Die Schweizer Bundesbahnen (SBB) greifen zu drastischen Maßnahmen, um die notorische Unpünktlichkeit der Deutschen Bahn (DB) nicht auf ihr eigenes Schienennetz überschwappen zu lassen. Immer häufiger werden verspätete Züge aus Deutschland an den Schweizer Grenzbahnhöfen gestoppt und nicht mehr weiter ins Land gelassen.
Wie aus einer Antwort des deutschen Bundesverkehrsministeriums hervorgeht, mussten im ersten Quartal 2024 bereits 11 Prozent aller Züge auf der Strecke München-Zürich an der Grenze enden – mehr als im gesamten Jahr 2023. Die SBB sehen sich zu diesem Schritt gezwungen, um Verspätungen der deutschen ICE-Züge nicht in den eigenen Fahrplan zu übertragen. „Unsere Fahrt endet hier“ heißt es dann für frustrierte Passagiere, die in Basel oder anderen Grenzbahnhöfen auf Anschlusszüge umsteigen müssen. Während die SBB eine Pünktlichkeitsquote von über 96 Prozent im Fernverkehr vorweisen können, liegt die Deutsche Bahn mit rund 70 Prozent weit dahinter zurück. Selbst die britische Presse kann sich dabei mit Häme nicht zurückhalten.
Experten sehen einen Hauptgrund für die Misere in den jahrelang vernachlässigten Investitionen in die deutsche Eisenbahninfrastruktur. Marode Gleise, veraltete Stellwerke und ein Sanierungsstau bei Brücken führen zu häufigen Störungen und Verspätungen. Zwar hat die DB für 2024 ein umfangreiches Modernisierungsprogramm angekündigt, mit Investitionen von 16,4 Milliarden Euro in Gleise, Weichen und Bahnhöfe. Kritiker bemängeln jedoch, dass dies bei weitem nicht ausreicht, um den enormen Rückstand aufzuholen.
Die Schweizer Maßnahmen setzen die Deutsche Bahn nun zusätzlich unter Druck, ihre Pünktlichkeit zu verbessern. Für Bahnreisende zwischen beiden Ländern bedeutet dies vorerst weiterhin Unsicherheit und mögliche Umstiege an der Grenze. Der Schweizer Verkehrsamtschef rät deutschen Bahnkunden derweil zu mehr Geduld – ein schwacher Trost für gestrandete Passagiere.