Eigentlich soll die einrichtungsbezogene Impfpflicht bis Ende 2022 gelten – nach Ansicht zahlreicher Experten gehört sie jedoch längst abgeschafft, da die Impfung keinen Fremdschutz bietet und die Diskriminierung ungeimpften Personals somit völlig ungerechtfertigt und kritischen Juristen zufolge verfassungswidrig ist. Die Bundesregierung will davon jedoch nichts wissen: Sie plant bereits frech die Fortführung des Impfzwangs im Jahr 2023.
Die mögliche Verlängerung werde aktuell geprüft und in Kürze mit Ländern und Verbänden abgestimmt, heißt es laut Medienberichten in der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der CDU/CSU-Fraktion. Die Begründung mutet durchaus peinlich an: Es seien keine problematischen Versorgungsengpässe infolge der Sektor-Impfpflicht bekannt – demzufolge gebe es keinen Anlass, die Impfpflicht auszusetzen.
Das ist nicht nur kein Argument dafür, einen unverhältnismäßigen Angriff auf die körperliche Unversehrtheit von medizinischem Personal fortzuführen. Die Begründung dafür, dass keine problematischen Engpässe bekannt sind, ist nämlich simpel: Die einrichtungsbezogene Impfpflicht wird kaum irgendwo umgesetzt.
Nach wie vor viele Zehntausende Ungeimpfte: Kaum Sanktionen
Je nach Bundesland gelten gemeinhin zwischen 90 und 95 Prozent des Personals als geimpft, in jedem Land gibt es also Tausende bis Zehntausende Mitarbeiter, die dem Druck trotzen und die Impfung ablehnen. Die wenigsten Gesundheitsämter scheinen über halbwegs vollständige und aktuelle Daten zu verfügen.
In Anbetracht des Fachkräftemangels sind die ungeimpften Kräfte ebenso unverzichtbar wie die geimpften – beispielsweise in Mittelsachsen wurde das auch schon ganz offiziell festgestellt. Doch auch im Rest des Landes halten sich tatsächliche Sanktionen gegen die Ungeimpften stark in Grenzen – obwohl der Impfzwang schon seit drei Monaten gilt. Die Ämter nutzen ihren Ermessungsspielraum, um den Pflegekräftemangel nicht zu verschlimmern. Nur vereinzelt wurden Bußgelder verhängt: etwa in Baden-Württemberg, wo bisher 454 Bußgeldverfahren eingeleitet worden sein sollen. Laut Informationen von Business Insider wurden dort auch bereits erste Bußgelder in Höhe von 250 bis 300 Euro verhängt. Betretungsverbote wurden in manchen Bundesländern angedroht, aber bis dato kaum je verhängt – in Niedersachsen beispielsweise soll in zwei Fällen ein befristetes Verbot ausgesprochen worden sein, in Hamburg sind offenbar zwei Fälle von einem Betretungsverbot betroffen.
Solange Verstöße gegen die einrichtungsbezogene Impfpflicht nicht sanktioniert werden, halten ihre Folgen sich freilich in Grenzen. Würde Deutschland beim konsequenten Aussprechen von Betretungsverboten allerdings auf einen Schlag Zehntausende Pflegekräfte verlieren, so könnte nicht einmal die Bundesregierung mehr leugnen, dass sie mit ihrer Politik das deutsche Gesundheitssystem endgültig in den Ruin treibt. So oder so ist es aufs Schärfste zu verurteilen, dass ungeimpftes medizinisches Personal nicht nur vom Gesundheitsminister persönlich entwertet und entrechtet wird, sondern auch von Seiten der Regierung als entbehrliche Gruppe von Aufsässigen behandelt wird, die auf die Gnade der Gesundheitsämter angewiesen sein sollen, um ihre für die Gesellschaft so wichtige Arbeit weiter verrichten zu dürfen.
Scharfe Kritik von Kubicki
FDP-Vize Wolfgang Kubicki immerhin bezweifelt aktuell, dass die Regierung mit ihrem Vorstoß zur Verlängerung der Impfpflicht Erfolg haben wird – er selbst würde dem auch nicht zustimmen:
Dass der Bundesgesundheitsminister offenbar eine Verlängerung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht prüft, heißt nicht, dass sie auch tatsächlich kommt. Denn für die entsprechende gesetzliche Grundlage ist der Deutsche Bundestag zuständig. Ich halte diese Maßnahme unter den gegebenen Bedingungen, die noch zum Zeitpunkt der Beschlussfassung Ende 2021 deutlich andere waren, für nicht mehr verhältnismäßig und damit für verfassungswidrig. Denn seitdem hat sich mit Omikron nicht nur eine deutlich mildere Variante durchgesetzt, sondern es hat sich auch gezeigt, dass sich der Fremdschutz durch die Impfung nicht mehr auf einem relevanten Niveau befindet. Deshalb werde ich, sollte es überhaupt soweit kommen, einer Verlängerung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht nicht zustimmen.
Wolfgang Kubicki