Die Massenjodierung von Lebensmitteln steht immer wieder in der Kritik: Die Überjodierung wird in Verbindung mit Schilddrüsen- und Autoimmunerkrankungen gebracht. Dennoch hält man an der sogenannten Jodprophylaxe fest – in Deutschland wurde 1984 gar der „Arbeitskreis Jodmangel“ eingerichtet, um die gesellschaftliche Akzeptanz zu verbessern. Pikant: Finanziert wird dieser durch die Profiteure – also Unternehmen der deutschen Salzindustrie und pharmazeutische Hersteller von Jodtabletten. Der promovierte Agraringenieur Dr. Timo Böhme hat sich kritisch mit der Thematik befasst.
40 Jahre Jodprophylaxe in Deutschland – kein Thema für die Öffentlichkeit?!
Ein Gastkommentar von Dr. Timo Böhme, Autor des Buches „Chronik und Kritik zur Jodprophylaxe“
Die Jodprophylaxe ist 40 Jahre alt geworden. So bezeugen es die Professoren des Arbeitskreises Jodmangel e.V., da ab 1983 im Süden der DDR jodiertes Speisesalz eingesetzt und dessen Anwendung 1985 auf die gesamte DDR und 1989 auf die gesamte Bundesrepublik ausgedehnt wurde.
Doch die Dame flunkert gewaltig mit ihrem Alter. Die Idee zu ihrer Existenz geht bereits auf das Jahr 1918 zurück, in dem ein Schweizer Arzt, Otto Bayard, im Nikolaital erste Versuche mit Jodkali im Speisesalz machte. Aus der Taufe gehoben wurde sie jedoch erst 1922 mit einer Empfehlung der Schweizer Kropfkommission und einem Jodsalzgesetz der Weimarer Republik.
So feierte ein erlauchter Kreis aus Wissenschaft und Industrie bereits ihren hundertsten Geburtstag mit einem Kolloquium 2022 in der Schweiz. Was unter ihren eingeweihten Kavalieren gesprochen wurde, blieb der Öffentlichkeit verborgen. Zu groß ist die Angst um die Reputation der alten Dame, denn ihre Pubertät währte lange und war wechselhaft. Ihre Empfehlung durch den Reichsgesundheitsrat 1925 und das Reichsgesundheitsamt 1932 wurden Opfer der Wirren jener Zeit. Selbst in der Schweiz, ihrer
eigentlichen Heimat, konnte sie erst Ende der 50iger Jahre flächendeckenden Einfluss gewinnen.
Zudem leidet sie wie jeder alternde Star am Verfall ihrer Popularität. So prophezeite der Ernährungsmediziner Dr. Max Otto Bruker in seinem Buch „Störungen der Schilddrüse“ (Bruker und
Gutjahr, dritte Auflage 2000) wenig schmeichelhaft, dass sie ein „Heer von Schilddrüsenerkrankungen“ heraufbeschwören würde. Die Fachautorin Dagmar Braunschweig-Pauli
erklärt sie in ihren Büchern „Jodkrank“ und „Die Jod-Lüge“ sogar zum „Jahrhundertirrtum“ und zum „Märchen vom gesunden Jod“.
Kein Wunder also, dass die Dame zunehmend das Licht der Öffentlichkeit scheut. Seit dem Beginn des neuen Jahrtausends lebt sie zurückgezogen und überlässt es ihren Kavalieren, hin und wieder Nachrichten über ihre positive Aura zu verbreiten. Debatten in der Öffentlichkeit meidet sie jedoch strikt.
Zudem scheinen ihr familiäre Schwierigkeiten zuzusetzen. Gerüchte sind im Umlauf, dass ihre ungeratene Tochter, die Jodierung von Tierfuttermitteln, als Teenager kräftig über die Stränge geschlagen haben soll. Von Drogenmissbrauch bei Jodgehalten bis zu 10 mg Jod pro Liter Milch ist die Rede. Auch ihre eigene Vergangenheit scheint sie einzuholen. Bei wilden Jodpartys wurden wohl etliche Opfer hinterlassen. Diese Gerüchte riefen bereits Privatdetektive auf den Plan, welche Gesundheits- und Ernährungsstudien u.a. des Robert Koch Institutes durchwühlten und eine kontinuierlich steigende Anzahl von Schilddrüsenerkrankten in Deutschland entdeckten.
Bestätigt wurden diese Enthüllungen von den Zahlen des Arzneiverordnungsreports. Schon werden Rufe nach einem öffentlichen Register und einer Statistik zu Schilddrüsenerkrankungen laut. Es wird interessant sein zu beobachten, wie lange sie ihre PR-Strategie des Verschweigens noch aufrechterhalten kann. Möglicherweise fällt sie ja gemeinsam mit dem Bundeskanzler. Wer die politische Verantwortung für das jahrzehntelange Wegschauen beim wilden Jodtreiben übernimmt, bleibt abzuwarten. Noch steht die Mauer des Schweigens.
Der Autor des Artikels bietet Vorträge zum Thema Jodprophylaxe an.