6.000 Euro Strafe und drohender Existenzverlust, weil Bürgerin Baerbock „Hohlbratze“ nannte

Bilder: Olaf Kosinsky, CC BY-SA 3.0 DE, via Wikimedia Commons; UN

Als „Hohlbratze“ bezeichnete eine Kinderpflegerin die grüne Außenministerin Annalena Baerbock auf X. Weil das das Wirken der Politikerin offenbar schwer beeinträchtigte, verurteilte man die Frau aus Bayern zu 6.000 Euro Strafzahlung – durch die Vorstrafe drohte ihr obendrein der Existenzverlust. Nun wurde der Fall nach der Berufung erneut verhandelt.

Während die Gewaltkriminalität deutschlandweit durch die Decke geht, scheint für die Politik das schwerwiegendste Problem „Hass im Netz“ zu sein – in erster Linie, wenn er sich gegen die heiligen Mächtigen richtet. „Nius“ berichtet über einen so peinlichen wie schockierenden Fall aus Bayern: Weil eine Frau Außenministerin Annalena Baerbock in zwei Tweets im März 2023 als „Hohlbratze“ bezeichnete, stellte die Grüne in beiden Fällen Strafantrag. Einmal stand die Bezeichnung für sich, der zweite Kommentar lautete „Korrekt, diese Hohlbratze ist eine Gefahr für unser Land“. Das bezog sich auf Baerbocks Auftreten beim G20-Gipfel.

Die Frau, die mit beeinträchtigten Kindern arbeitet, wurde daraufhin zu einer Strafe von 6.000 Euro (100 Tagessätze zu 60 Euro) verurteilt. Nicht nur der horrende Betrag schockiert – auch ist die Vorstrafe für die berufliche Existenz der Beschuldigten kritisch. Ihr Anwalt ging in Berufung. Brisant: Genau davon hatte das Gericht laut Nius in einem Schreiben Ende 2023 abgeraten. „Es wird höchst vorsorglich darauf hingewiesen, dass die Berufung nach Aktenlage wenig aussichtsreich erscheint“, behauptete man. Zudem warnte man die Frau vor erheblichen Kosten.

Das Schreiben wirkt umso kritischer, wenn man den Ausgang der neuerlichen Verhandlung am Montag bedenkt. Die Staatsanwältin betonte hier zwar die Bekämpfung von „Hass im Netz“ als wichtiges Anliegen der bayerischen Justiz und hob hervor, man habe gar einen eigenen „Hatespeech“-Beauftragten. Entsprechend watschte man eine Einstellung des Verfahrens gegen eine Spende für eine Kindereinrichtung, wie sie die Richterin vorschlug, kurzerhand ab. Weiterhin behauptete die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer, die fraglichen Tweets – einer davon hatte übrigens ganze 216 Aufrufe – hätten das Potenzial, das Wirken der Außenministerin erheblich zu beeinflussen.

Doch die Richterin folgte dieser Argumentation nicht: Nach einer zweistündigen Verhandlung wurde die Angeklagte freigesprochen. Im Gespräch mit Nius zeigt sich die Frau, deren Identität geschützt wird, nach ihrem Freispruch erleichtert, erörterte aber auch, welche Sorgen und Ängste sie wegen dieses staatlichen Übergriffs ausstehen musste:

Der Majestätsbeleidigungsparagraf (§ 188) gibt für die Bestrafung einer Beleidigung gegen einen Politiker eine klare Voraussetzung: Die Tat müsse geeignet sein, „sein öffentliches Wirken erheblich zu erschweren“.

(1) Wird gegen eine im politischen Leben des Volkes stehende Person öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) eine Beleidigung (§ 185) aus Beweggründen begangen, die mit der Stellung des Beleidigten im öffentlichen Leben zusammenhängen, und ist die Tat geeignet, sein öffentliches Wirken erheblich zu erschweren, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe. Das politische Leben des Volkes reicht bis hin zur kommunalen Ebene.

Quelle: dejure.org, Hervorhebung durch Redaktion

Es ist keinem Bürger vermittelbar, wie ein Kommentar auf X, den kaum jemand auch nur gelesen hat, das „öffentliche Wirken“ einer Außenministerin beeinträchtigen sollte. Dass die Staatsanwaltschaft damit vor Gericht argumentieren will, wirkt absurd. Zwar ist hier letztendlich im Sinne der Angeklagten (und im Sinne des Volkes) entschieden worden. Doch die Fälle, in denen vermeintliche Herrscher gegen den Souverän agitieren, sind zahlreich. Und es sind nicht nur Grüne, die gegen die Bürger vorgehen: Auch in der CDU hat man daran offensichtlich seine helle Freude.

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