„Scheinheilig“: Pflegerin enttarnt Publicity-Stunt von Karl Lauterbach in den sozialen Medien

Bild K Lauterbach: © Raimond Spekking, via wikimedia commons

Auf Twitter präsentierte sich Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach wie üblich ganz volksnah: In der Langenhagener AWO-Residenz habe er „über die Lage in der Pflege gesprochen“, behauptete er, und kündigte neben massenhaft Booster-Impfungen und Paxlovid-Behandlungen auch eine Verbesserung des Personalschlüssels an. Womit er wohl nicht gerechnet hatte: Eine Mitarbeiterin der Residenz zerlegte seinen Publicity-Stunt für Presse und Medien auf Facebook und enttarnte ihn als „scheinheilig“.

Lauterbachs Tweet vom 22. August erweckt den Eindruck, als habe er dort ein offenes Ohr für die Belange der Pflegekräfte gehabt:

In Wahrheit spielte sich das Ganze scheinbar ganz anders ab – denn am selben Tag erschien ein sehr kritisches Posting einer Pflegekraft vor Ort, die den Auftritt als „scheinheilig“ und als „pure Publicity für Medien und Presse“ bezeichnete:

Hallo Herr Karl Lauterbach
Sie waren heute bei uns in der Einrichtung und die Aufregung war natürlich hoch. Draußen vor unserem Hause wütende Demonstranten, drinnen aufregte Bew. Erwartungsvolle Blicke der Pflege.
Mit einem großen Aufgebot standen sie nun auf unserer Etage.
Ein kurzes Hallo ansonsten zugewandt zur Presse und der restlichen Belegschaft die mit ihnen war.
Ihre Begleitung war ja ganz reizend, lächelnd wie sie uns anschaute so enttäuschend und scheinheilig wirkte der ganze Auftritt.
Wir haben erwartet das sie sich anstatt unten im Garten zu uns an den Tisch setzen und mit uns sprechen. Über die Personalsituation, Über die psychische Belastung, über Tränen und schmerzen die uns als Pflegekräfte begleiten.
Über Menschen die mehr als 10 Stunden im Bett liegen weil nur 2 Pflegekräfte für 42 Bewohner zuständig sind oder 3 Stück im frühdienst die alle Menschen korrekt pflegen sollen. Wir haben uns gewünscht ein Ohr zu bekommen und unsere Sicht zu schildern. Aber alles was ich sah war pure Publicity für Medien und Presse.
Ich und meine Kollegen sind maßlos enttäuscht und fühlen uns nicht gehört.
Mit freundlichen Grüßen.

Quelle

Dieser Post wurde binnen kürzester Zeit hundertfach geteilt – und brachte die Politik scheinbar in die Bredouille. Denn mittlerweile hat die Pflegerin einen weiteren Post verfasst, in dem sie berichtet, dass die Kommunalpolitiker noch einmal mit der Pflege ins Gespräch kommen wollen, um die Situation zu bereden. In einem Kommentar hält die Pflegerin fest, es ginge ihr nicht darum, dass sich sofort nach diesem Termin etwas ändere: „Mir gehts darum, dass uns zugehört wird. Wir wurden benutzt für PR und das wollte ich nicht auf mir sitzen lassen.“

Dennoch bleibt freilich zu hoffen, dass die Lage für Mitarbeiter und Patienten im deutschen Gesundheitssystem sich auf Sicht verbessert. Karl Lauterbach scheint dafür aktuell wenig tun zu wollen.

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