Aktuell trenden auf Twitter in Deutschland wieder einmal die Hashtags #ImpfpflichtNeinDanke und #LauterbachRuecktrittJetzt. Tatsächlich wollen die Gesundheitsminister aus Baden-Württemberg, Hessen und Bayern einen erneuten Anlauf für eine gesetzliche Impfpflicht ab 60 Jahren starten – unter massivem Protest in den sozialen Netzen. Das entfacht freilich auch eine neuerliche Wut auf den Corona-Kurs des Bundesgesundheitsministers. Der glänzt derweil – wieder einmal – mit Abwesenheit bei der Sitzung des Gesundheitsausschusses im Bundestag…
So twitterte heute der gesundheitspolitische Sprecher der Union, Tino Sorge:
Sorge ist als scharfer Kritiker Lauterbachs mittlerweile wohlbekannt. Am 12. Mai verfasste er anlässlich dessen Zurückziehens des Vorstoßes zur Ex-Post-Triage einen Brandbrief an den Bundesgesundheitsminister, in dem er ihm die Verantwortung für einen erheblichen Vertrauensverlust in die Gesundheitspolitik gab:
„Ihre neuerliche Kehrtwende ist nur eines von zahlreichen Manövern, die in der Fachwelt, im Gesundheitswesen und vor allem bei den Bürgerinnen und Bürgern für wachsende Verunsicherung sorgen:
- Im März legte Ihr Ministerium einen Gesetzentwurf zur finanziellen Stabilisierung der GKV vor – nur um ihn wenige Tage später, wie nun auch bei der Triage, zurückzuziehen. Eine Neufassung steht bis heute aus.
- Obwohl sich der von Ihnen behauptete Mangel an Impfstoff als unbegründet erwies, orderten Sie im Frühjahr massiv nach. Das Ergebnis: Überschüsse von etwa 70 Millionen Dosen und zusätzliche Kosten von knapp 3 Milliarden Euro. Kritische Nachfragen dazu bezeichnen Sie lapidar als „Parteipolitik“.
- Am Ostersonntag schürten Sie medial Angst vor einer Corona-„Killervariante“, die sich seriös nicht prognostizieren lässt. Wie Sie das Land aber konkret für eine mögliche Herbstwelle wappnen wollen, lassen Sie indes offen.
- Statt die vollständige Evaluation von Corona-Maßnahmen durch den Sachverständigenausschuss voranzutreiben, bremsen Sie einen klaren gesetzlichen Auftrag aus und kritisieren diejenigen, die unbequeme Fragen stellen.
- In aktuellen Haushaltsberatungen blockiert Ihre eigene Koalition Gelder Ihres Ministeriums, um Sie dazu zu zwingen, die Cannabis-Legalisierung an die Spitze Ihrer Agenda zu rücken – ungeachtet der viel dringenderen Themen.„
Lauterbach meidet politische Debatten
Sorge wirft Lauterbach ein „rastloses Hin- und Her von Ankündigungen und Rückziehern“ vor, das einen erheblichen Vertrauensverlust nicht nur in der Bevölkerung zur Folge hat, sondern auch in der eigenen Koalition und involvierten Institutionen. Seit Lauterbachs Amtsantritt sei Deutschlands Gesundheitsministerium in „lähmender Stagnation“ gefangen. Anstatt Fehler einzugestehen, drohe Lauterbach eigenen Beschäftigten unverhohlen mit „personellen Konsequenzen“ im Falle von „Indiskretionen“. Sorge kritisiert weiterhin:
Seit Antritt der neuen Bundesregierung tagte der Gesundheitsausschuss an 16 Tagen, von denen Sie an gerade einmal 5 Tagen teilnahmen. Für einen konstruktiven demokratischen Umgang zwischen Parlament und Regierung und einen fairen Streit zwischen Regierung und Opposition ist das deutlich zu wenig.
Das ist vor allem insofern pikant, dass Karl Lauterbach bekanntlich keine Chance verstreichen lässt, um in Talkshows aufzutreten – wo er jedoch vor Kritik weitestgehend gut geschützt ist, da diese Sendungen in den allermeisten Fällen streng der Regierungslinie folgen. Als im Februar ausnahmsweise ein kritischer Lungenfacharzt mit ihm bei Maischberger zu Wort kommen sollte, war Lauterbach plötzlich verhindert – daher musste Grünen-Politiker Janosch Dahmen sich vertretungsweise das vernichtende Urteil des Arztes über die Corona-Politik anhören.
Gesundheitsminister schadet Ansehen der Politik
Tino Sorge mahnt in seinem Brandbrief: Das Ansehen der Politik insgesamt nehme durch Lauterbachs Verhalten Schaden – „bei den Gesundheitsberufen, in den Einrichtungen, vor allem aber bei den Versicherten, Patientinnen und Patienten und Pflegebedürftigen.“ Sorges Appell daher:
Beenden Sie den Stillstand in der Gesundheitspolitik, schaffen Sie wieder mehr Vertrauen in Ihre Arbeit. Bringen Sie endlich die gesetzgeberischen Vorhaben auf den Weg, die 2022 wirklich drängen, insbesondere: schnelle finanzielle Planungssicherheit für Krankenkassen und die Pflege, frühzeitige Pandemie-Vorsorge statt Panikmache für den Herbst – und ein Haushaltskonzept, das nicht der Cannabis-Klientelpolitik zum Opfer fällt, sondern für das Gesundheitssystem die wirklich wichtigen Schwerpunkte setzt.
Obendrein fordert er Lauterbach eindringlich dazu auf, sich endlich mehr den Debatten im Gesundheitsausschuss und im Parlament zu stellen.