Der Vatikan hat am 18. Mai eine Pressekonferenz zu übernatürlichen Phänomenen wie Wunder aller Art abgehalten. Die große Vorfreude mancher Medien, es würde sich um die Beurteilung von Begegnungen mit Außerirdischen handeln, scheint aber verfrüht zu sein. Wahr ist, dass die letzte vergleichbare Äußerung des Vatikans im Jahr 1978 erfolgte. Im Grunde genommen ging es um die für Katholiken so wichtigen „Wunder“. Diesbezüglich wurde klargestellt, dass die Genehmigung für Ermittlungen Sache des Papstes ist.
Die Vorankündigung im Daily Star las sich deutlich anders als die spätere Bestätigung durch Vatican News. So wurde zunächst behauptet, dass das hauptsächliche Thema der Pressekonferenz die Begegnung der Menschen mit Außerirdischen sei – und dies die Öffentlichkeit verwirren würde.
Tatsächlich handelte es sich um die neuen Regeln des Vatikans hinsichtlich übernatürlicher Phänomene, die im katholisch-christlichen Glauben auch als „Wunder“ bekannt sind. Offiziell: die neuen Bestimmungen des Dikasteriums für die Glaubenslehre zur Unterscheidung zwischen Erscheinungen und anderen übernatürlichen Phänomenen. Die Pressekonferenz wurde von Kurienkardinal Victor Manuel Fernández (Präfekt des Dikasteriums für die Glaubenslehre, Präsident der Päpstlichen Bibelkommission und der Internationalen Theologischen Kommission), Pater Armando Matteo (Sekretär der Kongregation für die Glaubenslehre, Konsultor des Dikasteriums zur Förderung der Einheit der Christen) und Schwester Daniela Del Gaudio (Beobachtungsstelle für Marienerscheinungen) abgehalten.
Die Regeln des Vatikans zum Umgang mit übernatürlichen Phänomenen waren schon fast 50 Jahre alt – und im Februar 1978 verkündet worden.
Damals sagte der Präfekt Kardinal Franjo Seper, die Normen seien notwendig, da sich Nachrichten über angebliche Erscheinungen dank der Massenmedien schnell verbreiteten. „Darüber hinaus begünstigt die Leichtigkeit, von einem Ort zum anderen zu gelangen, häufige Pilgerfahrten, sodass die kirchliche Autorität schnell die Vorzüge solcher Angelegenheiten erkennen sollte“, schrieb er.
Vatican News
Seit 1978 war der örtliche Bischof mit der ersten Beurteilung solcher Wunder betraut. Wichtig war, „dass die Person, die das Phänomen meldet, psychologisch ausgeglichen und ehrlich sei, ein moralisch aufrichtiges Leben führe und der kirchlichen Autorität gehorsam sei.“
Inzwischen fürchtet man im Vatikan offensichtlich, dass zu viel Betrug rund um vermeintliche Wunder stattfindet.
In einem schriftlichen Interview mit OSV News im Februar sagte Fernández, dass es angesichts der zunehmenden Berichte über spirituellen, psychologischen und sexuellen Missbrauch im Zusammenhang mit „falscher Mystik“ „sicherlich notwendig sei, einige Überlegungen im Zusammenhang mit der besonderen Schwere dieser Risiken“ in das Dokument zur Bewertung vermuteter Erscheinungen und anderer übernatürlicher Ereignisse einzubeziehen.
Örtliche Bischöfe hätten im 20. Jahrhundert oft zu schnell die Übernatürlichkeit eines Phänomens erklärt, was von Rom dann später anders beurteilt wurde. Ebenso kam es zu unterschiedlichen Bewertungen zwischen Bischöfen und ihren Nachfolgern. Die Sorge des Vatikans vor Betrügern und Profiteuren scheint aber ebenso groß zu sein, wenn man die Ausführungen von Vatican News betrachtet:
Aber andererseits könnten „in einigen Fällen von Ereignissen, die mutmaßlichen übernatürlichen Ursprungs sind, sehr ernste Probleme zum Schaden der Gläubigen auftreten“. Etwa, wenn solche mutmaßlichen Phänomene „zur Erlangung von Profit, Macht, Ruhm, sozialer Berühmtheit, persönlichen Interessen“ dienten. Oder sogar „als Mittel oder Vorwand, um Menschen zu beherrschen oder Missbrauch zu begehen“. Außerdem könne es „bei solchen Ereignissen zu Irrtümern in der Glaubenslehre, zu einer unangemessenen Verkürzung der Botschaft des Evangeliums, zur Verbreitung eines sektiererischen Geistes usw. kommen“.
Vatican News
Das neue Dokument stellt klar, dass ausschließlich der Papst ein Verfahren zur Überprüfung übernatürlicher Phänomene einleiten dürfe. Dieses könne letztendlich eines von sechs Urteilen ergeben.
Nihil Obstat: Keine Gewissheit über die übernatürliche Echtheit, aber doch Anzeichen für ein Wirken des Heiligen Geistes.
Prae oculis habeatur: Wichtige positive Zeichen, aber auch Elemente der Verwirrung oder mögliche Risiken, die eine sorgfältige Entscheidung und Dialog mit den Empfängern (z.B. Sehern) bestimmter geistlicher Erfahrungen erfordern.
Curatur: Kritische Elemente, aber eine weite Verbreitung des Phänomens mit nachweisbaren geistlichen Früchten. Von einem Verbot, das die Gläubigen verwirren könnte, wird abgeraten, aber der Bischof wird aufgefordert, das Phänomen nicht zu fördern.
Sub mandato: Kritische Punkte, die sich nicht auf das Phänomen selbst beziehen, sondern auf den Missbrauch durch Einzelne oder Gruppen. Der Heilige Stuhl betraut den Bischof oder einen Delegierten mit der pastoralen Leitung des Ortes.
Prohibetur et obstruatur: Trotz einiger positiver Elemente sind die kritischen Aspekte und Risiken schwerwiegend. Der Bischof soll öffentlich erklären, dass das Festhalten an diesem Phänomen nicht zulässig ist.
Declaratio de non supernaturalitate: Der Bischof wird ermächtigt, auf der Grundlage konkreter Beweise zu erklären, dass das Phänomen nicht als übernatürlich zu betrachten ist.