Wahl der AfD mit Beginn des Zweiten Weltkriegs gleichgesetzt? Strafanzeige gegen ZDF-Chefredakteurin

Bild: freepik

Die Wahlergebnisse aus Thüringen und Sachsen schmecken der Ampel ebenso wenig wie der hörigen Systempresse: Entsprechende Entgleisungen waren erwartbar. ZDF-Zuschauer wurden am gestrigen 1. September allerdings Zeuge besonders despektierlicher Äußerungen: Chefredakteurin Bettina Schausten setzte die Wahl kurzerhand in einen Kontext mit dem Beginn des Zweiten Weltkriegs vor 85 Jahren.

Haben Wähler in Sachsen und Thüringen womöglich einen Dritten Weltkrieg ausgelöst? Bei den Öffentlich-Rechtlichen deutet man das an. ZDF-Chefredakteurin Bettina Schausten erging sich anlässlich der fürs System ärgerlichen Ergebnisse der Landtagswahlen in einer mehr als fragwürdigen Gegenüberstellung:

Am 1. September 1939 begann der 2. Weltkrieg mit dem Angriff der Wehrmacht auf Polen. Deutschland überzog die ganze Welt mit Leid und Tod, ermordete 6 Millionen Juden. Am 1. September 2024, auf den Tag 85 Jahre danach, wird im deutschen Bundesland Thüringen eine Partei stärkste politische Kraft, die laut Verfassungsschutz erwiesen rechtsextremistisch ist, mit einem Kandidaten an der Spitze, der wie ein Faschist redet und auch so genannt werden darf. Das ist schwer erträglich und macht diesen 1. September zu einer politischen Wegmarke und einer Mahnung an die Nachgeborenen. Mehr als 30 % der Wählerinnen und Wähler in Thüringen und in Sachsen haben rechtsextrem gewählt. Zum aller größten Teil sind das keine Neonazis, aber, und das ist nicht weniger erschütternd, es ist ihnen egal, rechtsextrem zu wählen.

Quelle: ZDF

„Schwer erträglich“ finden User in den sozialen Netzen vor allem, dass sie die stetige Diffamierung und Kriminalisierung der Wähler auch noch mit ihren Zwangsgebühren finanzieren. Scharfe Kritik kommt auch von Rechtsexperten: Volker Boehme-Neßler, Professor für Medien- und Telekommunikationsrecht, konstatierte auf X zu einem Video des Schausten-Kommentars, dass „solche Leute“ im öffentlich-rechtlichen Rundfunk „nichts zu suchen“ hätten und forderte als Konsequenz ihre fristlose Entlassung.

Haintz: Strafanzeige wegen Verdachts auf Volksverhetzung

Rechtsanwalt Markus Haintz derweil hat nun Strafanzeige gegen Schausten erstattet – und stützt sich dabei auf eine Argumentation derselben Staatsanwaltschaft, wonach ein vermeintlicher Vergleich mit dem Dritten Reich im Corona-Kontext eine Volksverhetzung darstellte. Somit ist Haintz‘ Ansicht nach jede Argumentation gegen das Vorliegen einer Volksverhetzung in Schaustens Fall eine Demontage der eigenen vorangegangenen Argumentation. Auf X erörterte er:

#Landtagswahlen im Osten, Demokratie & Faschisten. Ich habe soeben #Strafanzeige gegen die ZDF-Chefredakteurin Bettina Schausten wegen des Verdachts der #Volksverhetzung erstattet

#Schausten hat in einem Kommentar zu dem Ergebnis der #Thueringenwahl2024 einen Kontext zwischen dem Angriff der Wehrmacht auf Polen am 01. September 1939 und 6 Millionen ermordeter Juden im 3. Reich hergestellt, um Stimmung gegen Höcke, die AfD und deren Wähler zu machen.

Nach der eigenen Argumentation der Staatsanwaltschaft, der ich die Strafanzeige geschickt habe, liegt hier eine Volksverhetzung vor.

Ein Mandant / eine Mandantin von Haintz legal wurde aufgrund eines vermeintlichen Vergleichs mit COVID-Bezug von eben jener Staatsanwaltschaft angeklagt (Strafbefehl) und erstinstanzlich wegen vermeintlicher Volksverhetzung von einem Amtsgericht verurteilt. Die Berufung hiergegen liegt seit fast 2 Jahren beim Landgericht, welches offenkundig Probleme damit hat, den Fall zu händeln. In diesem konkreten Fall wurde gerade kein Bezug zu einem Verbrechen gemäß § 6 Abs. 1 des Völkerstrafgesetzbuches (Völkermord) gezogen, welcher aber für eine Verurteilung nach § 130 Abs. 3 Strafgesetzbuch zwingend erforderlich ist. Trotzdem erfolgte eine Verurteilung.

Erstinstanzlich hätte hier niemals eine Verurteilung erfolgen dürfen. Mit der Argumentation der Staatsanwaltschaft und des erstinstanzlichen Amtsgerichts habe ich auch Strafanzeige gegen Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wegen des Verdachts der Volksverhetzung erstattet. Diesbezüglich wurde ein Vorermittlungsverfahren eingeleitet, welches nach meiner Kenntnis noch immer nicht abgeschlossen ist. Jedenfalls habe ich diesbezüglich noch keine Rückmeldung der Staatsanwaltschaft erhalten.

Nunmehr habe ich mit derselben Argumentation auch die ZDF-Chefredakteurin Bettina Schausten wegen des Verdachts der Volksverhetzung angezeigt. Ich bin wirklich gespannt, wie die Staatsanwaltschaft nunmehr gegen ihre eigene Argumentation argumentieren wird. 

Sowohl im Fall von Steinmeier als auch im Fall Schausten wurde ein Kontext zu einer unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangenen Handlung gemäß § 6 Abs. 1 des Völkerstrafgesetzbuchs gezogen.
Steinmeier stellte bei seiner Rede anlässlich des 80. Jahrestags des Aufstands im Warschauer Getto einen Bezug zwischen dem Ukrainekrieg und dem Vernichtungskrieg der Wehrmacht in Osteuropa her. Schausten stellte einen Kontext mit dem Angriff der Wehrmacht auf Polen am 1. September 1939 und 6 Millionen ermordeter Juden her.

Ich bin wirklich gespannt, wie die politisch abhängige Staatsanwaltschaft (§ 146 f. GVG) versuchen wird, aus diesem „juristischen Dilemma“ herauszukommen.

Ich fordere meine Anwaltskolleginnen und -Kollegen dazu auf, sich den unzähligen Fehlentscheidungen durch Gerichte und Behörden, den verfassungswidrigen Beeinträchtigungen und den staatlichen Machtüberschreitungen, insbesondere seit März 2020, entgegenzustellen.

Dies ist keine Bitte. Es ist eine Aufforderung zur Einhaltung der anwaltlichen Berufspflicht gemäß § 1 Abs. 3 der Berufsordnung der Rechtsanwälte.

Markus Haintz
Rechtsanwalt

Was aus der Anzeige wird, wird sich zeigen. In Deutschland sagt man Politikern und deren Hofberichterstattern häufig eine für totalitäre Systeme übliche Narrenfreiheit nach. Dies wäre eine Gelegenheit, zu beweisen, dass noch gleiches „Recht“ für alle gilt. Doch ob man sie nutzen wird?

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