Prof. Andreas Sönnichsen besuchte Report24 in Linz und nahm sich Zeit für ein ausführliches Gespräch über den Zustand des heimischen Gesundheitssystems – und wie man Medizin und die Beziehung zwischen Arzt und Patient neu denken könnte. Er ist Teil des Organisationsteams der Wiener Gesundheitstage, wo am 23. und 24. November zahlreiche renommierte Größen im Rahmen ihrer Fachgebiete zum Thema referieren. Das Motto: “Gesundheit braucht Augenhöhe”.
Sinngemäß nach Professor Sönnichsen war über die letzten Jahrzehnte ein Qualitätsverlust im Gesundheitssystem zu bemerken. Der Patient und seine Interessen gerieten immer mehr in den Hintergrund, während Profitinteressen der Pharmaindustrie immer mehr dominierten. Die Gewinne für Hersteller von Gesundheitsprodukten, Geräten und Medikamenten steigerten sich immer mehr. Sönnichsen plädiert für ein neues, integriertes Gesundheitssystem, wo die verschiedenen Disziplinen, begonnen bei der Psyche, zusammenarbeiten und der Patient im Mittelpunkt steht.
Medizin am Fließband funktioniert nicht, erklärt Professor Sönnichsen. Man müsse bereits die Frage stellen, ab wann ein Mensch ärztliche Hilfe benötigt. Wichtig sei natürlich auch, dass man seine Gesundheit in die eigenen Hände nimmt. Es werde sehr viel Geld in Früherkennung investiert, anstelle die Menschen kompetent zu machen, wie sie ihre Gesundheit selbst erhalten.
Wichtig war Sönnichsen, herauszuarbeiten, wie sinnlos es ist, gesunde Menschen mit Massentests auf “Krankheiten” zu untersuchen, welche diese, solang sie symptomlos sind, gar nicht haben können. Es gäbe keine “asymptomatisch Kranken”. Wer keine Symptome hat, ist gesund, sagt der Experte für evidenzbasierte Medizin.
In Österreich würden jedes Jahr rund 7.000 Menschen an den Folgen falsch oder sinnlos angewendeter Medikamente sterben. Das Gespräch dreht sich in Folge darum, ob es eine Möglichkeit gibt, die medizinische Industrie zu Verbündeten zu machen – denn alleine werde es nicht gehen. Letztendlich sind auch all diese Firmen in diesem Kreislauf gefangen, der sich rund um das Thema “Gesundheit” aufgebaut hat. Und natürlich haben auch die Geräte der Hersteller ihre Berechtigung – wenn man sie zielgerichtet und sinnvoll einsetzt.
Um einen wichtigen ersten Schritt zu machen, veranstaltet Professor Sönnichsen unter dem Dach der “Wissenschaftlichen Initiative Gesundheit für Österreich” die Wiener Gesundheitstage vom 23. bis 24. November in Wien. Wir erfahren, was dort passiert, welche Vorträge geschehen und woran sich diese Veranstaltung richtet. Dabei wird auch versucht, Brücken zu bauen, da die Besetzung der Experten keineswegs einseitig erfolgt ist und auch hochkarätige Redner aus dem sogenannten “Mainstream” umfasst. So wird die Veranstaltung dazu dienen, den dringend notwendigen Dialog zu ermöglichen.
Die Coronakrise wäre eine Chance, im Gesundheitssystem weiterzukommen – denn viele Menschen wären aufgewacht und möchten nicht mehr so weitermachen wie bisher. Die Medizin müsste wieder zu dem zurückfinden, was im Eid des Hippokrates und im Genfer Gelöbnis festgelegt wurde.
Informationen und Karten zu den Gesundheitstagen gibt es hier – alle Vorträge können auch “online” besucht werden.
Die Vortragenden auf dem Event:
- Prof. Dr. Gerd Antes, Fakten oder Fake News – Hat die Wissenschaft versagt?
- Univ.-Doz. DDr. Raphael Bonelli, Enttäuscht und entfremdet: Über die verlorene Heimat und wie man sie wiederfindet
- Roland Düringer, Wenn die Inszenierung beginnt, gerät die Augenhöhe in Schieflage
- DDr. Christian Fiala, Vom Pferd zum Helikopter: mRNA-Technologie ein Pilotversuch
- Univ.-Prof. PD Dr. med. univ. Dr. rer. nat Martin Grassberger, Evolutionär auf Augenhöhe mit Mikroben
- Prof. Dr. med. David Klemperer, Interessenkonflikte in der Coronakrise
- Prim. Univ. Prof. Dr. Ludwig Kramer, Das Mikrobiom im Fokus – auch bei Long Covid und PostVacc-Syndrom
- Univ.-Prof. Dr. phil. Gabriele Meyer, Schutz der Älteren um jeden Preis – ethisch vertretbar?
- Univ.-Prof. (i.R.) Dr. med. Ingrid Mühlhauser, Partizipative, informierte Entscheidungsfindung mit Beispielen aus der Coronakrise – Perspektive der Evidenzbasierten Medizin
- Dr. Valeria Petkova, Die Erzeugung von freiwilligem Gehorsam und was das mit Gesundheit zu tun hat
- Dr. Mag. Georg Prchlik, Allgemein verpflichtendende Gesundheitsmaßnahmen aus Sicht des Verfassungsrechts
- Univ.-Doz.(Wien) Dr. med. Gerd Reuther, Der Heiler und der Kranke:
eine Geschichte voller Missverständnisse - Univ.-Prof. Dr. Manuel Schabus, Kinder im Schatten von Corona – Schlaf und mentale Gesundheit im Fokus
- Univ.-Prof. Dr. Dr. Christian Schubert, Die Psychoneuroimmunologie deckt auf: Materialismus ist lebensgefährlich
- Univ.Prof. a.D. Dr. med. Andreas Sönnichsen, Fakten oder Fake News – Hat die Wissenschaft versagt?
- Dr. Martin Sprenger, Schluss mit lustig! Herausforderungen für ein Gesundheitssystem des 21. Jahrhunderts
- Dr. Lukas Trimmel, Gesundheit auf Augenhöhe
- Dr. med. univ. Walter Wührer, Das Vorsorgedilemma – Frühvermeidung versus Früherkennung
- Dr. Petra Zizenbacher, Phytotherapie – auf Augenhöhe mit der Natur