Über 300 Proben hochgefährlicher Viren sind aus einem Hochsicherheitslabor in Queensland verschwunden – und niemand hat’s gemerkt. Zumindest nicht sofort. Genau genommen hat es ganze zwei Jahre gedauert, bis der peinliche und potentiell gefährliche Vorfall überhaupt ans Tageslicht kam.
Die Geschichte liest sich wie ein Lehrbuch für institutionelles Versagen: Ein defekter Gefrierschrank im Queensland Public Health Virology Laboratory, verschwundene Proben von Hantavirus, Hendra-Virus und Lyssavirus. Pikant: Die Proben verschwanden bereits 2021, entdeckt wurde der Verlust erst im August 2023, und die Öffentlichkeit erfuhr am Montag davon.
Queenslands Gesundheitsminister Tim Nicholls bemüht sich redlich, die Situation zu entschärfen. „Es gibt keine Hinweise auf Diebstahl oder böswillige Absichten“, versichert er. Seine beruhigende Zusatzinformation: Die Herstellung von Biowaffen sei „nichts für Amateure“. Na dann.
Besonders pikant: Unter den vermissten Proben befinden sich fast 100 Röhrchen mit dem Hendra-Virus, 223 mit dem tollwutähnlichen Lyssavirus (Mortalitätsrate: 100 Prozent) und zwei mit Hantaviren, die immerhin „nur“ 38 Prozent ihrer Opfer dahinraffen. Der Queensland Chief Health Officer John Gerrard versucht zu beschwichtigen: „Es ist schwer vorstellbar, wie daraus eine Gefahr für die Öffentlichkeit entstehen könnte.“ Schließlich seien keine entsprechenden Infektionen in den letzten fünf Jahren gemeldet worden – eine Logik, die bestenfalls kreativ genannt werden kann.
Immerhin hat man jetzt eine Untersuchung eingeleitet. Der pensionierte Richter Martin Daubney und Biosicherheitsexperte Dr. Julian Druce sollen herausfinden, wie es zu diesem „schwerwiegenden Verstoß gegen Biosicherheitsprotokolle“ kommen konnte. Währenddessen hat das Gesundheitsministerium bereits reagiert – mit „Nachschulungen“ für das Personal. Man möchte fast fragen: Gab es vorher überhaupt Schulungen?
Die gute Nachricht – falls man in diesem Desaster danach sucht: Die Viren würden außerhalb der Kühlung schnell unschädlich werden, versichern die Experten. Möglicherweise wurden sie sogar vorschriftsmäßig im Autoklaven vernichtet. Möglicherweise.
Während wir noch über die Ursprünge von Covid-19 rätseln (und da scheint ein Laborausbruch ebenfalls ziemlich sicher zu sein), liefert Australien unfreiwillig den Beweis, dass es für den nächsten Biosicherheitsskandal nicht einmal zwangsweise böse Absichten braucht – schlechtes Management reicht völlig aus.