Einem neuen Bericht zufolge fördert Libyen derzeit fast kein Erdöl mehr. Die meisten Förderstätten stehen derzeit still. Für den globalen Ölmarkt sind dies schlechte Nachrichten. Die Ölpreise verzeichnen eine weitere Aufwärtsbewegung.
Wie das Fachportal oilprice.com berichtet, verliert Libyen derzeit eine Fördermenge von 1,1 Millionen Barrel pro Tag (bpd). Laut Mohammed Aoun, dem Ölminister des Landes, wurden die meisten Ölfelder des Landes heruntergefahren. Das größte Ölfeld des nordafrikanischen Landes, El Sharara, steht demnach schon seit Wochen still, ebenso wie das Ölfeld El Feel. Diese produzierten rund 550.000 bpd. Grund dafür seien offenbar Befehle von oben in den Gebieten, die vom östlichen Parlament und der Libyschen Nationalarmee (LNA) unter General Halifa Khaftar kontrolliert werden.
Grund dafür dürften vor allem politische Querelen in dem seit dem Sturz von Muammar al-Gaddafi völlig zersplitterten Land sein. Denn während die meisten Ölfelder von General Haftars Truppen kontrolliert werden, kontrolliert die Zentralbank in Tripolis die Einnahmen aus den Verkäufen. Der designierte Premierminister Libyens, Fathi Bashagha, forderte die Behörden im „Öl-Halbmond“ auf, die Häfen für den Export zu öffnen. Zudem müssten die Einnahmen gleichermaßen zwischen dem östlichen und dem westlichen Landesteil aufgeteilt werden.
Bereits im Mai sank die durchschnittliche Fördermenge auf etwa 600.000 bpd ab, nun liegt sie laut Aoun wohl bei nur mehr rund 100.000 bpd. Unter Maximallast könnten jedoch etwa 1,1 Millionen bpd mehr gefördert werden. Es ist leicht zu vergessen, dass Libyen vor dem Sturz Gaddafis im Jahr 2011 problemlos in der Lage war, rund 1,65 Millionen bpd überwiegend hochwertiges leichtes, süßes Rohöl zu produzieren. Die Produktion war zudem von etwa 1,4 Millionen bpd im Jahr 2000 aufwärts gestiegen, wenn auch weit unter den Spitzenwerten von mehr als 3 Millionen bpd, die Ende der 1960er Jahre erreicht worden waren.
Im Jahr 2021 wurden weltweit nach offiziellen Angaben rund 77 Millionen Barrel pro Tag gefördert. Libyen rangierte mit knapp 1,24 Millionen bpd auf dem 16. Platz, knapp hinter Nigeria und Katar und noch vor Algerien und Angola. Dies entsprach rund 1,6 Prozent der globalen Produktion im vergangenen Jahr. Doch angesichts der aktuellen Versorgungsprobleme im Zuge der Sanktionen gegen Russland trifft die Verknappung des Angebots auf ein kritisches Marktumfeld und sorgt für zusätzliche Preissteigerungen auf den Ölmärkten.