„Noch nie seit Inkrafttreten des Grundgesetzes war die Demokratie in Deutschland so gefährdet wie heute“ – dieses Fazit zieht Jura-Professor Martin Schwab im Hinblick auf das radikale Vorgehen der Staatsgewalt gegen Regierungskritiker. Zuletzt traf es den Sozialwissenschaftler Prof. Dr. Rudolph Bauer, einen „Antifaschisten der ersten Stunde“, dem nun vorgeworfen wird, Handlungen unter der Herrschaft der Nazis „in besonders verachtenswerter Weise“ verharmlost zu haben. Am 10. August erfolgte eine Hausdurchsuchung durch bewaffnete Beamten bei dem 84-Jährigen.
Bei dem emeritierten Professor für Sozialwissenschaften Dr. Rudolph Bauer (84) wurde am 10. August 2023 eine Hausdurchsuchung durch teils bewaffnete und mit Schutzwesten ausgestattete Polizisten durchgeführt. Die Begründung:
„Durch die faktische Gleichsetzung von demokratisch legitimierten Maßnahmen mit dem menschenverachtenden Vorgehen im Nationalsozialismus hat er in besonders verachtenswerter Weise die unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlungen verharmlost.“
Die „Neue Gesellschaft für Psychologie“ (NGfP), eine Gesellschaft für Theorie und Praxis der Sozialwissenschaften, zeigte sich in einer Pressemitteilung vom 16. August entsetzt über diese Vorgänge. Dort stellt man fest: „Bauers Vergehen ist es, in Wort und Bild vor der Gefahr der Faschisierung der Gesellschaft zu warnen.“ Bauer sei ein Antifaschist „der ersten Stunde“, „lange bevor der Antifaschismus Staatsräson wurde“ und habe Generationen von Studenten antifaschistische Haltung gelehrt und vorgelebt.
Ihm vorzuwerfen, er verharmlose Handlungen, die er bisher entschieden kritisiert hatte, ist nur unter der Annahme einer um 180 Grad gewendeten politischen Haltung der Verantwortlichen zu erklären.
NGfP
Sie zeigen damit nur, welches Verständnis von Antifaschismus sie zugrunde legen: nämlich eines, mit dem sie ihr eigenes politisches Handeln gegen Kritik immunisieren wollen, und eben nicht am Maßstab des antifaschistischen „nie wieder!“ orientieren können oder wollen. Im Gegenteil, sie leisten der Entstehung faschistischen Gedankenguts und Haltung Vorschub.
Warnung vor Faschismus ist Verharmlosung?
Was ist der Hintergrund der schweren Vorwürfe gegen Dr. Bauer? Er hat schon 2020 historische Einordnungen der „sozialsanitären Schock-Politik“ der Bundesregierung vorgenommen und Bezüge zu Deutschlands Vergangenheit hergestellt – beispielhaft sei hier auf einen Artikel bei den NachDenkSeiten verwiesen. Er warnte vor der Gefahr „autoritärer Verfestigung“ durch die Corona-Verbotspolitik und kritisierte in diesem Kontext den offiziellen „Antifaschismus“ sowie die Antifa, die gegenüber den aktuellen autoritären Tendenzen blind seien. Er erörterte in diesem Zusammenhang, dass das Bild der NS-Verbrechen, das an Schulen, bei Gedenkstunden, in Museen und durch die Medien vermittelt werden, unvollständig sei:
Die NS-Herrschaft wird in hohem Maße nur noch in Verbindung mit Holocaust und Shoa wahrgenommen und erörtert. Die Rolle von Militär und Polizei, Unternehmertum und Industrie, Medizin und Justiz, Verwaltung, Sport und Medien, Religion und Bildungswesen wird ausgeblendet.
Er mahnte in diesem Kontext ein fehlendes historisches Hintergrundwissen bei vielen Deutschen an, die faschistische Tendenzen somit nicht als solche erkennen könnten, stellte fest, dass die Antifa mit ihrer „Disziplinierungs-Affinität“ auf den Spuren der Nazis wandelt und trat für den Schutz der Demokratie ein. Es bleibt der deutschen Staatsgewalt überlassen, zu argumentieren, inwieweit durch derartige Erörterungen die Verbrechen der Nationalsozialisten „verharmlost“ werden.
„Nie war die Demokratie in Deutschland so gefährdet wie heute“
Rechtsprofessor Martin Schwab sah im Vorgehen gegen Dr. Bauer einen weiteren Beleg, „dass die Versuche, regierungskritische Stimmen mithilfe des staatlichen Exekutivappartes mundtot zu machen, bis in die jüngste Gegenwart anhalten“. Er schrieb am 16. August auf Facebook:
Begreifen die verantwortlichen Akteure, dass sie mit jedem einzelnen dieser Übergriffe die Sorge ihrer Kritiker bestärken? Dass sie mit ihren konstruierten Versuchen, ihre Kritiker ins Unrecht zu setzen, in Wirklichkeit sich selbst ins Unrecht setzen? Dass dem Einsatz von bewaffneten Spezialeinheiten gegen friedfertige Bürger, die einfach nur öffentlich für ihre Überzeugungen streiten, der üble Geruch des Totalitären anhaftet? Dass jene, die in der Hass- und Ausgrenzungspropaganda gegen „C-Leugner“ und gegen Menschen ohne C-Spritze Parallelen zu den Hass-Parolen im Dritten Reich erblicken, nicht etwa das NS-Unrecht verharmlosen, sondern ganz im Gegenteil ihre Kritik auf der unumstößlichen Prämisse aufbauen, dass die NS-Schreckensherrschaft schwerstes, unsagbares Unrecht repräsentiert? Dass die übergriffige Beschneidung der bürgerlichen Freiheiten in der C-Zeit nicht allein schon deswegen legitim ist, weil sie von Regierungen verordnet wurden, die ihrerseits von gewählten Abgeordneten gewählt worden sind?
Noch nie seit Inkrafttreten des Grundgesetzes war die Demokratie in Deutschland so gefährdet wie heute. Und das liegt NICHT an jenen, die sich in der C-Krise, in der K-Krise und auf anderen Politikfeldern gegen die Maßnahmen der Regierenden in diesem Lande auflehnen.
Martin Schwab (Hervorhebung R24)