:
Ich will Ihren Ausführungen in aller Deutlichkeit entgegenhalten, dass weder Sie persönlich noch die Landtagsverwaltung zu entscheiden haben, was von öffentlichem Interesse ist – sondern dass wir diese Entscheidung, soweit sie unsere Veröffentlichungen betrifft, im Rahmen unserer grundgesetzlichen Freiheiten selbst treffen. Ihre Ausführungen in diesem Zusammenhang halte ich für abwegig; sie werden jedenfalls nicht dazu führen, dass wir unsere Berichterstattung in diesem Punkt überdenken.
Quelle: Nordkurier
Obendrein gehöre auch die Berichterstattung über vertrauliche Unterlagen „zu den Kernaufgaben der freien Presse“ und unterliege dem besonderen Schutz des Grundgesetzes. Kords stellt fest: „Insofern bin ich über Ihre Frage nachgerade entgeistert; eine Beantwortung verbietet sich.“
Entlarvender Einblick in das Verständnis der Politik von Pressefreiheit
Entgeistert muss auch die deutsche Bevölkerung sein, wenn sie sich das Beschwerdeschreiben der Landtags-Pressestelle zu Gemüte führt. Es soll nach wie vor Menschen geben, die der Überzeugung sind, die Mainstream-Journaille in Deutschland würde frei und unbeeinflusst berichten. Dabei zeigte das Ausmaß an Gleichschaltung in den vergangenen Jahren überdeutlich, welche Macht die Politik hier ausübt: Kritik am Corona-Kurs suchte man gemeinhin vergeblich – stattdessen unterstützte die sonst so gern den moralischen Zeigefinger schwingende Presse die Kriminalisierung von Kritikern und die Diskriminierung Ungeimpfter.
Dass der „Nordkurier“ diesen aktuellen Versuch der Einflussnahme offenlegt, ist vorbildlich – es bleibt jedoch die Frage, wie viele Eingriffe in die Pressefreiheit im deutschen Medienapparat bereits hingenommen und abgenickt wurden (insbesondere dann, wenn finanzielle Vorteile winkten).