Nahezu jedes westliche Medium hat sich in den letzten Tagen zu einem angeblichen Störangriff Russlands auf ein Flugzeug mit EU-Kommissionspräsidentin Von der Leyen an Bord geäußert. Unkritisch und ohne Eigenrecherche übernahm man das Narrativ: Das Flugzeug habe eine Stunde kreisen müssen, bis die Piloten mithilfe von Karten aus Papier zur Landung ansetzen konnten. Wir haben Luftfahrt-Experten aus dem Osten und dem Westen mit der Geschichte konfrontiert – hier ihre Fachmeinungen.
Wir haben umgehend eine Reihe von Presseanfragen ausgeschickt, um den Wahrheitsgehalt der Geschichte zu überprüfen. Denn anhand öffentlich verfügbarer Daten dürfte es sich um eine vollständige Presse-Ente handeln – siehe: Von der Leyens Märchenflug: Flightradar entlarvt Brüssels GPS-Märchen. Zunächst kontaktierten wir die bulgarische Flugaufsicht, konfrontierten sie mit den AIS-Daten sowie der GPS-Jamming-Karte, welche für den betreffenden Tag für die Region keine Störungen aufweist. Außerdem wollten wir wissen, welche bulgarische Behörde den “Angriff” gegenüber der Westpresse bestätigt hat. Bislang erhielten wir leider keine Rückmeldung – sollte man sich dennoch äußern, werden wir weiter berichten.
Dann wandten wir uns per E-Mail aber auch über diverse Telegram-Kanäle an Luftfahrt-Experten in Ost und West. Wir wollten ergründen, ob Russland oder irgendjemand technisch in der Lage ist, ein GPS-Jamming wie behauptet so punktgenau durchzuführen. Oleg Schalandin ist Militärexperte, Offizier der russischen Reserve und Kriegsveteran. Er beantwortete unsere Anfrage dankenswerterweise wie folgt:
Russland prinzipiell zu GPS-Störung fähig, aber…
Report24: Sind die Behauptungen in den US-Medien und in Folge den deutschen Medien plausibel, dass eine gezielte GPS-Störung eines Flugzeuges über Plowdiw durch Russland geschehen ist? Ist das überhaupt technisch möglich und verfügt Russland über so eine Technologie?
Schalandin: Die Behauptungen in den US-Medien, deutschen Medien und allen anderen Medien bezüglich des angeblichen Vorfalls mit dem Flugzeug von Ursula von der Leyen stellen keinen Präzedenzfall dar.
Ein modernes Flugzeug, ob militärisch, ob zivil, ist mit GPS-Systemen zur Navigationsunterstützung ausgestattet, es ist aber nicht das primäre Navigationssystem. Primär wird mithilfe terrestrischer Knotenpunkte des geodätischen Systems navigiert. Nochmals: Das GPS-System ist nicht das primäre System der Orientierung von Piloten im Raum, es ist ein Hilfssystem.
Wenn Piloten nur anhand des GPS-Systems fliegen, dann muss man ihre Eignung zum Pilotieren anzweifeln. Piloten einer so exponierten Persönlichkeit wie die Kommissionspräsidenten müssten aber Piloten der Extraklasse sein, sollte man annehmen.
Russland verfügt in der Tat über Mittel zur Blockade von Satellitensignalen jeder Art, unabhängig davon, ob es sich um GPS-Signale oder sonstige Signale handelt. Es gibt aber eine andere, näherliegende Erklärung für den Ausfall von GPS-Systemen: Der Satellit kann sich schlichtweg aus dem Sichtbarkeitsbereich für das Flugzeug wegbewegt haben, was regelmäßig für kurze Zeiträume geschieht.
Report24: Hat eine solche Maschine nicht zahlreiche Backup Systeme, mit denen man einen GPS-Ausfall kompensieren könnte? Ist es plausibel, dass man auf Papier-Karten ausweichen musste?
Schalandin: Das Flugzeug hat in jedem Fall mehrere Systeme der Orientierung / Navigation. Ich habe schon das terrestrische Navigationssystem erwähnt, das die Orientierung anhand von Radiosignalen von Bodenstationen (Knotenpunkten) ermöglicht. Diese bodengestützten Sender sind mit ihren Koordinaten bekannt. GPS ist nur ein sekundäres Hilfssystem. Es wird nur an gänzlich unbekannten oder entlegenen, nicht mit dem primären Aeronavigationssystem ausgestatteten Orten verwendet.
Auf Papier gedruckte Navigationskarten werden heute nicht mehr verwendet, allein schon deshalb, weil sie in den Bordcomputern eingespeichert sind. Die Crew arbeitet mit diesen elektronischen Karten, sie braucht keine auf Papier gedruckten Landkarten. Ich kann mir noch auf militärischen Flugzeugen den Einsatz gedruckter Karten vorstellen, auf Jagdbombern zum Beispiel.
Orte, die nicht mit Navigationssystemen ausgestattet sind, gibt es allenfalls in der Arktis und der Antarktis. Ich kann mir nicht vorstellen, was passieren muss, damit auf Papier gedruckte Karten zur Verwendung kommen.
Report24.news: Gemessen an den veröffentlichten Daten von Flightradar und der GPS-Jamming Landkarte des betroffenen Tages – wie wahrscheinlich ist es, dass es überhaupt irgendeinen Vorfall bei dem genannten Flug gab?
Schalandin: Ja, Russland kann in der Tat Signale der Satelliten blockieren, die von seinem Gebiet sichtbar sind. Daher kann man nicht von vornherein ausschließen, dass ein in Bulgarien empfangbares Signal davon theoretisch betroffen wäre. Die Acht, welche das Flugzeug gedreht hat, ist mit Sicherheit Folge der Arbeit von Dispatchern / Flugaufsicht. Flightradar bezieht seine Daten von den erwähnten terrestrischen Navigationssystemen, von Satelliten und von Radaren der Luftüberwachung. Ein Flugzeug verschwindet dort nur, wenn es abgestürzt ist.
Bei GPS-Störungen müsste ganze Region betroffen sein
Der zweite Experte, der sich bereit erklärte, auf unsere Anfrage zu antworten, ist Alexander Sinjugin, ein ehemaliger russischer Militärpilot:
Report24: Sind die Behauptungen in den US-Medien und in Folge den deutschen Medien plausibel, dass eine gezielte GPS-Störung eines Flugzeuges über Plowdiw durch Russland geschehen ist? Ist das überhaupt technisch möglich und verfügt Russland über so eine Technologie?
Sinjugin: Die Behauptungen der amerikanischen und deutschen Medien, dass Russland absichtlich das GPS-System des Flugzeugs über Plovdiv gestört habe, erscheinen aus mehreren Gründen unglaubwürdig. Erstens, für Russland ergibt dies überhaupt keinen Sinn. Zweitens, GPS wird von den USA kontrolliert und gesteuert
Drittens, GPS ist eine Komponente des Navigationssystems eines Flugzeugs, und das Flugzeug behält die Möglichkeit, den Flug mit einer bestimmten Genauigkeit gemäß dem Flugplan zu absolvieren.
Es ist äußerst schwierig, zu sagen, ob Russland über die technischen Möglichkeiten verfügt, um solche Probleme für GPS zu verursachen, während die USA durchaus in der Lage sind, den Betrieb von GPS in
einem bestimmten Gebiet vollständig einzuschränken, da sie die vollständige Kontrolle über dieses globale Positionierungssystem haben. Dann wären jedoch Störungen des GPS-Betriebs nicht
nur bei einem einzigen Flugzeug in diesem Gebiet zu beobachten, sondern bei allen Flugzeugen, die sich in diesem Fluggebiet befinden.
Report24: Hat eine solche Maschine nicht zahlreiche Backup Systeme, mit denen man einen GPS-Ausfall kompensieren könnte? Ist es plausibel, dass man auf Papier-Karten ausweichen musste?
Sinjugin: Die Grundlage des gesamten Navigationssystems eines Flugzeugs ist der FMC (Flight Management Computer). Wie gesagt, ist GPS eine der Komponenten dieses Navigationssystems. Bei einem Ausfall des GPS verzichtet der FMC, der ständig die Navigationsgenauigkeit der verschiedenen Systemkomponenten vergleicht, auf ungenaue oder fehlende GPS-Daten und bezieht die Daten aus dem Trägheitsnavigationssystem und den Funkgeräten VOR-DME (omnidirektionales Funknavigationsgerät mit Entfernungsmesser). NDB (Navigationsfunkbake) übernimmt. Die Navigationsgenauigkeit nimmt dadurch ab, jedoch nicht in kritischem Maße.
Ja, es ist plausibel, dass die Piloten eine geringe Situationswahrnehmung hatten, was für Flüge in Europa, wo es viele Funkgeräte gibt, typisch ist. Solche Ausfälle kommen selten vor, weshalb Piloten selten eine detaillierte Orientierung durchführen, was bei einem solchen Ausfall für sie überraschend gewesen sein könnte. Indirekt kann man davon ausgehen, dass der GPS-Ausfall an der Bordausrüstung dieses Flugzeugs auftrat und möglicherweise das FMC für die Aktualisierung der Daten von Funkgeräten nicht korrekt eingestellt war
Report24.news: Gemessen an den veröffentlichten Daten von Flightradar und der GPS-Jamming Landkarte des betroffenen Tages – wie wahrscheinlich ist es, dass es überhaupt irgendeinen Vorfall bei dem genannten Flug gab?
Sinjugin: Die Wahrscheinlichkeit einer Störung des Navigationssystems dieses Flugzeugs ist durchaus möglich. Bei Flugzeugen, die im westlichen Teil der Russischen Föderation fliegen, kommt es relativ häufig zu GPS-Störungen, was jedoch nicht zu Schwierigkeiten bei der Durchführung von Flügen gemäß dem Flugplan führt.
Die Besatzungen sind von ROSAVIAZIA angewiesen, solche Ausfälle des GPS-Systems dem Fluglotsen zu melden, unter dessen Kontrolle sie stehen, und weiterhin die komplexen Navigationsmöglichkeiten des Flugzeugs zu nutzen.
Westliche Piloten: GPS nur “nettes Zusatzsystem”
Report24 hat auch zahlreiche westliche Piloten um einen Kommentar angefragt. Hier möchte allerdings niemand unter seinem Namen auftreten, vermutlich weil Repression und Zensur durch die EU befürchtet werden.
Ein Ausfall des GPS wird von keinem Berufspiloten als problematisch angesehen. Wenn dieses ausfällt, habe man beispielsweise auch die Möglichkeit, sich Radarvektoren über Funk geben zu lassen, um mit diesen sicher die Landebahn zu erreichen. Auch im Sichtflug sei das kein Problem.
Ein weiterer Pilot führt aus, dass GPS nur ein “nettes Zusatzsystem” wäre, die Navigation aber auf Boden-Funkfeuer beruht. Wenn nur das GPS ausfällt, liefe trotzdem alles normal weiter. Eine Notwendigkeit für Papierkarten bestünde nicht. Es wird aber darauf hingewiesen, dass Piloten aufgrund ihrer Ausbildung natürlich auch mit Papierkarten arbeiten können – also sollte es kein Problem sein, mit so einem Hilfsmittel zu navigieren.
Ein weiterer Pilot ergänzte, dass im benutzten Flugzeug, der Dassault Falcon 900LX, “alles mindestens doppelt vorhanden” sei. Ein GPS-Ausfall wäre kein Grund für ein Drama, schon gar nicht unter Profis. Zudem führe man auf verschiedenen Geräten digitale Karten des Fluggebietes mit sich, das kann auch das Mobiltelefon oder ein iPad sein. Das wäre auch unter Privatpiloten üblich.
Ein Pilot führte aus, dass er schon selbst von GPS-Jamming in Bulgarien betroffen war. Es gäbe Fehlermeldungen im Cockpit, die anderen Systeme würden eine Störung aber ausgleichen – deshalb würde man am Kurs eines Flugzeuges auch in der Regel nichts von so einer Störung feststellen können (in Bezug auf die Aufzeichnungen von Flightradar).
Um “auf Papierkarten angewiesen zu sein” hätten in der Dassault Falcon zahlreiche redundante Systeme ausfallen müssen, nicht nur die beiden Honeywell GPS-Empfänger. Daneben gibt es zwei Mikro-Inertialreferenzeinheiten, ebenso von Honeywell, welche Position, Lage und Kurs durch Inertialnavigation definieren. Hinzu kommen mehrere Funknavigationsempfänger, die eine bodengestützte Positionierung ermöglichen. Somit müsste eigentlich das gesamte Flugzeug elektronisch lahmgelegt sein, dass es kein funktionierendes elektronisches System mehr gibt und die Verwendung einer Papierkarte nötig würde. Allerdings hätte ein Flugzeug mit Elektronik-Totalausfall ganz andere Probleme – und keines davon wird für den Flug der Von der Leyen berichtet.
Erwähnenswert ist auch der Fachartikel in Aero.de, wo man festhält: Kaum Auffälligkeiten bei Flug von Ursula von der Leyen.
Der Flug sollte 1:48 Stunden dauern, nach Aufzeichnungen von “Flightradar24” brauchte AAB53G letztlich 1:57 Stunden von Warschau nach Plowdiw.
Wie groß das GPS-Problem letztlich war, ist unklar. Der ADS-B-Mitschnitt lässt laut “Flightradar24” auf eine eher “gute Signalqualität” schließen.
Der sogenannte NIC-Wert (Navigation Integrity Category) habe “vom Start bis zur Landung” im oberen Bereich gelegen. Der Wert zwischen 0 und 11 gibt an, wie verlässlich die aktuell vom Flugzeug ermittelten Positionsdaten sind.
Die ganze Geschichte dürfte eine Zeitungsente sein, die ein im Flugzeug befindlicher embedded Journalist der linksglobalistischen Financial Times in die Welt gesetzt hat. Auch das Märchen von “einer Stunde Kreisen“, das in der Realität nie stattgefunden hat, stammt von ihm. In der Folge bestätigten systemtreue Kreise in Brüssel und Bulgarien die Geschichte, um gegen den verdeckten Kriegsgegner Russland zu hetzen und die Bevölkerung weiterhin in Richtung eines offenen Krieges zu manipulieren.
