Wir erleben derzeit ein faszinierendes Schauspiel der Verzweiflung: Der einstige Al-Qaida-Kommandeur Abu Mohammad al-Dscholani, der sich neuerdings lieber mit seinem bürgerlichen Namen Ahmad al-Sharaa schmückt, kriecht praktisch auf allen Vieren vor Israel – während israelische Kampfjets nach Belieben über Damaskus donnern.
Nachdem die einst so gefürchtete syrische Luftabwehr zu einem Haufen Schrott reduziert wurde, hat Israel bereits über 300 größere Luftschläge durchgeführt. Assad, der große “Löwe von Damaskus”, hat sich längst nach Moskau verkrümelt, wo er im Exil seinen Wodka schlürft. Die Drusen, diese kleine religiöse Minderheit im Süden Syriens, die von Dscholanis Dschihadisten als Ketzer betrachtet werden, betteln nun regelrecht um israelischen Schutz. “Wenn wir wählen müssen, wählen wir das kleinere Übel”, verkündete ein Stammesführer aus Hader in einem viral gegangenen Video. Das “kleinere Übel” ist in diesem Fall die israelische Annexion – was für eine Ironie der Geschichte.
Dscholani selbst, der neue starke Mann in Damaskus, windet sich wie ein Aal: “Wir suchen keine Konfrontation mit Israel und können einen solchen Kampf nicht verkraften”, jammert der Mann, der einst zum bewaffneten Dschihad aufrief. Gleichzeitig versucht er, sich als Staatsmann zu inszenieren: “Ein Staat sollte nicht mit revolutionärer Denkweise regiert werden.”
Während er von Gesetzen und Institutionen schwafelt, rollen israelische Panzer ungehindert durch den Süden Syriens. Die IDF hat bereits einen vorgeschobenen Stützpunkt am syrischen Berg Hermon eingerichtet – und niemand wagt es, auch nur einen Pieps dagegen zu sagen. Was für ein Treppenwitz: Der einstige Dschihadistenführer gibt den zahmen Reformer, während sich religiöse Minderheiten nun unter den Schutz des jüdischen Staates flüchten wollen. Assad ist weg, die Iraner sind raus – und übrig bleibt ein zahnloser Tiger, der um sein politisches Überleben bettelt.
Wie Tel Aviv darauf reagieren wird? Das werden wir sehen. Derzeit gilt für den jüdischen Staat das Prinzip, sich gegen potenzielle Angriffe aus dem Nachbarland abzusichern. Auch wenn man während der letzten Kriegsjahre nach dem Prinzip “Der Feind meines Feindes ist mein Freund” handelte, muss dies nicht zwangsläufig beibehalten werden, nachdem das Assad-Regime zusammengebrochen ist. Immerhin gelten die Dschihadisten nicht gerade als besonders tolerant, was andere Religionen anbelangt.