Sollte die chinesische Volksbefreiungsarmee eine Invasion in Taiwan starten, werde die Insel auch Peking mit Überschallraketen angreifen, erklärt Teipeh. Taiwan sei nicht die Ukraine. Doch die Warnungen dürften in Peking kaum Kopfschmerzen auslösen.
Der Disput um Taiwan geht weiter. Angesichts der ständigen Invasionsdrohungen aus Peking, welches die Insel als abtrünnige Provinz betrachtet, kommen nun scharfe Warnungen aus Teipeh. Man habe bei direkten Invasionsbedrohungen keine Scheu davor, auch Peking mit Yun Feng Überschall-Marschflugkörpern anzugreifen. „Yun Feng-Raketen können bereits Peking treffen, und Taiwan ist in der Lage, Peking anzugreifen“, so You Si Kun, der Präsident der Legislativen Versammlung Taiwans. Diese haben eine Maximalgeschwindigkeit von Mach 3 und eine Reichweite von 2000 Kilometern.
„Die [Kommunistische Partei Chinas] muss die Straße von Taiwan überqueren, um Taiwan anzugreifen, was sich von Russlands Angriff auf die Ukraine unterscheidet“, so You. „Wenn es chinesischen Schiffen gelingt zu landen, muss jeder in Taiwan genauso entschlossen sein, zu kämpfen wie die Ukrainer. Geht hinaus und lasst nicht zu, dass China Taiwan schluckt.“ Dies ist nicht das erste Mal, dass der taiwanische Spitzenpolitiker Peking warnt. „Taiwan fällt nicht in China ein, aber China sollte Taiwans Fähigkeit, Peking anzugreifen, in Betracht ziehen, bevor es eine Invasion startet“, hatte er zuvor gewarnt.
Doch die Warnungen aus Taiwan werden in Peking wohl kaum für große Kopfschmerzen sorgen. Um sich wirklich effektiv gegen eine chinesische Invasion wehren und genügend Schaden auf dem Festland anrichten zu können, bräuchten die Taiwaner wohl Tausende solcher Raketen. Doch von 2014 bis 2019 wurden gerade einmal rund 20 solcher Marschflugkörper und 10 mobile Abschussrampen dafür gebaut. Laut Wikipedia dürfte Taiwan mittlerweile mehr als 50 dieser Raketen besitzen. Dies dürfte als Abschreckung jedoch kaum ausreichen, zumal die Chinesen auch mehrere hochmoderne S-400-Raketenabwehrsysteme aus russischer Produktion besitzen. Diese würden wohl die meisten dieser Marschflugkörper abfangen können.
In Taiwan ist man wegen der erweiterten Rechtsgrundlage für Truppeneinsätze der chinesischen Volksbefreiungsarmee besorgt. Teipeh befürchtet, dass der Erlass von Präsident Xi Jinping den chinesischen Truppen eine „Sonderoperation“ gegen Taiwan erlaubt, wie Moskau den Einmarsch in die Ukraine nennt. Hinzu kommt, dass Peking die Taiwan-Straße als eigenes Gewässer deklariert hat und so Durchfahrten der US-Marine künftig verhindern will. „Es ist eine falsche Behauptung, wenn gewisse Länder die Taiwanstraße als ‚internationales Gewässer‘ bezeichnen, um einen Vorwand zu finden, die Taiwanfrage zu manipulieren und Chinas Souveränität und Sicherheit zu bedrohen“, sagte der Sprecher des Außenministeriums in Peking. Die Taiwanstraße unterliege als Ausschließliche Wirtschaftszone Chinas Souveränität.