Moskau könnte angesichts des wachsenden Drucks des Westens Vergeltungsmaßnahmen beschließen und damit den Ölpreis im Extremfall auf bis zu 380 Dollar pro Barrel hochtreiben. Davor warnen nun Experten. Dies würde die Welt in eine gewaltige Krise und die Benzinpreise in Deutschland auf rund fünf Euro pro Liter treiben.
Die sich immer weiter drehende Eskalationsspirale in Sachen Russland-Sanktionen durch den US-geführten Westen sorgen bereits jetzt für immer mehr wirtschaftliche und finanzielle Verwerfungen rund um den Globus. Obwohl sich die Mehrheit der Länder weltweit nicht an den westlichen Strafmaßnahmen für den russischen Einmarsch in die Ukraine beteiligen, leiden auch sie unter den Sanktionen gegen Moskau. Analysten von JPMorgan Chase warnten nun jedoch davor, dass die weltweiten Ölpreise einen „stratosphärischen“ Preis von 380 Dollar pro Barrel erreichen könnten, wenn die Sanktionen der USA und Europas Russland dazu veranlassen, Vergeltungsmaßnahmen zu ergreifen, berichtet Bloomberg.
Zuvor hatte die Gruppe der Sieben beschlossen, die Möglichkeit zu prüfen, eine Preisobergrenze für russisches Öl einzuführen, um Wladimir Putins Kriegsmaschinerie in der Ukraine unter Druck zu setzen. „Angesichts der soliden Haushaltslage Moskaus kann es sich das Land leisten, die tägliche Rohölproduktion um 5 Millionen Barrel zu kürzen, ohne der Wirtschaft übermäßig zu schaden“, heißt es in dem Bericht, der sich auf eine Notiz der Analysten von JPMorgan an ihre Kunden zu diesem wahrscheinlichen Szenario bezieht. Dies klingt jedoch völlig anders als das, was die westlichen Medien und Politiker sonst verlautbaren lassen, wonach die russische Wirtschaft so sehr unter den westlichen Strafmaßnahmen leide.
In dem Bericht wurde hervorgehoben, dass diese Entwicklung weitaus schwerwiegendere Folgen für die Welt haben könnte, da eine Kürzung der täglichen Lieferungen um 3 Millionen Barrel die Benchmark-Rohölpreise in London auf 190 Dollar pro Fass treiben würde. Im schlimmsten Fall, d.h. bei einer Kürzung um 5 Millionen Barrel, könnte der Rohölpreis auf „stratosphärische“ 380 Dollar steigen, schreiben die Analysten an ihre Kunden.
„Das offensichtlichste und wahrscheinlichste Risiko bei einer Preisobergrenze ist, dass Russland sich entscheiden könnte, nicht mitzumachen und stattdessen mit einer Reduzierung der Exporte zu kontern“, schrieben die Analysten. „Es ist wahrscheinlich, dass die Regierung als Vergeltung die Produktion drosseln könnte, um dem Westen Schmerzen zuzufügen. Die Knappheit auf dem globalen Ölmarkt ist auf Russlands Seite.“
Wie teuer wird der Sprit an der Tankstelle?
Wie teuer würde dann in diesem Fall der Sprit an deutschen Tankstellen werden? Nun, ein wichtiger Faktor hierbei ist der Euro-Dollar-Wechselkurs, da Erdöl grundsätzlich auf Dollar-Basis gehandelt wird. Ende Mai beispielsweise lag der Preis von Superbenzin in Deutschland bei rund einem Euro pro Liter vor Kosten, Steuern und Abgaben, der Verkaufspreis bei etwa zwei Euro pro Liter. Ein Ölpreis von 380 Dollar pro Barrel (159 Liter) entspräche in etwa dem 3,3-fachen dieses Preisniveaus. Angenommen, der Wechselkurs des Euro läge in etwa im selben Bereich wie im Mai 2022, würde der Basis-Preis auf etwa 3,30 Euro pro Liter ansteigen, im ungünstigeren Wechselkursfall wohl sogar bis zu vier Euro pro Liter.
Da die Bundesregierung die Energiesteuer vorübergehend auf 35,9 Cent (von 65,45 Cent) pro Liter gesenkt hat, käme dieser Betrag hinzu. Plus 7,20 Cent an CO2-Abgabe und 0,27 Cent an Erdölbevorratungsabgabe und 19 Prozent Mehrwertsteuer. Dies hieße, im „günstigen“ Fall bei 3,30 Euro pro Liter an Basis-Preis läge der Preis an der Zapfsäule für Superbenzin bei etwa 4,40 bis 4,50 Euro. Im schlimmeren Fall, mit einem schlechteren Wechselkurs und vier Euro pro Liter bei 5,20 bis 5,30 Euro (oder sogar noch mehr, wenn der Euro abschmiert).
Nun stellt sich die Frage, ob die Menschen tatsächlich dazu bereit sind, einen solchen Preis für den ideologischen Krieg der westlichen Politiker gegen Russland zu zahlen – oder ob sie die Kriegskoalition in Berlin zum Teufel schicken. Doch hier ist das Problem, dass die beiden Oppositionsparteien, die sich bislang eher gegen die Eskalationspolitik der Bundesregierung aussprachen – die AfD und die Linke – für viele Menschen aus unterschiedlichen Gründen als nicht wählbar gelten und sonstige politische Alternativen kaum vorhanden sind.