Während im EU-Parlament so kurz vor den Europawahlen noch über Migration und Klimaschutz gerungen wird, existiert hinter den Kulissen ein ganz anderes Problem: Machtmissbrauch, Mobbing, psychische Schikane, sexuelle Belästigung bis hin zu offener Gewalt. Und das im eigenen Haus! Nur (fast) niemand berichtet darüber! EU-Mitarbeiter beklagen sogar eine „Treibjagd auf Frischfleisch“ – Frauen warnen einander vor bestimmten Abgeordneten. Das EU-Parlament als perverses Tollhaus. Ein Thema, das wahrlich keiner so kurz vor der wichtigen Europa-Wahl gebrauchen kann! Hier die ganze, schockierende Wahrheit …
Von Guido Grandt (gugramediaverlag)
Sophie L. (Name geändert) ist jung, Anfang 20 und Praktikantin bei einer (nicht benannten) Fraktion im EU-Parlament in Brüssel. Dort wird sie Mitte 2023 auf einer Party mit Abgeordneten, Assistenten und Beratern Opfer eines später aktenkundigen Falles von sexueller Nötigung. Der mutmaßliche Täter: Der Assistent eines deutschen Abgeordneten, der sie nach der Party auch an den intimsten Stellen begrabscht und zudem versucht, ihr unter das T-Shirt zu fassen …
Sophie L. ist ein Beispiel von vielen anderen sexuellen Übergriffen und anderweitigen Grenzüberschreitungen im EU-Parlament und anderen EU-Institutionen. Und der Täter einer von vielen enthemmten Abgeordneten auf Anmachtour. Obwohl es im „Hohen Haus“ für alles eine Statistik zu geben scheint – für diese Verstöße und Verbrechen gibt es keine! Dabei fallen hinter vorgehaltener Hand immer wieder dieselben, teilweise prominenten Namen. Assistentinnen, Beobachter und Arbeitnehmervertreter sprechen längst von einer Kultur aus Mobbing, sexuellen Übergriffen, Machtmissbrauch. Und von Straflosigkeit der Täter, überwiegend Politiker.
Im März 2024 veröffentlichte die Initiative MeToo EP eine Umfrage, an der mehr als 1.100 Beschäftigte teilnahmen. Zwei Drittel davon waren weiblich. Die erschreckenden Ergebnisse: 50 Prozent erlebten Mobbing, zirka 15 Prozent sexuelle Belästigung, knapp 7 Prozent sogar körperliche Gewalt. Tatort: Ihr Arbeitsplatz im EU-Parlament – ausgerechnet an dem Ort, an dem für ganz Europa Gesetze gemacht werden, die eigentlich alle Bürger vor Übergriffen am Arbeitsplatz und vor sexueller Gewalt schützen sollen.
Unter anderem recherchierte das deutsche Magazin Stern wochenlang im EU-Parlament und anderen EU-Institutionen und fand diverse Fälle von sexuellen Übergriffen und Zudringlichkeiten sowie von psychischer Schikane. Dort heißt es mitunter: „Es geht um prominente Christdemokraten, die mit Ordnern werfen und herumbrüllen, es geht um Mitarbeiter des Parlaments, die jungen Frauen in Meetings auflauern und ihnen später heimlich aufgenommene Fotos der Frauen schicken. Und um hochrangige Beamte, deren Verurteilung wegen Vergewaltigung totgeschwiegen wird. Manche der Vorfälle waren bereits in der Presse, viele tauchen bisher nicht öffentlich auf.“
Nicht zu vergessen – demnach werden auch männliche Mitarbeiter Opfer von Terror, gravierendem Mobbing und sexuellen Übergriffen an den EU-Arbeitsplätzen. An der Spitze jedoch stehen junge Frauen, für die beispielsweise das EU-Parlament zum „Haus der Angst“ geworden ist. Für einige schon beim Betreten eines Fahrstuhls. Und genau jene Furcht und Beklemmung ist es, die die Betroffenen beherrscht. „Hier gibt es Abgeordnete, bei denen wir einander warnen: Wenn du einen Rock trägst, geh‘ nicht zu dem rein“, sagt die Assistentin einer deutschen Abgeordneten. Und eine andere junge Beschäftigte ergänzt: „Betroffene haben Angst, ihren Job zu verlieren, weil die Abgeordneten ihren Einfluss nutzen können, um ihre Karriere zu zerstören.“
EU-Parlament gibt die Verfehlungen indirekt zu
Das Angst- und Mobbingkartell im EU-Parlament, sobald sich Arbeit und Privates mit fließenden Grenzen vermischt, funktioniert offenbar hervorragend. Denn selbst, wenn Beschäftigte Übergriffe melden oder Beschwerden einreichen, werden Vorwürfe oft nicht aufgeklärt, gleich gar nicht geahndet. Oft bleibt ihnen nichts anderes übrig, als zu kündigen. Der schützende Kokon aus Mandat und Macht, die die Parlamentarier umgibt, scheint unzerstörbar. Und noch etwas: Was die EU-Beamten von ihren „Untergebenen“ wirklich halten, macht auch ein weiteres Beispiel demokratischer Defizite klar: Ausgerechnet dort, wo jedes Jahr Hunderte Richtlinien, Beschlüsse und Verordnungen entstehen, gilt kein nationales Arbeitsrecht. Lediglich sogenannte„staff regulations“, was nichts anderes bedeutet, als dass sich die EU-Institutionen ihre Regeln nicht nur selbst geben, sondern diese auch selbst umsetzen und sogar selbst überwachen. Ein zynisches Hoch auf die Demokratie! Letztlich ist es nämlich so: Wenn ein EU-Kommissar oder Parlamentarier, sozusagen „Brüder im Geiste“, den anderen kontrolliert, dann ist wohl nicht viel von Aufklärung zu erwarten, sondern eher von „Augen zudrücken.“
Aber was sagt das EU-Parlament zu den Vorwürfen selbst? Eine Sprecherin weist alles zurück, verliert sich in Allüren wie etwa, „der Respekt vor der Menschenwürde und der Gleichheit“ seien Stützpfeiler des Hauses, und: „Das Parlament zeigt null Toleranz für Belästigung und andere Formen des unangebrachten Verhaltens.“ Das würde sich in der Geschäftsordnung und im Verhaltenskodex des Hauses wiederfinden, den alle Abgeordneten unterzeichnen müssten.
In diesem Verhaltenskodex heißt es (Hervorhebungen durch den Autor):
1. Bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben verhalten sich die Mitglieder des Europäischen Parlaments gegenüber allen im Europäischen Parlament tätigen Personen mit Würde, Höflichkeit und Respekt und ohne Vorurteile oder Diskriminierung.
2. Bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben verhalten sich die Mitglieder professionell und müssen im Umgang mit dem Personal insbesondere auf erniedrigende, beleidigende, anstößige oder diskriminierende Äußerungen und sonstige Handlungen verzichten, die unethisch, erniedrigend oder rechtswidrig sind.
3. Die Mitglieder dürfen durch ihr Handeln das Personal weder dazu anstiften noch ermutigen, die geltenden Gesetze, die Geschäftsordnung des Parlaments oder diesen Kodex zu verletzen, zu umgehen oder zu ignorieren, noch dürfen sie ein derartiges Verhalten des ihrer Verantwortung unterliegenden Personals dulden.
4. Um die effiziente Arbeitsweise des Europäischen Parlaments zu gewährleisten, bemühen sich die Mitglieder mit der gebotenen Diskretion darum, dass Meinungsverschiedenheiten oder Konflikte, an denen die ihrer Verantwortung unterliegenden Bediensteten beteiligt sind, umgehend, gerecht und wirksam beigelegt werden.
5. Bei Bedarf kooperieren die Mitglieder umgehend und umfassend mit den Verfahren zur Bewältigung von Konflikt- oder Belästigungssituationen (psychisch oder sexuell), einschließlich der sofortigen Reaktion auf Belästigungsvorwürfe. Die Mitglieder sollten an speziellen Schulungen teilnehmen, die für sie zur Vermeidung von Konflikten und Belästigungen am Arbeitsplatz und zu guter Büroführung organisiert werden.
6. Die Mitglieder unterzeichnen eine Erklärung, in der sie ihre Verpflichtung zur Einhaltung dieses Kodex bestätigen. Alle Erklärungen, ob unterzeichnet oder nicht, werden auf der Website des Parlaments veröffentlicht.
7. Abgeordnete, die die Erklärung zu diesem Kodex nicht unterzeichnet haben, können weder zu Amtsträgern des Parlaments oder eines seiner Organe gewählt noch als Berichterstatter benannt werden oder an einer offiziellen Delegation oder interinstitutionellen Verhandlungen teilnehmen.
Die Sprecherin des EU-Parlaments weist zudem darauf hin, dass das Parlament im Jahr 2023 seine Prozeduren verbessert habe, um Belästigung besser unterbinden zu können. So wäre etwa ein Mediations-Dienst eingerichtet worden, der Abgeordneten und ihren Beschäftigten helfen soll, „schwierige Arbeitsbeziehungen zu lösen.“
In der Tat gibt es vom 10. Juli 2017 eine Pressemeldung mit dem entlarvenden Titel: „Parlament verschärft Politik gegen Belästigung.“ Darin heißt es unter anderem, dass Arbeitsplätze „sicher und würdevoll“ sein müssen und die „Verbesserung und Förderung von Anti-Belästigungsmaßnahmen im Parlament“ Priorität besitze. Damit wird also offen zugegeben, dass es ein solches Problem tatsächlich gibt, ganz gleich, was die EU-Sprecherin für Ausreden zum Besten gibt! Überdies: Papier ist geduldig, heißt es im Volksmund, aber was ist, wenn sich die Parlamentarier an all dies nicht halten, weil sie wissen, dass sie aufgrund ihres Amtes geschützt sind? Dementsprechend sagt der Volksmund auch: „Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus!“
Ausgerechnet die Grünen
Wer hätte das gedacht – sogar der Fraktion der Grünen, die sich doch stets und vordergründig immer so „Menschwert“-orientiert zeigt, wachsen die internen Fälle zwischenzeitlich buchstäblich über den Kopf! So gibt es dort mindestens fünf Beschwerdeverfahren. Wohl am deutlichsten sticht daraus der 30-jährige Grünen-Politiker Malte Gallée hervor. Freilich nicht nur wegen seiner Extravaganzen, wenn er beispielsweise mit seinen silbrig glitzernden High Heels hinaus auf der Raucherterrasse im siebten Stock im Brüsseler Parlament stolziert, vorbei an den Büros der AfD oder wenn er mit einem Tretroller wie ein Kleinkind durch die Parlamentsflure kurvt.
Vielmehr stürzte der einst als jüngster deutscher Abgeordnete im EU-Parlament Gefeierte, der beinahe unaufhörlich Richtung Macht schwebte, regelrecht von seinem Höhenflug ab, als er mit MeToo-Vorwürfen Betroffener konfrontiert wurde. Etwa ein Dutzend Mitarbeiterinnen und Praktikantinnen werfen dem nun ehemaligen grünen Abgeordneten und Hoffnungsträger vor, sie sexuell belästigt zu haben. Doch der Ikarus-Parlamentarier wiegelte damit ab, indem er kryptisch verlauten ließ, das sei „in seiner Welt“ nicht passiert. Danach trat er zurück.
Malte Gallée ist nicht der einzige Grüne, der zwischenzeitlich unter Beschuss geraten ist. Offensichtlich mit ihm geklüngelt hat wohl auch die Spitzenkandidatin Terry Reintke. Und zwar insofern, dass sie die diesbezüglichen Hinweise monatelang ignoriert haben soll. Ausgerechnet sie, die 2017 den Hashtag #MeTooEU prägte! Mehr noch, Reintke war eine der ersten Frauen im EU-Parlament, die offen über eigene Erfahrungen sprach. In einem Interview im Deutschlandfunk tat sie in Bezug auf Belästigung kund: „Diese Kultur des Schweigens muss aufgebrochen werden.“
Doch durch ihr Agieren oder besser gesagt, „Nicht-Agieren“, in der Gallée-Affäre fühlen sich die Opfer im Stich gelassen. Denn trotz der Vorwürfe soll auch die EU-Grünen-Fraktion keine ernsthaften Maßnahmen zum Schutz der Betroffenen ergriffen haben. Zudem seien sie von der Fraktion unter Druck gesetzt worden, sich nicht zu den Anschuldigungen zu äußern. Selbst eigene Leute wandten sich gegen die Fraktionsspitze, etwa in einem offenen Brief, in dem es heißt: „Die Führung unserer Fraktion erklärt und verspricht, Vorreiter im Schutz gegen Belästigung zu sein. Immer wieder haben wir gehört, dass der Kampf gegen Belästigung innerhalb und außerhalb unserer Fraktion absolute Priorität hat, während die Realität uns zeigt, dass die Führungsspitze nichts unternahm, als die Opfer um Hilfe baten.
Die Belästigungsvorwürfe – und noch erschreckender – die offensichtliche Vertuschung ist nicht nur unerfreulich, sondern schockierend.“ Die Reaktion darauf war jedoch weitaus beschämender und entlarvender: Eine Presseanfrage dazu wiegelte Terry Reintke mit den Argumenten ab, dass sie es „terminlich nicht einrichten“ könne, weil sie „vollständig in den Wahlkampf“ und die „Vorbereitungen der Verhandlungen über die kommende Legislatur“ eingebunden sei. Erst nach diesem Fauxpas bemühte sich die Fraktion offenbar, die internen Beschwerden und Verstöße aufzuarbeiten. Und zwar unter anderem mit einer eigenen „Task Force“ sowie einer „externen Evaluierung“, wie es heißt.
Stalken und Belästigen
Bezeichnend für die innere Verrottung des EU-Parlaments zeichnet auch die frühere Mitarbeiterin Jeanne Ponté auf. Sie engagiert sich im Kampf gegen sexuelle Gewalt und Belästigung in Brüssel. Laut eigenen Aussagen wurde sie einst von einem langjährigen Vertrauten der damaligen deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel bedrängt. Der ehemalige CDU-Abgeordnete ist heute Rentner und wohl immer noch finanziell gut abgegolten. Auch vor ihm seien die Frauen gewarnt worden, fotografierte er doch sogar unter ihre Röcke, wenn sie Treppen hochstiegen. Andere machten sich einen Spaß daraus, sie heimlich zu fotografieren und ihr die Bilder zu mailen, sie quasi zu stalken.
2018 rief Jeanne Ponté mit weiteren Mitstreiterinnen die Gruppe MeToo EP ins Leben, die seitdem alle Formen von Missbrauch, Machtungleichgewicht sowie Gewalt und Belästigung am dortigen Arbeitsplatz anprangert. Denn diese Themen würden allzu oft unter den Teppich gekehrt. Ponté & Co. fordern obligatorische Schulungen gegen Belästigung im Europäischen Parlament, eine Neuzusammensetzung der parlamentarischen Beratungsausschüsse für Belästigungsbeschwerden, damit dieser fairer, transparenter und entpolitisierter wird sowie einen externen und insbesondere neutralen Mediator. Ebenso den Schutz von Whistleblowern, also von Hinweisgebern solcher Fehlverhalten, um mögliche „Vergeltungsmaßnahmen“ zu vermeiden. Zudem eine Prävention und Sensibilisierung, einschließlich einer „Null-Toleranz-Politik“ gegenüber Belästigungen und externe Prüfungen aller bestehender Strukturen bezüglich ihrer Verhinderung im Europäischen Parlament.
Dass so etwas im „hohen Haus der europäischen Demokratie“ überhaupt nötig ist, ist traurig und beschämend genug!
Die Täter schützen sich selbst
Die Täter, also die „problematischen Beamten“, haben offenbar nicht viel zu befürchten. Selten werden sie sanktioniert, eher „wegbefördert.“ Stattdessen scheinen in Straßburg und Brüssel die eigenen Party- und Politik-Regeln zu gelten.
Laut Medienberichten enden die Verfahren wegen Belästigung zumeist damit, dass die Opfer den Rückzug antreten. Denn nicht nur die Täter wenden sich gegen sie, sondern des Weiteren die Verwaltung, die sich oft scheut, zumindest Schwächen im Personalmanagement einzugestehen. Dasselbe gilt wohl auch für andere EU-Institutionen, wie etwa die EU-Kommission, also letztlich die „europäische Regierung“, die die Einhaltung der europäischen Gesetze überwachen soll. Bekanntlich gehören dazu auch jene zum Schutz ihrer eigenen Angestellten.
Vergewaltigung auf „Kosten“ der Steuerzahler
Margus Rahuoja, war estnischer Direktor in der Generaldirektion Mobilität und Verkehr. Ihm wurde vorgeworfen, auf einer Betriebsfeier anlässlich der Geburt seiner Tochter im Jahr 2015 eine 26-jährige Französin, deren Chef er war, vergewaltigt zu haben. Natürlich bestritt er die Vorwürfe. Dennoch gab es einen Prozess mit einem 2022 rechtskräftigen Urteil. Allerdings bezog Rahuoja über sieben Jahre hinweg (von 2015 bis 2022) weiterhin sein Gehalt, das immerhin monatlich 15.000 Euro betrug. Insgesamt also rund 1,5 Millionen Euro aus der Kasse der europäischen Steuerzahler.
Nichtsdestotrotz bestreitet mitunter auch die EU-Kommission, sexuelle Belästigung nicht ausreichend zu ahnden, und Opfern zu wenig zu helfen. Stattdessen wird wieder einmal auf neue Verfahren und Anlaufstellen verwiesen.
Wenn weibliche Politikerinnen „übergriffig“ werden
Aber nicht nur Männer werden übergriffig und belästigend, sondern auch Frauen. In diesem Zusammenhang soll das Beispiel der zudringlichen Karolin Braunsberger-Reinhold, eine CDU-Abgeordnete aus Sachsen-Anhalt, genannt werden. Bei einem Ausflug in ihrem Wahlkreis und anschließender Wanderung über die „Weinmeile“, belästigte sie sexuell massiv und in volltrunkenem Zustand, bei dem sie nicht mehr gerade ausgehen konnte, gleich zwei Untergebene. Und zwar einen Mann und eine Frau. Zu ihrem Assistenten soll sie gesagt haben, dass sie bisexuell sei und „flachgelegt“ werden wolle. Auch fielen Worte wie „f …“. Später begrapschte sie noch ihre Mitarbeiterin an der Brust.
So jedenfalls steht es im 25-seitigen, internen Abschlussbericht des EU-Ausschusses für Belästigungs-Beschwerden, den die BILD am 3. März 2023 anführte. Doch Karolin Braunsberger-Reinhold wurde nicht bestraft, wie sie vollmundig auch verlauten ließ. Der EU-Ausschuss habe festgestellt, dass „in der Gesamtabwägung keine Sanktionen“ gegen sie als Abgeordnete und Person gerechtfertigt seien. Als BILD die EU-Parlamentschefin Roberta Metsola mit den Vorgängen konfrontierte, wollte sie sich nicht dazu äußern. So läuft das eben im „Hohen Haus.“
Weitere unfassbare Fälle aus dem europäischen „Sex- und Gewalt-Parlament“
– Die Dänin Karen Melchior von Renew soll dafür bekannt sein, Beschäftigte zu tyrannisieren.
– Der rechte Abgeordnete Peter Lundgren aus Schweden, wurde in seiner Heimat verurteilt, weil er einer Parteikollegin im schwedischen Parlament mit beiden Händen unter den Pullover gefasst hat.
– Der griechische Linke Alexis Gergoulis musste sich wegen Vergewaltigung einer Mitarbeiterin der EU-Kommission verantworten.
– Die Liberale Monica Semedo geriet wegen psychischer Gewalt gegen ihre Assistenten ins Gerede. Einmal wurde die Luxemburgerin sogar für 15 Tage vom Parlament ausgeschlossen. Und ein zweites Mal wurde ihr das Tagegeld von 348 Euro für zehn Tage gesperrt, obwohl sie alle Vorwürfe abstritt.
Überdies ergab eine aktuelle Recherche der investigativen Plattform Follow the Money, dass einer von vier EU-Abgeordneten bereits einen Verstoß oder eine Straftat begangen hat. Konkret: Von 704 Mitgliedern des Parlaments waren 163 Personen in Korruption, Betrug und Veruntreuung, oder Mobbing und sexuelle Übergriffe verwickelt.
Alleine diese Fakten lassen tief blicken.
„Er masturbierte hinter dem Schreibtisch“ – Unfassbare Fallgeschichten über EU-Abgeordnete
Nachfolgend einige Beispiele von Belästigungen und sexuellen und körperlichen Übergriffen von Europa-Parlaments-Abgeordneten (männlichen und weiblichen), wie sie auf dem Blog von MeToo EP (anonymisiert) veröffentlicht wurden (Hervorhebungen durch den Autor).
– Ich bin erst 23 Jahre alt und habe daher noch eine lange Karriere vor mir. In den letzten Monaten meiner Ausbildung geriet ich jedoch in einige unangenehme Situationen. Ich war mit Mitarbeitern meiner Abteilung etwas trinken, und plötzlich kam einer der männlichen Kollegen in den Fünfzigern auf mich zu und fragte mich, was ich nach der Ausbildung vorhabe. Ich hatte während meines Praktikums kaum mit ihm gesprochen, daher hatten wir keine enge Beziehung.
Er fing an, mir zu sagen, wenn ich im Europäischen Parlament bleiben wolle, solle ich „alle Männer ansprechen, wie ihn, und meine ‚wunderbaren Fähigkeiten‘ nutzen, die ich als junge und hübsche Frau habe“. In diesem Moment wusste ich nicht, wie ich reagieren sollte. Wenn ich jetzt an den Moment zurückdenke, wünschte ich wirklich, ich hätte etwas gesagt. Dann fuhr er fort, mir zu sagen, dass ich in die Büros älterer Männer gehen und sagen sollte, dass ich einen Vertrag will und dass ich bereit bin, „alles“ zu tun, um ihn zu bekommen. Er sagte mir, ich solle den Männern sagen, dass ich lesbisch bin, und zitierte ihn, „weil uns das noch mehr anmacht“. Ich war zutiefst angewidert. Es war das erste Mal, dass mir so etwas passierte. Natürlich schlug er auch vor, bestimmte Direktoren aus bestimmten Generaldirektionen des Europäischen Parlaments anzusprechen. Er sagte mir, wenn ich intelligent wäre, würde ich seinem Rat folgen.
– Ein ehemaliger männlicher Europaabgeordneter, der jetzt als Berater in Spanien recht erfolgreich ist, hielt es für angemessen, mir über eine LGBTQI+-Dating-App ständig Nachrichten zu schicken. Manchmal lud er mich sogar ein, als er wieder in Madrid war.
In seiner Nachricht schrieb er: „Komm doch zum Abendessen vorbei. Ich gehe mit dir irgendwohin, wo es nett ist. Nur ein paar Drinks …“ Er bestand darauf, obwohl ich klarstellte, dass ich nicht interessiert war. Nach all dem konnte ich kaum glauben, dass dies ein bekannter Europaabgeordneter war. Also sagte ich ihm, ich würde in seinem Büro vorbeikommen, um nachzusehen, ob er es wirklich sei, und ihm sagen, dass sein Verhalten unangemessen sei.
Ich klopfte an die Tür und er sagte mir, ich solle hereinkommen. Und genau in diesem Moment masturbierte er hinter seinem Schreibtisch. Ich stand an der Tür, erstarrt und geschockt. Er versuchte näher zu kommen, noch immer mit einer sichtbaren Erektion in seiner Hose, und umarmte mich dann. Ich war wie erstarrt; ich wusste nicht, was ich tun sollte. Angewidert sagte ich einfach, dass ich gehen müsse. Ich möchte wirklich, dass dieser Mann, der angeblich heterosexuell und verheiratet ist, aufhört, junge Männer zu belästigen und seine Position auszunutzen.
– Ich war von 1994 bis 1999 Assistentin im Europaparlament. Einmal waren mehrere deutsche CDU-Abgeordnete im Restaurant Maxburg. Als ich nach unten auf die Toilette ging, kam ein männlicher Abgeordneter und gab mir einen ungewollten Kuss auf den Mund. Ich war völlig schockiert.
– Eines Tages stand ich mit einem Kollegen am Eingang der Kantine meines Gebäudes. Es war 12:00 Uhr und noch niemand da. Nur mein Kollege und ich unterhielten uns, bevor wir die Kantine betraten. Ein Mann kam auf mich zu und schubste mich körperlich beiseite, nur um an den Abfalleimer im Fach zu kommen und seinen Kaugummi hineinzuwerfen. Ich fragte ihn, warum er es für nötig hielt, mich zu schubsen. Dann griff er mich verbal an und sagte, ich wüsste nicht, wie man sich wie eine Dame benimmt, ich sei einfach ein Arschloch. Ich war schockiert und fragte ihn, was für eine Ausdrucksweise er benutzte. Er antwortete: Sie haben mich richtig verstanden. Zwei Wochen lang hatte ich Angst, in meiner Kantine im SQM-Gebäude zu essen. Und erst einen Monat später bekam ich schließlich einen Termin beim Psychologen des EP Medical Service. Der Mann ist immer noch da und starrt mich manchmal aggressiv an. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob das eine Belästigung ist oder nicht, aber ich finde es beunruhigend, dass er mich immer noch durch die Stirn ansieht und den Kopf schüttelt, als wäre ich ein Stück Scheiße, das man in den Mülleimer werfen kann.
– Während meiner ersten Woche als Praktikant im Europäischen Parlament wurde ich gewarnt, dass ein bestimmter Europaabgeordneter (auch bekannt als Vorsitzender einer religiösen Organisation) ein „Belästiger“ sei und dass ich versuchen sollte, das Alleinsein mit ihm zu vermeiden. Einige Zeit später unterhielt ich mich im Aufzug in meiner Muttersprache mit einem anderen Praktikanten. Plötzlich betrat der Europaabgeordnete, vor dem ich gewarnt worden war, den Aufzug. Er sah mich an und wollte wissen, wer ich sei, für wen ich arbeite und machte auf andere Weise Annäherungsversuche mit mir. Bevor ich den Aufzug verlassen konnte, umarmte er mich, ohne mich um Erlaubnis zu fragen. Später wurde er wegen wiederholten sexuell unangemessenen Verhaltens aus seiner Kirche entlassen.
– Vor ein paar Monaten tranken meine Kollegen und ich etwas in unserem Büro. Nach ein paar Drinks fing mein Kollege an, flirtende Bemerkungen zu machen. Zuerst habe ich nicht viel davon mitbekommen. Als der Abend jedoch zur Nacht wurde und ich noch ein paar Drinks hatte, fing er an, um mich herumzutanzen. Er versuchte sogar, mich zu vögeln, und war offensichtlich ziemlich erregt. Ich fühlte mich sehr unwohl und musste ihn wegstoßen. Er verstand es immer noch nicht, also musste ich mich verteidigen und versuchte, ihn wegzustoßen. Schließlich rannte er weg. Am nächsten Tag tat er so, als wäre nichts passiert. Diese Begegnung hinterließ bei mir ein tiefes Unbehagen, und diese Gefühle beschäftigen mich bis heute.
– Eines Tages saß ich an meinem Schreibtisch, als mir ein Stift unter den Schreibtisch fiel. Gerade als ich mich unter meinen Schreibtisch bückte, um ihn aufzuheben, kam ein Mitglied des Europäischen Parlaments aus meiner eigenen Delegation herein und sagte: „Du gehst schon unter den Schreibtisch? Das geht schnell!“
– Ich war auf einer Mission im Ausland und begleitete eine offizielle Delegation des EP.
Ich habe zu dieser Zeit gestillt, was manchmal zu unangenehmen Situationen wie Milchflecken führt. Ich war nach diesem Tag auf dem Weg zurück in mein offizielles Hotelzimmer und blieb allein mit einem Europaabgeordneten im Aufzug stecken.
Er kam auf mich zu, berührte meine Brust und fragte, ob er „an meinen Titten saugen“ könne. Ich hatte schreckliche Angst, ging hinaus und erhielt während des Einsatzes weitere anzügliche Nachrichten.Ich fuhr nie alleine mit dem Aufzug, überprüfte dreimal, ob meine Tür verschlossen war und klebte für den Rest des Tages an meinen Kollegen. Ich bin zurückgegangen und habe die Informationen nie jemandem preisgegeben, aus Angst um meinen Vertrag. Das war vor einigen Jahren. Dieses Mitglied des Europäischen Parlaments ist noch immer im Amt.
– Ein Europaabgeordneter sagte mir einmal, er würde gern osteuropäische Frauen einstellen, weil er glaube, dass sie alles tun würden, um „westliche Pässe“ zu bekommen. Er sagte weiter, mit dieser Begründung könne er verstehen, warum ich von meinem Europaabgeordneten eingestellt wurde. Wenn er mit mir allein war, betonte er immer wieder, dass ich trotz seines fortgeschrittenen Alters sicher sein könne, dass sein Sexualleben „saftig“ sei. Ein anderes Mal fragte er mich nach meinen Plänen für die Weihnachtsferien. Ich antwortete ihm, dass ich vorhabe, meine Familie zu Weihnachten zu besuchen. Er lachte mich aus und meinte, ich müsse dumm sein, weil ich offensichtlich nicht in der Lage sei, „einen Mann zu finden, der mir einen Weihnachtsurlaub am Meer spendiert“. Einmal machte er mich darauf aufmerksam, dass ich mich im Vergleich zu anderen Kolleginnen, die „wüssten, wie man hohe Absätze trägt“, „frigide“ verhalte und mich deshalb selbst benachteiligt hätte.Leider konnte ich ihm nicht aus dem Weg gehen und musste, um meine Arbeit erledigen zu können, fast täglich mit ihm in Kontakt sein.
Das Kreuz bei der Europawahl an der richtigen Stelle machen
Wahrlich unfassbar, wie kriminell und pervers sich so mancher mit europäischen Steuergeldern finanzierter Abgeordnete verhält. Und zwar Männer und Frauen. Ohne Scham, ohne Grenzen, dafür mit Schweigegeboten und Einschüchterungen, einer mafiösen Omerta gleich, sich wohl bewusst, dass ihnen nichts – oder nicht viel – passieren kann.
Letztlich sind die EU-Institutionen, allen voran das EU-Parlament und die EU-Kommission, bereits teilweise zu einem pervertierten Tollhaus und Bordell verkommen, in dem diesbezüglich Rechtlosigkeit zu herrschen scheint, obwohl vordergründig darum bemüht, geschaffene Regeln einzuhalten.
An all das sollte man denken, wenn am 9. Juni 2024 eine neue Zusammensetzung des Europäischen Parlaments gewählt wird.
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