Eine neue Untersuchung des Australian Strategic Policy Institute (ASPI) legt nahe, dass China die westlichen Nationen in 80 Prozent aller kritischen Zukunftstechnologien überholt hat. Die Europäer spielen faktisch gar keine Rolle mehr. Bereits in wenigen Jahrzehnten könnte China eine globale Rolle spielen, die jener der europäischen Nationen während der Kolonialära entspricht.
Dank mehrerer Faktoren scheint die Volksrepublik China in Bezug auf die globale technologische Führungsposition auf der Überholspur zu sein. Bei insgesamt 19 von 23 vom Australian Strategic Policy Institute (ASPI) untersuchten Technologiefeldern führen die Chinesen, bei den restlichen vier Bereichen sind – noch – die Vereinigten Staaten führend. Die Europäer, Japan und Südkorea spielen dabei faktisch keine Rolle mehr. Dies trifft sowohl auf den militärischen als auch den zivilen Bereich zu.
Auf China entfallen 73,3 Prozent der hochwirksamen Forschungsergebnisse zur Erkennung, Verfolgung und Charakterisierung von Hyperschallgeschossen, weit vor den USA, Großbritannien und Deutschland. Bei autonomen Unterwasserfahrzeugen entfallen 56,9 Prozent der wichtigen Forschung auf China. Auf die zweitplatzierten USA entfallen lediglich 9,5 Prozent. Der Wettbewerb zwischen den USA und China ist in Bereichen wie Künstlicher Intelligenz und Quantentechnologie enger. Von den sechs KI-bezogenen Bereichen ist China in vier Bereichen führend, darunter Drohnen, während die USA bei der Entwicklung und Herstellung fortschrittlicher integrierter Schaltkreise an erster Stelle stehen.
Eine zuvor im März auf breiterer Basis aufgestellte Untersuchung von ASPI zeigte bereits eine Dominanz Chinas in 37 von 44 kritischen aufstrebenden Technologien. Darunter auch in den Bereichen Robotik, Biotechnologie, Künstliche Intelligenz, fortgeschrittene Materialien und Quantentechnologie. Dabei untersuchte das Institut Forschungspapiere aus den Jahren 2018 bis 2022 in den jeweils ausgewählten Technologiebereichen. Auch hier haben die Vereinigten Staaten die Führung in den übrigen Bereichen, während die Europäer kaum existent sind.
Laut der Denkfabrik produzierte China oft mehr als fünfmal so viel wirkungsvolle Forschung wie sein nächster Konkurrent. Innerhalb der 37 Bereiche, in denen China führend ist, steht das Land kurz davor, in acht Bereichen ein Monopol zu entwickeln: nanoskalige Materialien und Herstellung, Beschichtungen, fortschrittliche Hochfrequenzkommunikation (einschließlich 5G und 6G), Wasserstoff und Ammoniak für die Energieversorgung, Superkondensatoren, elektrische Batterien, synthetische Biologie und photonische Sensoren.
Mit ein Grund dafür ist auch die Fragmentierung der Forschung im Westen, während in der Volksrepublik der kollektivistische Aspekt dominiert. Dies erlaubt es den Chinesen, die Gelder gezielter und auf kollaborativer Basis einzusetzen, während im Westen private und staatliche Forschungseinrichtungen oftmals konkurrierend parallel an ähnlichen Technologien arbeiten. Diese Konzentration von Top-Wissenschaftlern und Forschungsgeldern in China erweist sich damit als höchst erfolgreich.
Wenn man bedenkt, dass noch vor 120 Jahren Deutsch die Wissenschaftssprache Nummer eins war und deutsche Wissenschaftler lange Zeit federführend waren, bis nach dem Zweiten Weltkrieg die Vereinigten Staaten die Führung übernahmen, wird auch deutlich, wie sehr sich die globale Lage in Bezug auf die Forschung verändert hat. Mehr noch: Technologische Dominanz führt früher oder später auch zu einer wirtschaftlichen, politischen und militärischen Dominanz. Die überlegene europäische Technologie führte zur Schaffung der globalen Kolonialreiche der europäischen Nationen. Und wer weiß, vielleicht wird China in 50 oder 75 Jahren eine ähnliche globale Dominanz erreichen, wie die Europäer im 18. und 19. Jahrhundert.