Am Dienstag, dem 8. Juni, veröffentlichte der bekannte Demo-Veranstalter und Aktivist Thomas Schaurecker auf seinem Facebook-Profil drei Livevideos mit harten Vorwürfen. Diese richten sich gegen den „Superstar“ im österreichischen Corona-Widerstand, Martin Rutter. Meinungsverschiedenheiten und Geplänkel war man bisher ja gewohnt, doch jetzt gehen die Vorwürfe ins Strafrecht – und es soll auch bereits Anzeige bei den Behörden erstattet worden sein. Die Anzeigenden wollen in Besitz von Beweisen dafür sein, dass Martin Rutter bei Kundgebungen Gewalt geplant hätte. Dieser dementiert die Vorwürfe energisch und will sich mit eigenen Klagen wehren.
Von Willi Huber
Die Videos auf der Facebook-Seite von Thomas Schaurecker sind umfangreich und dauern insgesamt fast zwei Stunden. Dies ist teilweise auch technischen Problemen geschuldet. Report24 hat das gesamte Material gesichtet und wird in Folge kurz zusammenfassen, was man Martin Rutter vorwirft und was dieser entgegnet.
Video Teil 1: Thomas Schaurecker, Manuel Müllner
Video Teil 2: Thomas Schaurecker, Jennifer Summer
Video Teil 3: Thomas Schaurecker, Alexander Ehrlich
Ebenso wollen wir vorweg erwähnen, dass wir häufig Videos des Friedensaktivisten Mag. Alexander Ehrlich auf unserer Seite veröffentlichen, weil wir die darin geäußerten Meinungen und Gedanken, die sich zumeist um friedlichen und rechtssicheren Widerstand drehen, für berichtenswert erachten. Dementsprechend könnte man uns Befangenheit in der Sache vorwerfen, da wir alle anderen Beteiligten nicht so häufig interviewen.
Beide Seiten sollen vollständig zu Wort kommen
Wir versuchen hier nach bestem Wissen und Gewissen beide Seiten vollständig zu Wort kommen zu lassen. Sämtliche Zitate wurden entweder aus den Videos entnommen oder von den jeweiligen Personen nochmals kontrolliert. Das Thema ist heikel und die Inhalte könnten über den Ausgang von Gerichtsprozessen entscheiden. Thomas Schaurecker legt Wert auf die Feststellung, dass er kein persönliches Interesse daran hat, Martin Rutter zu schaden sondern letztendlich aufgrund der ihm vorliegenden Beweise verpflichtet ist, zu reagieren. Andernfalls würde er sich selbst strafbar machen.
Offene Gerichtsverfahren
Speziell gegen Martin Rutter stehen noch mehrere Vorwürfe im Raum, die auf strafrechtliche Klärung vor Gericht warten. Rutter sieht sich in den ihm vorgeworfenen Punkten, unter anderem Aufruf zu Gewalt und Bildung einer kriminellen Organisation als unschuldig. Es ist nicht auszuschließen, dass solche Vorwürfe von der Staatsanwaltschaft auch deshalb erhoben wurden, um einen der bekanntesten Köpfe des österreichischen Widerstandes gegen die Corona-Maßnahmen und gegen die Bundesregierung mundtot zu machen. Für alle in diesem Artikel vorkommenden Personen gilt durchgehend und ausnahmslos die Unschuldsvermutung, keiner der Vorwürfe ist gerichtlich geprüft oder entschieden.
Die Vorwürfe gegen Martin Rutter:
Unter anderem wurden in den Videos gegen Martin Rutter nachfolgende Vorwürfe erhoben. Dabei ist festzuhalten, dass nicht jeder der vier Beschwerdeführer alle Vorwürfe unterstützt, da nicht jeder Kenntnis von allen Sachverhalten hat:
- Aufruf bzw. Planung von Gewalt bei der regierungskritischen Aktion im Schweizergarten am 10. April, bei der es tatsächlich zu Szenen „Hooligans vs. Polizei“ gekommen ist
- Verhaftung mit 13.000 Euro in der Tasche, möglicherweise Veruntreuung von Spendengeldern
- Langfristige Pläne für das Durchbrechen der Polizeikette durch „taktische Hooligans“.
Dazu soll es Schriften und Skizzen in der Handschrift von Martin Rutter geben. - Geplante Eskalationen in Richtung Übergriffe auf die Polizei und Gewalt auf Demos mit Familien und Kindern
- Mögliche nationalsozialistische Wiederbetätigung: Es existiere ein Dokument mit Bild und Schrift „Obersalzberg, Rutter Martin Führer Bunker“, auf einem anderen Dokument wurde der Veranstaltungsleiter ebenso als „Führer“ bezeichnet.
- Rutter habe die Wohnanschriften von Kurz und Van der Bellen ausgekundschaftet. Befürchtung von Angriffen auf diese Adressen. Dies wäre mit einem älteren Video in Kontext zu setzen, wo Rutter zu Aktionen vor Wohnhäusern der Politiker aufruft
- Eventuell Zuarbeit für staatliche Behörden wie beispielsweise das BVT
- Beteiligung bzw. Beauftragung eines Films über Thomas Schaurecker, in welchem dieser diskreditiert wird
Im Widerstand sehr beliebt
Martin Rutter hat in Österreich eine Anhängerschaft, die in die Tausenden bis Zehntausenden gehen dürfte. Diese werden nun wohl handfeste Beweise für die Vorwürfe verlangen. Letztendlich entscheidet die Substanz der Behauptungen wohl auch über den Ausgang der laufenden Gerichtsverfahren, die Strafandrohung liegt hier bei bis zu 5 Jahren Haft. Sollte zu den Vorwürfen auch nationalsozialistische Wiederbetätigung dazukommen, kann sich der Strafrahmen noch drastisch erhöhen. Ihm zu Hilfe eilte noch gestern Nacht sein treuer Weggefährte und Mitveranstalter Hannes Brejcha, der in einer Audiobotschaft Rutters Unschuld betonte. Man habe immer den Aspekt der Gewaltfreiheit hervorgehoben. Wer die Vorwürfe gegen Rutter unterstütze, habe jedenfalls in seinem Kanal auf Telegram nichts mehr verloren.
Antworten, Erklärungen und Rechtfertigungen
Wir haben eine weitere Stunde mit Martin Rutter am Telefon verbracht und ihn mit den Vorwürfen konfrontiert. Er sieht sich verleumdet und kündigt an, sich noch alles in Ruhe anzusehen und dann anwaltliche Schritte einzuleiten. Die Videos habe er noch nicht vollständig gesehen, es wurde ihm aber davon berichtet.
Es ist sehr seltsam, was hier monatelang zusammengetragen wurde. Ich weiß auch nicht, wie man zu Teilen meiner Unterlagen gekommen ist. Ich habe dieses eine Blatt jedenfalls niemanden gegeben. Auch dass es Audioaufnahmen gibt, die über Monate hinweg mitgeschnitten wurden, ist sehr befremdlich. Wie kommen Menschen dazu, irgendwelche alten Schriftstücke, die mir entwendet wurden und irgendwelche alten Audioaufnahmen zu veröffentlichen? Ich frage mich, was das Interesse dieser Leute ist? Jedenfalls lehne ich diese Art von Spaltung ab und habe noch nie jemanden auch nur ansatzweise in einer solchen Form attackiert.
Martin Rutter, 9. Juni 2021 am Telefon mit Report24
1. Planung bzw. Aufruf zu Gewalt im Schweizergarten
Rutter betont, hier wie auch überall sonst nicht zu Gewalt aufgerufen zu haben. Er war ja nicht einmal dort sondern ist erst später dazugekommen. Später war er weit hinten in der Menge und hätte die Randale erst in Videos gesehen.
2. Verhaftung mit 13.000 Euro in der Tasche, mutmaßliche Veruntreuung von Spendengeldern
Martin Rutter dazu: „Es stimmt, dass ich einmal mit einem großen Geldbetrag in der Tasche festgenommen wurde, dieser war aber geringer als die behaupteten 13.000 Euro. Der Betrag war dafür bestimmt, T-Shirts und Fahnen zu bezahlen. Das beweist eigentlich, wie viel Material ich im Rahmen der Organisation beschafft habe. Insgesamt hätten die Materialien für alle Veranstaltungen 30.000 bis 40.000 Euro gekostet.“ Er habe nie Geld veruntreut, im Gegenteil er hätte zuerst monatelang von seinem eigenen Geld Veranstaltungen und Material bezahlt und vorfinanziert. Er wäre auch der erste gewesen, der Corona-kritische Veranstaltungen in Österreich angemeldet hat (1. Mai 2020). Erst viel später habe er um Spenden gebeten.
3. Planungen zum Einsatz von „taktischen Hooligans“
Thomas Schaurecker präsentierte ein Dokument, auf dem vermerkt ist: „1 Führer, 1 Ersatz, 1 Kommunikation (?), 1 Fahne 3 m, 2-3 Trommler, 1x 20 Hools (taktisch) usw. Insgesamt wirft man Rutter vor, wiederholt Hooligans auf Veranstaltungen eingeladen zu haben, um gezielt Gewalttaten zu verüben.
Rutter bestreitet vor allem den Gewaltvorwurf vehement. Es würde sich zwar um seine Schrift handeln, jedoch war unter „taktische“ gemeint, dass die Personen eine Kette gegen die Polizei bilden sollen. Außerdem stellt Rutter die Frage in den Raum, wie die Beschwerdeführer in den Besitz dieses Dokumentes gekommen sind. Sie müsse ihn wohl schon „monatelang überwachen“. Auf eventuellen Skizzen wäre bestenfalls vermerkt, wie man Einkesselungen vermeiden oder gewaltlos daraus entkommen kann.
4. Geplante Eskalation gegen Polizei und Gewaltanwendung in Anwesenheit von Familien und Kindern
Martin Rutter sagt dazu, dass jeder weiß und in zahlreichen Videos mit Millionen Zusehern belegt ist, dass er stets zum Gewaltverzicht aufgerufen habe. Diesen Vorwurf weist er vehement von sich, das wurde nie geplant und nie bezweckt. Es habe nie eine Eskalation gegeben, wo Kinder auch nur irgendwie in der Nähe gewesen wären. Rutter: „Mir ist klar und bewusst, dass jede Art von Gewalt die Massen von der Teilnahme abschrecken. Ich wollte aber Großveranstaltungen abhalten, wo immer mehr Menschen kommen. Dort hat Gewalt sowieso nichts zu suchen.“
5. Mögliche nationalsozialistische Wiederbetätigung
Das Bild mit der Aufschrift „Obersalzberg, Rutter Martin Führer Bunker“ hat mit ihm nichts zu tun. Es handle sich auch nicht um seine Handschrift. Dass irgendjemand irgendein Bild ausdruckt oder irgendwo etwas draufschreibt, dafür könne man ihn nicht verantwortlich machen. Das Dokument stamme jedenfalls nicht von ihm. Nachdem es sich um schwerwiegende Vorwürfe handelt, sieht Rutter sich dazu gezwungen, juristische Maßnahmen zu ergreifen.
6. Geplante Aktionen vor Privatwohnungen von Kurz und Van der Bellen
In den Unterlagen die in den Livestreams präsentiert wurde, wurde auch davon gesprochen, dass man in Rutters Handschrift die Wohnadressen von Alexander van der Bellen und Sebastian Kurz gefunden habe. Das Video in diesem Zusammenhang, wo dort Aktionen gefordert wurden findet sich hier.
Martin Rutter wiederholt diesbezüglich, dass es aus seiner Sicht niemals gewalttätige Aktionen habe geben sollen, er habe nie dazu aufgerufen diese Personen anzugreifen. Die Staatsanwaltschaft würde diese Vorwürfe in Kürze klären und da hätten sich andere Personen mehr Probleme zu erwarten als er.
7. Eventuell Zuarbeit für staatliche Behörden wie beispielsweise das BVT
Über diesen Vorwurf muss Rutter lachen: Er wäre der einzige, gegen den momentan aktiv behördlich ermittelt wird und gegen den Verfahren laufen. Er wäre auch der einzige, dem alle Konten und Paypal innerhalb kürzester Zeit gesperrt wurde. So wäre es lächerlich, gerade ihm vorzuwerfen mit dem BVT oder der Polizei zusammenzuarbeiten. Die Konten der Herrschaften, die Vorwürfe gegen ihn erheben, wären nicht gesperrt.
8. Beteiligung bzw. Beauftragung eines Films über Thomas Schaurecker, in welchem dieser diskreditiert wird
Martin Rutter macht daraus keinen großen Hehl daraus, dass ihm Thomas Schaurecker schon lange „seltsam“ vorkommt. Das liege in dessen Mitgliedschaft bei den Freimaurern begründet aber auch in dem Umstand, dass er mit seinem Sicherheitsdienst Corona-Teststraßen bewacht und somit am Corona-Wahnsinn mitverdiene. Ebenso bezweifle er die Einstellung Schaureckers, der immer wieder betont, sich testen zu lassen und dies sogar vor und nach Veranstaltungen macht. Er kenne sonst niemanden auf Demos, der das tun würde. Also ja, er hat ein Konvolut an Vorwürfen gegen Schaurecker vorliegen aber nein, er habe einen solchen Film nicht erstellt.
Mir kommt vor, dass diese Anzahl an teilweise erlogenen und falschen Vorwürfen augenscheinlich dazu dienen soll, dass ich vor Gericht verurteilt werde.
Martin Rutter, 9. Juni 2021 am Telefon mit Report24
Letztgültige Klärung obliegt den Gerichten
Die Klärung, welche der beiden Seiten nun Recht hat, wird man den ordentlichen Gerichten überlassen müssen – wie auch Thomas Schaurecker in seinem Video mehrfach betont. Unserer Redaktion war wichtig, dass sich auch der Beschuldigte zum Sachverhalt ausführlich äußern kann. Denn – wenn die Massenmedien darauf anspringen, ist weder damit zu rechnen, dass überhaupt jemand bei ihm nachfragt, noch dass er irgendwie eine Chance erhält, seine Sicht der Dinge vollständig zu erklären.
Großer Schaden für die Widerstandsbewegung
Die Uneinigkeit in der Österreichischen Widerstandsbewegung stellt sich seit Monaten mehr und mehr als Problem dar, da man sich mit sich selbst beschäftigt, anstelle den Protest auf die Straße zu tragen und dort friedlich zu artikulieren. Man muss aber auch festhalten, dass die letzten Kundgebungen in Wien, spätestens seit dem 15. Mai, friedlich und ohne Übergriffe durch Polizei oder Kundgebungsteilnehmer stattfanden. Martin Rutter hatte sich vor zwei Monaten aus der Demo-Szene zurückgezogen, vor allem um zunächst die Klärung aller Verfahren gegen ihn abzuwarten.