Verhitlern für die Quote – wie die Kleine Zeitung Felix Baumgartner weltweit in Verruf bringen wollte

Foto: Georges Biard; licenca: CC BY-SA 3.0; https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=25584058

Am 14. Oktober 2012 gelang dem österreichischen Extremsportler Felix Baumgartner ein Fallschirmsprung aus der Stratosphäre, der – perfekt inszeniert – die Menschen der Welt bewegte und inspirierte. Ein mutiger Mann, der die Menschen inspiriert, über sich hinauszugehen und das Gute, Wahre und Schöne zu suchen, war für die Linken eine Gefahr. Deshalb ritt damals Klaus Höfler von der Kleinen Zeitung aus und legte Baumgartner einen Hitler-Spruch in den Mund, den dieser freilich nie getätigt hat.

Ein Artikel von Florian Machl vom 31. Oktober 2012

Am 27. Oktober erschien in der Kleinen Zeitung ein so genanntes Interview mit dem österreichischen Extremsportler Felix Baumgartner, der nicht zuletzt durch seinen „Red Bull – STRATOS“ Stratosphärensprung internationale Berühmtheit erlangt hatte. Die von Kleine-Zeitung-Redakteur Klaus Höfler (Chefredakteur des Wirtschaftsmagazins Primus) verfassten vier Interviewfragen umfassen insgesamt 32 Wörter. Ein Teilsatz einer Antwort veranlasste Höfler gleich zu zwei Veröffentlichungen – neben dem Originalinterview gab es noch einen Extra-Artikel in der Chronik vom 28. Oktober. „Aus gemäßigter Diktatur“ dichtete die heimische Medienlandschaft inzwischen den Wunsch nach Hitler. Und wie es dem Menschen Baumgartner dabei geht – das ist allen völlig egal.

Kritische Distanz des Journalisten Klaus Höfler? Auf seiner Facebook-Wall sind bis zum heutigen Tag (4.11.2012, 20:00) “freie Meinungsäußerungen” wie “redbull-schl****” zu lesen. Direkt unter dem Posting, das Höfler stolz nach dem erfolgten Interview tätigte. Ein 32-Wörter Interview, das den Startschuss zu einer österreichweiten Negativ-Kampagne gegen den international gefeierten Extremsportler werden sollte. (Bildzitat: Facebook Klaus Höfler, öffentliches Posting)

„Baumgartner für ‘gemäßigte Diktatur’“ war der Titel in der Chronik, „Baumgartner: ‘Wir würden eine gemäßigte Diktatur brauchen’“ war der Titel des „Interviews“. Eine geplante Sensation, die große Leserzahlen bringt? Warum operiert die Kleine Zeitung, ein für hohe journalistische Qualität bekanntes und geschätztes Blatt, plötzlich in einem Stil, den man sonst nur vom inhaltlich „einfachsten“ Boulevard wie „Österreich“ kennt? Die Veröffentlichung führte zu dem, was nach der entsprechenden Titelgebung zu erwarten war: Alle nennenswerten Medien, vom ORF abwärts, schrieben wortgleich von der Kleinen Zeitung ab.

Darüber hinaus befleißigten sich sonst besonders political correcte Blätter der Beifügung von Details, die bestens dazu geeignet sind, das öffentliche Ansehen des Menschen Baumgartner völlig zu demolieren. „A klaner Hitler“ wäre der Wunsch Felix Baumgartners, so unterstellt Hans Rauscher vom Standard. Nicht nur in einem neckischen Fragesatz, sondern auch gleich im Titel. Am 31. Oktober setzt Günter Traxler nach und fragt in derselben Zeitung unter der Headline „’Super-Felix’ Baumgartner über Sport und Diktatur“: „Wo bleibt da Hitler?“. Hitler bringt eben Quote. Und Boulevard auch. Hier will man das Feld wohl nicht kampflos der Kronen Zeitung überlassen – die bei diesem Thema interessanterweise gar nicht mitspielt. Was niemand fragt: Wo versteckt sich bei dieser Posse eigentlich der seriöse Journalismus? Oder auch: Wie hat Baumgartner das eigentlich wirklich gemeint?

Ein selbstgefälliges Korrektiv wacht über die Einhaltung der Mittelmäßigkeit

Rechtfertigt der Sager tatsächlich die komplette Demontage eines potenziellen Vorbildes für Millionen von Jugendlichen? Die UN wollte Baumgartner nach seinem Sprung zum Jugend-Botschafter ernennen. Wenig verwunderlich, denn diese Welt hat nicht viele friedliche Vorbilder, die durch Disziplin und Fleiß ihr Lebensziel auf eine Art und Weise erreichen, die dazu geeignet ist, die ganze Welt zu inspirieren. Doch leben wir wohl auch in einem Land, wo still und leise das Mittelmaß zum unanfechtbaren Maß aller Dinge geworden ist. Wo offenbar jeder, der aus der Mitte der „ganz normalen Menschen“ auszubrechen droht, um „etwas Besonderes“ zu werden, möglichst schnell die selbstgerechte Kraft des Journalisten-Kollektivs erfahren muss. Ein gestrenges und höchst eigendynamisches Korrektiv wacht darüber, dass alle Köpfe gleichermaßen dort bleiben, wo sie hingehören: unten.

Und so muss wohl aus dem “Weltraum-Helden” ein Buhmann werden, so schnell wie möglich. Vielleicht, damit Herr und Frau Österreicher verstehen: Es gibt da nichts zu erreichen, über dem Mittelmaß. Cluburlaub in der Türkei, ein Strandspaziergang zwischen Bibione und Caorle und vielleicht noch ein Ausflug auf den Ballermann haben die größten Abenteuer des Lebens zu bleiben. Wer sich darüber hinaus wagt, wird abgewatscht, insbesondere wenn er die Frechheit besitzt, nicht über ausreichende (politische) Bildung zu verfügen, um den Raubtieren der heimischen Journaille Paroli bieten zu können. Der Hang zur Neidgesellschaft macht hier den Applaus des Publikums möglich.

Bei Stichwörtern wie Diktatur wird zum heiligen Stellvertreterkrieg gerufen

Es scheint eine Frage der Kultur zu sein. Und von Respekt. Gegenüber so manchem Außenseiter der Gesellschaft wird beides Tag für Tag von genau diesen Zeitungen und ihren moralisch ach so korrekten Autoren eingemahnt. Diese Regeln scheinen hier nicht zu gelten und entlarven somit auch vorangegangene Moralpredigten als hohles Lippenbekenntnis zur Servicierung der vermeintlichen Stammklientel. Bei Stichwörtern wie „Diktatur“ (sonnenklar, Hitler!) wird zum heiligen Stellvertreterkrieg von Links gegen Rechts aufgerufen. Da sind alle Mittel recht, da darf schon einmal jemand brennen. Es ist ja für die gute Sache.

Und vielleicht kann man ja auch Mäzen Mateschitz bei der Gelegenheit noch eins reinwürgen. Der es ja gewagt hat, ebenso aus dem Mittelmaß auszubrechen. Der aber im Gegensatz zu Protégé Baumgartner gelernt hat, sich aus dem Licht der Öffentlichkeit zu entfernen und nicht in die Schusslinie profilierungssüchtiger Provinzschreiberlinge zu geraten. Und der erst vor kurzem auf eine vergleichbare Fangfrage sehr direkt geantwortet hat: „Nein, ich könnte nie Parteiinteressen vor objektiv richtige Sachentscheidungen stellen. Ich glaube nicht, dass durch Diskriminierung der Leistung anderer die eigene Leistung besser wird. Ich bin weder ein notorischer Lügner noch ein sich opportunistisch verhaltender Mensch.“

Aus einfachen Verhältnissen zu stammen, ist keine Schande

Eine Eloquenz, über die der ehemalige KFZ-Mechaniker Baumgartner nicht verfügt (Anmerkung, 2025: aus der Perspektive des Jahres 2012, die Entwicklung danach verlief steil und nicht weniger vorbildlich!). Dies als Journalist auszunutzen, könnte man hingegen durchaus als genau jenen Opportunismus entlarven, den beispielsweise Mateschitz ablehnt. Wenn also ein Mensch, der eigentlich aus einfachen Verhältnissen stammt – was mit Sicherheit keine Schande ist, sondern auf die Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher zutrifft – eine Aussage wie „gemäßigte Diktatur“ tätigt, dann stellt sich zumindest mir zuerst die Frage: Was soll das eigentlich sein? Diese Bezeichnung gibt es in keinem Lehrbuch für Politikwissenschaften und in keinem Wörterbuch. Es ist also fürs Erste völlig unklar, was darunter zu verstehen ist.

Interessiert man sich für die Meinung Baumgartners, kann man aus dem weiteren Gesagten den ungeschickt formulierten Wunsch nach einer Expertenregierung herauslesen. Wobei auch dies eine Interpretation ist. Und bevor ein Journalist interpretiert, hat er nachzufragen. Um Klarheit zu schaffen. Und um seinen Lesern eine möglichst objektive Form der Berichterstattung zu bieten. Nicht nachzufragen kann auf schlechte Ausbildung oder Desinteresse hindeuten. Es kann aber auch, wie im vorliegenden Fall, eine schnelle Rechnung mit hohen Leserzahlen sein. Er hat „Diktatur“ gesagt! Das veröffentlichen wir unkommentiert, den Rest erledigt der Mob. Danke für die Mitarbeit, Herr Baumgartner, auf Wiedersehen und einen schönen Tag.

Ein Re-Check bei Herrn Chefredakteur Höfler

Im Vergleich zu Herrn Redakteur Klaus Höfler von der Kleinen Zeitung (Chefredakteur des Wirtschaftsmagazins Primus) mag man mir vielleicht vorwerfen, nicht für ein bedeutendes Blatt zu schreiben. Doch die Grundsätze des seriösen Journalismus, diese habe ich nicht vergessen. Beispielsweise den Re-Check bei der Originalquelle. Im Fall des vorliegenden Artikels direkt bei Herrn Höfler selbst. Dass ich darauf keine Antwort erhalten würde, war mir sonnenklar. Das ist aber nicht weiter schlimm. Denn die Fragestellungen in diesem Lehrstück für journalistische Verhältnismäßigkeit vs. Gier auf Quote können für sich alleine stehenbleiben.

Sehr geehrter Herr Chefredakteur Klaus Höfler …

… wie kam es dazu, dass ihr Interview mit einer Persönlichkeit, die erst vor kurzem vom UN-Generaldirektor als „mutigster Mensch der Welt“ geehrt wurde, aus nur vier Sätzen mit insgesamt 32 Wörtern bestand?

Haben sie sich auf dieses Interview vorbereitet oder fielen die Fragen spontan? In welchem Umfeld geschah das Interview? Schriftlich, telefonisch, persönlich? Wurde es vor Veröffentlichung nochmals vom Interviewpartner autorisiert?

Was ist ihrer Ansicht nach eine „milde Diktatur“?

Glauben sie, dass der Begriff einer „milden Diktatur“ so weit verbreitet ist, dass er keine erklärende Nachfrage bedarf, wie er zu verstehen ist?

Konnten sie im Zuge ihrer langjährigen journalistischen Erfahrung das Medienecho und die Reaktionen auf ihr Interview im Vorfeld abschätzen?

Welche inhaltliche Qualität, welche neuen Erkenntnisse hatten sie sich erwartet, als sie sich entschlossen, dem ehemaligen KFZ-Mechaniker Baumgartner eine politische Frage zu stellen? Welche KFZ-Mechaniker werden in der Kleinen Zeitung sonst zu politischen Fragen interviewt?

Wie denken sie darüber, dass aus ihrem Interview inzwischen von Herrn Rauscher im Standard ein angeblicher Wunsch nach einem „klanen Hitler“ abgeleitet wurde?

Glauben sie, dass Felix Baumgartner sich tatsächlich einen „klanen Hitler“ zurückwünscht oder hat er vielleicht eine unglückliche Formulierung für den Wunsch nach einer Expertenregierung geäußert?

Hat bei ihrer Publikation ihrer Meinung nach das vorhersehbar große Medieninteresse oder der Informationsgehalt die größere Rolle gespielt?

Weiterführende Links

externer Link Klaus Höfler, Kleine Zeitung (inzwischen gelöscht, hier archiviert)
externer Link Das Interview in der Kleinen Zeitung (inzwischen gelöscht, hier archiviert)
externer Link Chronik-Eintrag in der Kleinen Zeitung (inzwischen gelöscht, hier archiviert)
externer Link Rauscher im Standard
externer Link Traxler im Standard
externer Link Mateschitz über Politik, Heute (inzwischen gelöscht, hier archiviert)

Klaus Höflers Karriere hat seine Attacke auf Baumgartner offenbar nicht besonders beflügelt. Laut LinkedIn blieb er bis 2020 Chefredakteur des Wirtschaftsmagazins “Primus”, leitete weniger als ein Jahr das Sonntagsmagazin der Kleinen Zeitung und wurde dann, 2020, Chefredakteur von „Fakt & Faktor“. Die Homepage des Magazins führt zu Casino-Werbungen, ist also nicht mehr in Betrieb. Es findet sich ein Eintrag in der Wirtschaftskammer Steiermark, wo er in der Stabstelle Kommunikation & Medien als Redakteur tätig sein soll.

Anmerkung von Florian Machl: In Folge dieses Artikels, der im Oktober/November 2012 hunderttausende Male gelesen wurde, vereinbarte die damalige Freundin Baumgartners, Nicole Öttl, ein Treffen, das kurz darauf stattfand.

Einige Jahre später hatte ich die Gelegenheit, als Kollege von Felix Baumgartner für das Medienprojekt “Alles Roger” zu arbeiten. Wir haben uns einige Male persönlich getroffen und es war jedes Mal eine Bereicherung. Der viel zu frühe Tod Felix Baumgartners am 17. Juli 2025 ist ein Verlust für die Welt und ein Verlust für Österreich. Mein Mitgefühl gilt vor allem seinen engsten Freunden und Hinterbliebenen.

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