„Die Ungarn sollten nicht den Preis eines Krieges zahlen“, so Ungarns Außenminister Péter Szijjártó. Für Budapest ist klar, dass die Energiesanktionen gegen Russland einen zu großen wirtschaftlichen Schaden anrichten und Moskau nicht wirklich schaden.
Budapest sieht keinen Sinn darin, weitere Energiesanktionen gegen Russland zu verhängen und ist nicht dazu bereit, über dieses Thema zu diskutieren. Dies hat Außen- und Handelsminister Péter Szijjártó nach einem Telefonat mit seinem estnischen Amtskollegen Urmas Reinsalu ungarischen Medienberichten zufolge deutlich gemacht. Diese würden Europa mehr schaden als Russland. Zudem könnte Ungarn ohne Gas und Öl aus Russland nicht funktionieren.
„Vor ein paar Monaten wurde mein Kollege Urmas Reinsalu wieder Außenminister Estlands. Ich habe mich über seine (Wieder-)Ernennung gefreut, denn wir hatten ein gutes persönliches Verhältnis und konnten gut zusammenarbeiten. Ich habe auch gerne seine Einladung angenommen, heute mit ihm zu telefonieren und die aktuelle Sicherheitslage zu besprechen“, schrieb Szijjártó den Medienberichten zufolge auf seiner Facebook-Seite. „Es war ein langes Gespräch, und wir waren uns in der wichtigsten Frage einig: Der Krieg in der Ukraine muss so schnell wie möglich beendet werden“, schrieb er. „Derzeit ist es physisch unmöglich, die Versorgung Ungarns mit Erdöl und Erdgas ohne russische Energiequellen sicherzustellen, und wir werden nicht dazu beitragen, dass das ungarische Volk den Preis für den Krieg zahlen muss“, so Szijjártó weiter. „Die Energiesanktionen schaden Europa mehr als Russland, eine Verschärfung würde also dem gesunden Menschenverstand völlig widersprechen.“
Der ungarische Außenminister räumt jedoch ein, dass viele Länder in Europa in der Frage der Sanktionen eine andere Haltung einnehmen. „Ich habe ihm gesagt, dass wir als Nachbarland ein besonders großes Interesse daran haben, so schnell wie möglich Frieden zu haben. Wir haben jedoch unterschiedliche Einschätzungen, ob die Sanktionen dazu beitragen werden“, schrieb der Minister. Szijjártó erklärte weiter, dass die estnische Regierung ein weiteres Sanktionspaket in die Wege leiten werde, dass aber der estnische Außenminister darüber informiert worden sei, dass Ungarn nicht einmal bereit sei, über Energiesanktionen zu diskutieren, so das ungarische Nachrichtenmedium Mandiner weiter. „Wir haben auch über den Vorschlag gesprochen, die Praxis der Ausstellung von europäischen Visa für russische Bürger zu verschärfen. Hier teilen wir die Position des deutschen Bundeskanzlers und haben nicht vor, irgendwelche Beschränkungen einzuführen“, heißt es in dem Beitrag.
Bereits früher hat Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán die immer weiter verschärften Sanktionen der Europäischen Union gegen Russland scharf kritisiert und diese als wirtschaftlichen Selbstmord Europas bezeichnet. Ungarn ist damit faktisch das einzige Land, welches sich so massiv gegen die ökonomische Selbstvernichtung des Kontinents stellt, die mit dieser Sanktionsspirale einhergeht. Die ersten Anzeichen dafür sehen wir bereits in der Deindustriealisierung, die mit der Schließung von Metallwerken beginnt.