Die Politik stellt die hohen Strompreise gern so dar, als wäre ihr ein Gegensteuern unmöglich: Putin war’s, da kann man nichts machen, so das Narrativ. Unser Gastkommentator nimmt in diesem Beitrag nicht nur die Folgen der Energiepolitik für die Umwelt aufs Korn, sondern prangert auch die Mechanismen an, mit denen der Strompreis gezielt nach oben getrieben wird. Natürlich wäre ein Gegensteuern möglich – nur gewollt ist es offensichtlich nicht.
Ein Gastkommentar von Andreas Kubin
Einige Ursachen für diese riesigen verkarsteten Gebiete in so manchen Arealen auf dem blauen Planeten – unter anderem in Griechenland, Italien, Spanien usw. – sind ja hinlänglich bekannt.
Die starke Abholzung der Wälder fiel damals in erschreckendem Umfang dem Holzschiffsbau zum Opfer. Heute bauen wir zwar keine Holzschiffe mehr, aber wir betreiben einen anderen Irrsinn an Holzraubbau.
Jahrzehntelang wurden Holzraubbau sowie Brandrodungen des brasilianischen Amazonas Regenwalds, Sumatras Urwald, auf Vancouver Island und die Rodung ukrainischer Wälder beklagt.
Holzraubbau: Hohe Heizkosten zwingen Bürger zum Heizen mit Holz
Vielleicht nicht ganz so schnell wie damals, aber doch in stark fortschreitender Weise holzen wir hier nun für einen anderen Zweck ab – nämlich dem Heizzweck! Nein, nicht nur die Holzscheite für den Kachel- oder Specksteinofen, sondern auch für die rasant gestiegene Anzahl an Hackschnitzel- und Pelletheizungen.
Zusätzlich zu den reinen Gasförderungen wird auf den Ölfeldern weltweit bei der Ölförderung parallel austretendes Erdgas abgefackelt und wir holzen die Wälder ab, um die Häuser zu heizen. Wenn das der neue Umwelt- und Naturschutz ist, dann gute Nacht. Es ist ein Raubbau an den CO2 speichernden Wäldern.
Die aktuell exorbitant hohen Strompreise für die Wärmepumpen und diese irrwitzig hoch gepushten Gaspreise zwingen viele Einwohner in Mitteleuropa förmlich dazu, ihre Festbrennstoff-Öfen einzuheizen. Das spricht sich immer mehr herum. Nachfolgende Generationen werden uns mit Sicherheit für durchgedreht erklären.
Ungenutztes Potenzial an höherer Stromerzeugung
Dank der großen Anzahl an Flüssen auch in der Alpenrepublik beinhaltet Österreichs Infrastruktur eine große Anzahl an Wasserkraftwerken. Nicht in allen Regionen der Erde bietet sich diese umfangreiche Möglichkeit an billiger Stromerzeugung durch Wasserkraft.
Bei zahlreichen (Wasser-) Kraftwerken älterer Bauart würde der Austausch veralteter Generatoren die Möglichkeit bieten, den Strom-Output erheblich zu steigern. Hier lässt man viele Chancen brach liegen.
Merit-Order-Modell treibt Strompreis in die Höhe
An den Strombörsen entsteht der Preis nach dem „Merit-Order-Modell“ (in der Bedeutung von: „Reihenfolge der Vorteilhaftigkeit“). Das heißt, der Strompreis orientiert sich am teuersten nachgefragten Kraftwerk. Eingeführt im Zuge der Liberalisierung des Strommarktes im Jahr 2001 als EU-weite Regelung. Hat das den Leser jetzt überrascht? Nein, nicht wirklich.
Hier ist die Vorteilhaftigkeit eindeutig nur für den Strom-Anbieter zu orten. Für den Verbraucher bedeutet es nur große finanzielle Nachteile; für Betriebe auch ökonomischer Art.
Im Regelfall ist das zuletzt eingespeiste Kraftwerk in Österreich ebenso wie in Deutschland leider in der Regel ein Gaskraftwerk. Ein wahrlich tolles Modell bei diesen astronomisch hohen Gaspreisen. Verständlicherweise steht das Merit-Order-Modell zunehmend in der Kritik.
Da der kurzfristige Handel den Preis bestimmt bzw. festlegt für den gesamten Strom, besteht natürlich ein Interesse daran, die Stromspitzen des Stromverbrauchs so häufig wie möglich in diesen irre teuren Verknappungsbereich zu treiben.
Natürlich gäbe es eine Möglichkeit, auf EU-Ebene in das Merit-Order-System einzugreifen und den Strompreis von Gas oder von allen fossilen Energien zu entkoppeln. Der hohe Gaspreis würde den Preis für den gesamten Strom dann nicht mehr nach oben verzerren. Gleichzeitig könnte man auch festlegen, dass statt des Preises für das teuerste der Preis für das erste, nicht fossile Kraftwerk den Preis bestimmt. Diesen klugen Vorschlag äußerte beispielsweise ein Energieexperte der österreichischen Arbeiterkammer, Josef Thomann. Meine Hochachtung dafür, dass da endlich mal jemand den Mund aufmacht.
So treibt man den Strompreis nach oben: Weniger produzieren als gebraucht wird
Die obere hellrote Linie ist der realisierte Stromverbrauch, die untere gezackte rote Linie ist der Großhandelsstrompreis im Land Österreich vom 1.1.2022 bis zum 1.10.2022. Die farbigen Flächen zeigen die Stromerzeugung.
Der realisierte Stromverbrauch (gesamte Netzlast = oberste hellrote Linie) zeigt zur jeweiligen Zeit den Stromverbrauch im Vergleich zu den Großhandelspreisen. Es zeigt sich: Wenn die gesamte Netzlast über der realisierten Stromerzeugung liegt, schlägt sich das in den Rechnungen der Verbraucher nieder. Die Kapazitäten, ständig zu viel Strom zu produzieren, wären vorhanden, wären aber schlecht fürs Verrechnungsmodell. Kommt beispielsweise plötzlich viel Wind auf – im Fall Österreichs natürlich nur Onshore – und wird rasch mehr eingespeist ins Netz, dann bricht der Strompreis kräftig ein.
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Ganz super ist es immer dann, wenn ein bisschen weniger produziert wird als benötigt. Mit diesem Prinzip haben die Stromerzeuger ein maximales Interesse, gerade so viel Strom zu produzieren, dass es ein klein bisschen nicht ausreicht, denn damit verdient man sich dusselig respektive steinreich. Ob die verantwortlichen Implementierer und Aushandler sich den Konsequenzen einer solchen Abmachung bewusst waren, ist unklar – sie scheint in erster Linie auf schamloser Gewinnmaximierung zu basieren.
Ausreichend Strom vorhanden: Preise fallen
Betrachten wir in diesem Chart den stündlichen Großhandelspreis im Zeitraum 17. September bis 30. September 2022, so bricht die Megawattstunde am 18. September sogar bis auf 30 Euro ein (dunkelrote untere gezackte Linie). Hier ist deutlich erkennbar, dass in diesem Zeitraum der realisierte Stromverbrauch (obere hellrote Linie) deutlich unter der produzierten Strommenge liegt (vielfarbige Zacken).
Zusätzliche CO2-Steuer wirkt inflationsanheizend
Hinzu kommt, dass man in der aktuellen prekären weltwirtschaftlichen Situation samt hegemonialer Vormacht-Bestrebungen nicht davor zurückscheut, in Österreich ausgerechnet jetzt neue, inflationsanheizende CO2-Steuern zu implementieren – mit destruktiven Auswirkungen auf die Wirtschaft. Für diese Steuern sind zwei schrittweise Erhöhungen bis ins Jahr 2023 hinein vorgesehen. Sie gerade jetzt einzuführen ist ein finanz- und wirtschaftspolitischer Fauxpas der Sonderklasse. Und dann wundert man sich, wenn die Volksseele hochkocht.
Für die Standardprodukte bedeutet die Steuer im Einzelnen folgende Erhöhungen pro Liter (incl. USt.): Benzin plus 8,17 Cent, Diesel B0 + 9,61 Cent, Diesel B7 + 9,- Cent, Heizöl + 10,728 Cent, Kohle + 10 Cent, Kerosin + 9,252 Cent.
Den Automobilfahrern wurde in kürzester Zeit propagandahaft der Kauf von Elektroautos schmackhaft gemacht; gleichzeitig wird ständig vor einem Stromnetz-Blackout gewarnt. Bei dieser raschen Zunahme an Elektrofahrzeugen provoziert man förmlich zusätzlich eine künstlich herbeigeführte Stromverknappung.
Wird die Merit Order nicht schnellstens in der aktuellen Form abgeschafft, so schlittern wir in ein ökonomisches Desaster. Familienhaushalte werden schamlos übergebührlich belastet.
Andreas Kubin, 2. Oktober 2022